Dass Kulturevents mehr sein können als reiner Zeitvertreib, stellt das Sonic-Visions-Festival bereits seit 2008 jedes Jahr unter Beweis. Auch dieses Jahr werden Konsument*innen und Professionelle auf ihre Kosten kommen.
Schon seit zehn Jahren läuft die Rockhal in Esch im November auf Hochtouren. Die Vorbereitungen auf das Event, das die Institution auch international bekannt machte, laufen bereits im Vorjahr an – denn es gibt eine Menge zu tun. Das Interessante am Sonic Visions ist die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen, die in der Avenue du Rock’n’Roll in Belval beheimatet sind: Die Rockhal, dem breiten Publikum bekannt als Konzert- und Eventhalle mit inzwischen drei Sälen, und das Rocklab mit seinen Proberäumen, einem professionellen Studio und einem Tanzsaal. Seit der Eröffnung der Institution tobt sich hier nicht nur die lokale Szene aus, es werden auch Fortbildungen und Workshops veranstaltet und es gibt eine große Mediathek mit allem, was man über Pop- und Rockmusik wissen will.
So ist auch bei der zehnten Ausgabe das Programm in Konzerte und Konferenzen mit Workshops und Rundtischgesprächen aufgeteilt. Das Musikfestival an sich wird dieses Jahr vor allem die Jüngeren ansprechen, denn mit Eddy de Pretto ist die französischsprachige Sensation des Jahres zu Gast. Gewinner des „Printemps de Bourges“ im April dieses Jahres, liefert er einen originellen Mix aus Hip-Hop, Soul und Chanson, der sich – dem Trend entsprechend – hauptsächlich um seine Person dreht. Kinder der iPhone-Generation werden ihn super finden, für ältere Semester ist seine Herangehensweise wohl eher gewöhnungsbedürftig. In einem ähnlichen Register spielt die ebenfalls blutjunge Angèle – die Sängerin aus Brüssel nimmt sich aber nicht so todernst wie ihr französischer Kollege, wie ihr Hit-Video „La Loi de Murphy“ beweist: Hier geht es vor allem um Butterbrote, die auf der falschen Seite landen und Hundehaufen, die genau da sind, wo man hintritt.
Rauer geht es bei Moha La Squale zu, der Gangsterrap der alten Schule auftischt, mit Schießerei im Video inklusive. Wem das zu brutal ist, kann bei den Engländern von Maribou State bedenkenlos abtanzen – die beiden Freunde aus dem pittoresken Hertfordshire sind in die Fußstapfen ihrer Kollegen von Fatboy Slim und anderen UK-Dance-Acts getreten und bringen diese Musikrichtung mit ihrem frischen Ansatz sogar noch ein Stück weiter.
Für Luxemburg steigen unter anderem Say Yes Dog in den Ring. Das Elektro-Trio, das sich auch im Ausland bereits einen Namen erspielt hatte, ist nach einer zweijährigen Pause zurück und präsentiert neues Material. Zusätzlich anwesend sein wird der Indie-Folk-Sänger Bartleby Delicate, der woxx-Leser*innen bereits durch ein Porträt, das diesen Sommer erschien, bekannt ist. Auch der Elektro-Act Napoleon Gold, der junge Rapper Maz und die Singer-Songwriterin C’est Karma werden sich unter die internationalen Acts mischen – alle vertreten die luxemburgische Szene.
Auf der professionellen Seite werden an den drei Festivaltagen eine schier unendliche Anzahl kleiner Events angeboten, die sich nicht nur an Expert*innen wenden, sondern auch für Einsteiger*innen interessant sind. Von Panel-Diskussionen zum Thema Blockchain in der Musikindustrie über Workshops zur Tour-Organisation bis hin zu Networking-Events und Speed-Meetings kann fast das gesamte Feld der Musikindustrie abgedeckt werden.
Für Musikliebhaber*innen und künftige Popstars gibt es folglich keinen Grund dieses Wochenende auf dem Sofa zu verbringen: Auf nach Belval.