Heavy-Metal-Nacht: Der Abriss von Oberkorn

Ein Metal-Tagesfestival der gehobenen Klasse findet am kommenden Samstag mit dem „Hall O’ Metal II“ in Differdingen statt. Mit dabei sind auch beeindruckend starke Luxemburger Bands.

Hat auch auf der Bühne alles im Griff: Jeff Buchette von „Attitude Music“ und Gitarrist der Luxemburger Band „Scarlet Anger“, die auf dem „Hall O’ Metal II“ ihr neues Album präsentiert. (Foto: Scarlet Anger)

Wow, was für ein Line-up! Was die Leute von „Attitude Music“ für kommenden Samstag auf die Beine gestellt haben, sollte sich kein Metalfan entgehen lassen, für den Differdingen irgendwie erreichbar ist. Unter dem Titel „Hall O’ Metal II“ wurde ein rundes Programm zusammengestellt: Eine starke Basis an Luxemburger Bands, Altgediente wie Newcomer, eine Album-Releaseparty, und dann hat man sich noch zwei Abrissunternehmen aus dem Ausland hinzubestellt.

Den Anfang macht die 2021 gegründete Band „Sempervirent“, die im vergangenen Jahr beim „Screaming Fields“-Wettbewerb zur Nachwuchsförderung gleich von drei Luxemburger Veranstaltern den Zuschlag bekommen hat, darunter auch „Attitude Music“. Die letzten August veröffentlichte Single „There Is No Tomorrow“, die lasziv-verspielten Hardrock bietet, ist bereits auf Spotify zu finden. Nun sollte man sich rasch auch eine Bandcamp-Seite verschaffen. Wer mehr über die Luxemburger Youngsters wissen will, die auf der Bühne Vollgas zu geben versprechen, wird von dem Luxemburger Metal-Podcast „Kaméidi“ in der neuesten Ausgabe der „Kaffi’s Paus“ bedient.

Weiter geht es mit „Illegal Corpse“ aus Nancy. Wie es die Ästhetik des Logos und das Plattencover versprechen, gibt es hier schnellen und kompromisslosen Thrash Metal/Crossover im Stil von „Municipal Waste“; und zwar so gekonnt, dass es bestimmt schon bei den ersten Songs der Franzosen auch die ersten Moshpits geben wird. Ride the toxic wave!

Ein Lied von „Illegal Corpse“ heißt zwar „Too Old for This Shit”, dass das aber nicht stimmt, werden gleich nach ihnen die Leute von „Sublind“ beweisen. Textlich geht es bei den nicht mehr ganz so jugendlichen Luxemburgern vor allem um ausführlichen Alkoholgenuss („Comfortably Drunk“) und seine Folgen („Highspeed Hangover“; „F.U.A.D“, Fucked up and Drunk). Deshalb hat man auf der jüngsten Platte naheliegenderweise auch „Tankard“-Sänger Gerre für einen Song als Gast eingeladen. Musikalisch bietet die Band handwerklich astreinen Old-School-Thrash, der sich im Gegensatz zu „Illegal Corpse“ auch Midtempo- und Groove-Passagen erlaubt. Bereits seit 2005 ist das Quintett um Sänger Luca Tommasi aktiv und hat bei so legendären Acts wie „Exodus“, „Tankard“, „Benediction“, und „Eyehategod“ im Vorprogramm gespielt. Nach zwei EPs und einer ersten LP im Jahr 2014, hat „Sublind“ im vergangenen Jahr das zweite Album „The Cenosillicaphobic Sessions“ herausgebracht. Auf Luxemburgs Konzertbühnen bestens bekannt, werden die Fünf live bestimmt ebenso abgeklärt und souverän abliefern, wie ihr neues Album klingt.

Nach dieser Vorarbeit ist davon auszugehen, dass das Feld für den spätestens dann folgenden ersten Höhepunkt des Abends vorbereitet ist. Dann nämlich präsentieren „Scarlet Anger“ ihren neuen Longplayer mit dem Titel „Martyr“, der am selben Tag veröffentlicht wird. Auch diese Band gehört schon längst zum etablierten Luxemburger Metal-Personal: Seit 2007 im Geschäft, hat man mittlerweile zwei EPs und drei Alben aufzuweisen. Musikalisch bewegen sich auch „Scarlet Anger“ in Thrash-Gefilden, gehen allerdings ein wenig vom Tempo. Die woxx hatte die Möglichkeit, vorab ins perfekt produzierte neue Album reinzuhören. Wer Referenzen benötigt: Der Opener „The Destroyer“ etwa lässt an die Essener „Kreator“ aus der „Phantom Antichrist“-Ära denken, nicht zuletzt wegen des hymnischen Refrains. Sänger Joe Block verleiht dem sehr geschliffenen Sound ein wenig mehr Rohheit und sorgt in den eher getragenen Passagen auch für epische Momente, ehe der Gashebel wieder durchgedrückt wird. Das Publikum darf sich darauf freuen, das überzeugende neue Material live zu erleben.

Internationale Headliner

Wer dann noch Puste hat, dem geben die beiden internationalen Headliner des Abends den Rest. Musikalisch haben die „Evil Invaders“ aus Belgien und „ArsGoatia“ aus Österreich zwar nicht übermäßig viel gemein, doch lassen sich beide Bands zweifellos in die Kategorie „Rampensau“ einsortieren.

„ArsGoatia“ sind während der Corona-Pandemie aus den genialen „Our Survival Depends on Us“ hervorgegangen, wobei Gitarrist Thom Kinberger auch in der neuen Band maßgeblich für das Songwriting verantwortlich ist. Und was für Songs das sind! Das im vergangenen Jahr erschienene Debüt war für nicht wenige die Platte des Jahres. Nicht zufällig heißt das Album „Hiding Amongst Humans“: Ein wütend-schwarzes Gebräu wird sich wie die Essenz des Bösen von der Bühne aus über Oberkorn ergießen, während Sänger und Bassist Barth Resch das Weiße in seinen Augen präsentiert und das Publikum erschaudern lässt.

Nach dieser Hasswalze werden Belgiens Heavy-Metal-Könige „Evil Invaders“ die Bühne betreten. Endlich Falsett-Gesang! Wie „Scarlet Anger“ im Jahr 2007 gegründet, hat die Band ihren Sound vor einigen Jahren so beschrieben: „Wenn es fetzt und ballert ist es gut!” Dieser Mission ist man auch mit der 2022 erschienenen dritten Platte „Shattering Reflection“ treu geblieben und stellt dies live immer wieder unter Beweis. Um zur Orientierung einen ganz großen Namen zu geben, kann man sagen, dass sie bisweilen an „Judas Priest“ erinnern.

Wer dann noch nicht genug hat, bekommt von „Praetor“ die Vollbedienung. Das ist eine Band, die Mitglieder sowohl aus Frankreich als auch aus Luxemburg in sich vereint, darunter Gitarrist Hugo Centeno, der seine Hände bei „Attitude Music“ mit im Spiel hat. Auch „Praetor“ hat im vergangenen Jahr ein Album veröffentlicht, der erste und selbstbetitelte Longplayer der 2019 gegründeten Band. Wo „Sublind“ die Einflüsse eher aus dem Euro-Thrash der 1980er- und frühen 1990er-Jahre nehmen, stand bei „Praetor“ der Bay-Area-Thrash der amerikanischen Westküste Pate. Auch hier überzeugen ein abwechslungsreiches Riffing, gut gesetzte Tempowechsel und ergeben zusammen mit den melodiöseren Parts einen sehr kompakten Sound. Und so wird man an diesem Abend wohl ein weiteres Mal erleben, auf welch hohem Niveau sich viele der hiesigen Bands bewegen.

Mit der zweiten Auflage das „Hall O’ Metal“-Festivals kann man sich also auf einen fantastischen Konzertabend unter starker Luxemburger Beteiligung freuen. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele die Initiative von „Attitude Music“ belohnt haben, indem sie sich frühzeitig im Vorverkauf ein Ticket besorgten. Denn nur das gibt den Veranstaltenden die Sicherheit, auch in Zukunft so hochkarätige Events zu planen.

Samstag, 20. Januar, ab 17 Uhr: Hall O’ Metal II, Avenue du Parc des Sports, L-4671 Oberkorn.
Siehe auch das Interview mit Jeff Buchette, Mitveranstalter des „Hall O’ Metal II“ und Gitarrist der Band „Scarlet Anger“: „Es lohnt sich, auf die Zähne zu beißen

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