Mit „De kale Bauer“ melden sich „De Läb“, die Hip-Hop-Legende aus Luxemburgs rotem Süden, wieder zurück – und scheinen nicht gealtert: Es wird prächtig ausgeteilt und auf funkigen Sounds rumgescratcht, dass es nur so kracht.
Achtung „Lëzeboia“! Auch wenn die neue Platte von „De Läb“ im prächtigsten moselfränkischen Dialekt daherkommt, ist sie sicher nichts für frustrierte Sprachchauvinisten und andere wutbürgerliche Durchschnittsspießer. Das macht schon die erste Single-Auskopplung aus dem neuen Werk unmissverständlich klar: „A wann d’Sonn dann nees vum Himmel fällt / da kann ech dir erklären / Dat Glécksgevill kennt just den RMGist beim Verfaasse vun RTL-Kommentären / Hien gräift no de Stären, anonym léisst et sech hart blären / De Stammdëschflair danzt lo an de virtuellen Sphären“ – heißt es auf „Alles Easis“.
Der Grundton von „De kale Bauer“ – wer nicht weiß, was das heißt, kann seine Oma fragen, sollte aber den Defibrillator in Griffweite haben – ist damit gesetzt. Mit viel Wortwitz und Häme wird über die luxemburgische Gesellschaft mit ihrer Durchschnittsmisere und ihren „first world problems“ hergezogen. „Keng honnert Büffele brengen de Lëtzebuerger dozou aus sengem Confort ze flüchten/Ausser du léiss en un e puer mauve Schaïner schnüffelen/Datt eis Kultur verkënnt dofir brauch ee keng Expertise/An keen mecht Been méi breet fir d’Konscht wéi d’Debo de Robertis“ – meinen „De Läb“ auf „Pensionnéiert Futtballisten“.
Aber auch die Weltgeschichte und die Politik bekommen ihr Fett weg. Insgesamt schweben die Texte irgendwo zwischen Ulk und Weltschmerz, und der Zuhörer kann sich nicht immer sicher sein, ob es Ironie ist, was da zwischen den Zeilen steckt, oder doch etwas ganz anderes. Aber das macht den Charme von „De Läb“ aus: ungreifbar zu sein, macht auch unangreifbarer, und man weiß, dass Hip-Hop ein hartes Business sein kann. Trotzdem steigen Corbi und Fluit, das Herzstück der Läb-Maschine, nicht auf das Niveau einiger Kollegen herab, deren Hauptbeschäftigung darin besteht, sich gegenseitig mit Disstracks zu überschütten.
Insgesamt reifer geworden ist auch die Musik, die die Raps untermalt. Setzten frühere Scheiben mehr auf Samples von alten Jazz- oder Krautrockplatten, so ist die Begleitung auf „De kale Bauer“ besser gemischt. Und besonders die vielen Live-Auftritte mit Band, die „De Läb“ in den letzten Jahren absolviert hat, scheinen ihren Weg ins Songwriting gefunden zu haben. Natürlich melden sich auf dem einen oder anderen Track auch Kollegen zu Wort – Shockproof, Edel Weis, BC One oder Maka MC aus dem „De Läbbel“-Stall und andere – aber auf all zu viel Promi-Präsenz wird verzichtet – und das ist auch gut so.
Denn „De kale Bauer“ ist keine für die RTL-Zuhörer vorprogrammierte Platte und braucht auch dem Partyvolk nicht zu gefallen, sondern spiegelt den Werdegang einer Band wieder, die sich Album für Album immer neu erfunden hat – und sich dabei selbst am treuesten blieb. „De Läb“ sind keine Spaß-Hip-Hopper geworden wie so manche ihrer, zumal ausländischen, Kollegen, die sich vom eigenen Erfolg und Radio-Airplay haben verbiegen lassen.
In diesem Sinne: Ein Besuch in der Rockhal am Freitag, wo „De kale Bauer“ vorgestellt wird, lohnt auf jeden Fall.