Invasive Spezies sind jährlich für Schäden von über 423 Milliarden Dollar verantwortlich. Sie tragen außerdem dazu bei, dass andere Arten aussterben. Doch der Umgang mit biologischen Eindringlingen ist kompliziert.
Am Montag hat die in Bonn angesiedelte zwischenstaatliche „Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services“ (IPBES) ihren Bericht zu invasiven gebietsfremden Spezies vorgestellt. Vier Jahre lang haben die Wissenschaftler*innen über 13.000 wissenschaftliche Quellen gesichtet, sich mit indigenen Expert*innen unterhalten und Daten gesammelt. Die Lage ist ernst: Bei rund 60 Prozent der Arten, die bisher ausgestorben sind, waren invasive Spezies zumindest mitverantwortlich. Die Auswirkungen der Tier- und Pflanzenarten, die sich außerhalb ihrer normalen Beheimatung ausbreiten, sind zum allergrößten Teil negativ – sowohl auf die Umwelt wie auch auf den Menschen.
Menschliche Aktivitäten sind die größten Treiber für diese Entwicklung. Anfangen hat die Misere in der Kolonialzeit, als absichtlich wie unabsichtlich gebietsfremde Arten von Kontinent zu Kontinent eingeschleppt wurden. So wurden auf Hawaii beispielsweise Gräser als Viehfutter ausgebracht. Doch diese sind invasiv, vermehren sich rasant und werden trocken zur Feuergefahr, wie dieser Sommer eindrucksvoll gezeigt hat. Die umfassende Globalisierung begünstigt die Verbreitung invasiver Arten enorm. Gerade die Schifffahrt ist ein wichtiger Verbreitungsherd: Im Ballastwasser oder an den Hüllen können invasive Spezies als ungebetene Passagiere transportiert werden. Der menschengemachte Klimawandel treibt die Ausbreitung noch weiter an, weil wärmeliebende Arten nun auch weiter nördlich überleben.
Die IPBES berichtet nicht nur von den Auswirkungen, sondern fordert die Staaten auf, Maßnahmen zu ergreifen. Hat sich eine Spezies bereits ausgebreitet, bleibt oft nur, sie zu bekämpfen und lokal auszurotten. Umso wichtiger ist es, auf Prävention zu setzen und möglichst dafür zu sorgen, dass es nicht zur ungewollten Verbreitung kommt.
Die Parteien greifen das Thema invasive Spezies im Wahlkampf nicht auf.
In Luxemburg gibt es laut Umweltministerium 16 invasive gebietsfremde Arten. Ein prominentes Beispiel ist der Waschbär, von dem es bis zu 20.000 Exemplare im Großherzogtum gibt. Für 13 der angeführten Arten existieren Managementpläne: Darin wird beschrieben, was getan werden soll, damit diese Spezies sich nicht weiter in Luxemburg ausbreiten. So ist der Waschbär beispielsweise zur Jagd freigegeben – was allerdings nicht sehr effektiv ist. Die Parteien, die zur Wahl antreten, greifen das Thema nicht auf: In keinem einzigen der Wahlprogramme wird das Problem invasiver Spezies auch nur erwähnt. Natürlich ist „Wir wollen alle Waschbären abknallen“ keine Position, aus der man gut politisches Kapital schlagen kann. Wird aber nicht darüber gesprochen, kommt auch keine Diskussion darüber in Gang, was ökologisch notwendig und ethisch vertretbar ist.
Neben den Arten, die auf Luxemburger Territorium vordringen, gibt es auch noch solche, die von Schiffen unter Luxemburger Flagge von Kontinent zu Kontinent verschifft werden. Beim Commissariat aux affaires maritimes steht der Naturschutz nicht an erster Stelle. Es gab 2016 ein Rundschreiben heraus, mit dem das Inkrafttreten des Ballastwasser-Übereinkommens angekündigt wurde. Dieses soll eigentlich dafür sorgen, dass keine invasiven Spezies durch das Ablassen von Ballastwasser ausgebracht werden. Dafür hätten Schiffe ab dem 8. September 2017 ein spezielles Behandlungssystem für Ballastwasser installieren sollen. Doch im Rundschreiben liest man, die Deadline könne auf Anfrage verlängert werden. Besonders viel Information zu Umweltauflagen findet man auf der Website der Behörde ohnehin nicht. Dabei ist die internationale Schifffahrt ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung invasiver Spezies, und Luxemburg sollte seine Verantwortung in diesem Bereich ernster nehmen.
Das Thema der invasiven Spezies ist komplex und es gibt keine einfachen Lösungen. Nicht zu vergessen: Längst nicht jede Art, die einwandert, ist invasiv und stellt eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Es gilt daher, eine vernünftige nicht pauschalisierende Debatte zu führen, die die Gefahr invasiver Spezies ernst nimmt.