Irgendwas mit Gnocchi

Die Crucchi Gang wirft deutscher Musik die italienische Flagge über: Ausgewählte Künstler*innen, wie Sophie Hunger oder Clueso, singen ihre Lieder auf Italienisch. Das neue Gewand steht den Werken gut.

Copyright: Crucchi Gang

Nein, mit Gnocchi hat die Crucchi Gang um die Musikmanagerin Charlotte Goltermann und die Musiker Francesco Wilking (Die Höchste Eisenbahn, Tele) und Sven Regener (Element Of Crime) nichts zu tun. Zwar klingen die Namen ähnlich, doch stecken in den Nockerln Kartoffeln und in der Gang deutsche Musiker*innen. Das Verrückte daran: Letztere singen ihre Songs auf Italienisch, übersetzt von Francesco Wilking.

„Benvenuti in Italia, Amore e Musica – Musik, die unsere große Liebe zu Italien feiert und nach Sommer, Disco, Eis und, ja!, Europa klingt. Geboren wurde die Idee in Berlin, irgendwann nach dem Besuch eines Bob-Dylan-Konzerts, beim gemeinsamen Biertrinken von Francesco Wilking (…) und Sven Regener (…): Deutschsprachige Musiker und Musikerinnen singen ihre eigenen Songs auf Italienisch und daraus wird eine Platte“, heißt es auf der Website der Crucchi Gang. Die besagte Platte hält, was sie verspricht. Sie entführt in ein stark romantisiertes Italien, in dem sich halbnackte Menschen an der Adriaküste sonnen oder mit offenem Helm auf ihrer Vespa durch enge Gassen aus Pflastersteinen rattern. Mit der allgemeinen Lebensrealität italienischer Bürger*innen hat das wenig gemein, eine kleine Träumerei zwischendurch tut aber trotzdem gut.

Nach einem billigen Abklatsch von Eros Ramazotti klingt die Platte nicht. Dafür sind die Künstler*innen, die Wilking und Regener mit ins Boot genommen haben, ohnehin zu eigen: Faber, Sophie Hunger, Von Wegen Lisbeth, Clueso, Isolation Berlin, Thees Uhlmann sowie Steiner & Madlaina. Faber und Sophie Hunger haben auch auf Italienisch Charme. Von Wegen Lisbeths „Meine Kneipe“ gewinnt durch die Übersetzung an Schwung. Es hat etwas, dass der Sänger Matthias Rohde das „r“ nicht sauber rollt. Das passt zum Mittelfinger, den er mit dem Song nach einer verlorenen Liebe ausstreckt: Dieses „r“ klingt nach ‚Mir doch egal, wie man das ausspricht. Komm nur nicht in meine Kneipe‘. Cluesos neue Single „Tanzen“ steht Italienisch sogar besser: Während „Tanzen“ ein bisschen was von abgedroschenem deutschem Pop hat, transportiert einen „Ballare“ geradewegs auf die Vespa. Die Sprache passt zum Sound.

Crucchi kommt übrigens von Crucco: Im Italienischen eine spöttisch bis abwertende Bezeichnung für Deutsche. Ob sich die italienischen Hörer*innen über die Platte und den Gag freuen? Eine schnelle Internetrecherche zur Crucchi Gang in italienischen Medien ist ernüchternd: Bis auf eine kurze Empfehlung auf Internazionale spuckt die Suchmaschine nichts aus – stattdessen taucht Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Ergebnissen auf.

Crucchi Gang, auf allen gängigen Streamingplattformen und als Vinyl-Platte erhältlich.


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