Eine Prise Nostalgie, serviert mit einer guten Dosis-Selbstironie – Jean Backs „Trakl Blues“ fällt nicht in die Klischees der Alt-68er Memoirenschreiber.
Wenn Alt-68er (oder wie in diesem Fall Alt-78er) ihre Memoiren schreiben, ist meistens Vorsicht geboten. Schnell wird die Vergangenheit verklärt, nur um besser auf die „Jugend von heute“ einzudreschen, die ja keine Werte mehr kennt und sich nicht auflehnt. Dass es sie selbst waren, die ihre Ideale von einst verrieten und dem Neoliberalismus Tür und Tor öffneten, kommt dabei den wenigsten in den Sinn.
Daran gemessen ist Jean Backs „Trakl Blues“ ein vergleichsweise harmloses Buch. Die Geschichte einer Bande von Jugendlichen, die 1978 gegen die erzkonservative Gesellschaft rebellieren, indem sie ein Gedicht des expressionistischen Poeten und Meister der Fäulnis und des Verfalls Georg Trakl auf Zelluloid bannen (und dafür sogar Geld aus dem eben gegründeten Kulturministerium absahnen) enthält zwar eine gehörige Portion Eigenlob. Trotzdem hat man das Gefühl, dass die Nostalgie dem Autor nicht nur Höhenflüge, sondern auch Schmerzen bereitet. Schmerzen, die er mit seinem Buch verarbeitet, auch indem er Gegenwart und Vergangenheit gegenüberstellt und sich selbst dabei nicht allzu ernst nimmt. Ob er sich nun von seinem Smartphone-GPS durch die Salzburger Gassen leiten lässt oder davon erzählt wie er 37 Jahre zuvor versuchte, seinen luxemburgischen Akzent vor dem Schriftsteller Peter Handke zu verstecken, als dieser bei der Nachbesprechung des Films auftaucht: Es ist diese Prise Selbstironie, die „Trakl Blues“ zu einer angenehmen Lektüre macht.
Auch als Zeitzeugenbericht ist das Buch wertvoll. Die Beschreibungen der sozialliberalen Koalition, die damals den christlich-konservativen Muff vertrieb und dem Großherzogtum die gesellschaftlichen Reformen brachte, die schon lange nötig waren (wie die Abschaffung der Todesstrafe), des vergleichsweise sehr einfachen Zugangs zu einem stabilen Arbeitsmarkt und des Zusammenlebens in einem immer desindustrialisierteren Süden des Landes, sind – wenn man sie mit der heutigen Zeit vergleicht – durchaus interessante Zeugnisse. Und ja: Auch die beiliegende DVD mit dem Film „Die junge Magd“, dessen Entstehung im Buch beschrieben wird, ist ein sehenswertes Stück Amateur-Zeitgeschichte. Wer also noch kein Weihnachtsgeschenk für die nostalgischen Alt-78er in der Familie hat, der kann hier bedenkenlos zugreifen.