LGBTIQA+: Von der Freude zur Sorge

Der Europäische Gerichtshof stärkt lesbische Eltern, während Länder in Europa ungeschriebene Gesetze gegen LGBTIQA+ Menschen ausführen. Beides wurde diese Woche bekannt.

Die Rechte von LGBTIQA+ Menschen werden in der Europäischen Union zwar verteidigt, aber außerhalb stehen sie auf wackeligen Beinen. (© Rodnae Productions/Pexels)

Ein britisch-bulgarisches Frauenpaar bekam in Spanien ein Kind. Spanien stellte eine Geburtsurkunde aus, nach der beide Frauen rechtlich als Mütter gelten. Später beantragte das Paar in Bulgarien Reisedokumente, was die dortigen Behörden mit Hinweis auf die fehlende nationale Geburtsurkunde verweigerten. Das Paar zog vor Gericht, der Fall landete am Europäischen Gerichtshof – und der verteidigte am Dienstag ihre Rechte: Der EU-Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit ein Kind besitzt, ist dazu verpflichtet, ihm einen Personalausweis oder einen Reisepass auszustellen, auch ohne eine nationale Geburtsurkunde. Hat ein Kind eine ausländische Geburtsurkunde, muss der Mitgliedstaat das Dokument anerkennen, um das Recht des Kindes, sich mit beiden Elternteilen frei in der Europäischen Union zu bewegen und aufzuhalten, zu gewährleisten.

Bestrafung über Umwege

Bulgarien sieht darin einen Widerspruch zur nationalen Gesetzgebung, nach der auf Geburtsurkunden nur Mutter und Vater vermerkt sein dürfen. Der EuGH sieht das anders: Bulgarien sei zur Ausstellung der Ausweisdokumente nicht verpflichtet, eine nationale Geburtsurkunde mit zwei Müttern auszustellen. In der LGBTI-Gleichstellungsstrategie, die die Europäische Kommission letztes Jahr verabschiedet hat, ist die grenzüberschreitende Anerkennung queerer Familien vorgesehen.

Einen Tag nach dem Urteil des EuGH dann ernüchternde Neuigkeiten: Der Bericht „Our Identities under Arrest“ von der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (Ilga World), der am Mittwoch veröffentlicht wurde, berichtet unter anderem von ungeschriebenen Gesetzen gegen LGBTIQA+ Menschen in Europa. Der Fokus des Berichts liegt auf der Anwendung von Gesetzen, die einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sex unter Volljährigen und diverse Geschlechtsidentitäten kriminalisieren.

Zwar richtet sich in europäischen Ländern kein Gesetz explizit gegen die besagten Handlungen und Identitäten, doch werden sie in manchen Ländern durch die Hintertür bestraft. Die Anti-LGBTIQA+ Gesetze der EU-Mitgliedsstaaten Polen und Ungarn bleiben im Bericht außen vor, weil sie laut den Autor*innen in einen anderen Bereich fallen. Sie erwähnen jedoch Aserbaidschan, Georgien, die Türkei und Tschetschenien.

In Aserbaidschan, wo Prostitution verboten ist, sollen überdurchschnittlich viele trans Sexarbeiter*innen von der Polizei in eine Falle gelockt und verhaftet werden. In ihrer Obhut erfahren sie Gewalt und Zwangsuntersuchungen. Außerdem soll es mehrfach und unter schleierhaften Vorwänden zu Razzien in schwulen, bisexuellen und trans Kreisen gekommen sein. In Georgien sollen regelmäßig trans Personen, die Gewalttaten gegen sie bei der Polizei melden, am Ende selbst für die Tat bestraft werden.

In der Türkei ist die Meinungs- und Versammlungsfreiheit von LGBTIQA+ Menschen in den letzten Jahren stark und mit Gewalt eingeschränkt worden. Auch kam es dort 2021 mindestens zweimal zur willkürlichen Kontrolle von trans Frauen, deren Gesundheitszustand auf einem Polizeirevier geprüft wurde. In Tschetschenien ist die Lage laut Ilga World noch dramatischer: Nicht nur verleugnet Ramsan Kadyrow, offizieller Anführer der Region, die Existenz von LGBTIQA+ Menschen, es ist auch die Rede von Umerziehungslagern und Ehrenmorden.


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