Das Bildungsministerium plant einen Kunstwettbewerb um eine Reise zur Weltausstellung in Dubai. Angeblich geht es um den Kulturaustausch. Unsägliches Nation Branding-Deluxe passt besser.
Bereits im September kämpfte das Kunstkollektiv Richtung 22 mit einem Theaterstück und Protestaktionen gegen die Teilnahme des Kunstsektors an der Weltausstellung in Dubai an. Das juckt das Bildungsministerium herzlich wenig: Es zieht sich lieber die Spendierhosen bis über den Bauchnabel und lädt 100 Schüler*innen in die Vereinigten Arabischen Emirate ein.
Das Bildungsministerium organisiert im Rahmen der Weltausstellung 2020 einen Kunstwettbewerb für die Gymnasialschüler*innen der 3e-Klassen. Die Jugendlichen sollen eine „création artistique“ zu einem der vier Themen – Diversität, neue Ressourcen für die Menschheit, Zukunft und aktive Solidarität – die im luxemburgischen Pavillon dargestellt werden, einreichen. „Die Weltausstellung läuft unter dem Motto ‚Connecting Minds, Creating the Future‘ – ein Thema, das besonders die junge Generation betrifft“, antwortet das Ministerium auf die Frage nach den Motiven für den Wettbewerb. „Die Regierung will den Schülern einerseits die Gelegenheit geben, die Ausstellung zu besuchen und sich mit den zukunftsorientierten Themen auseinanderzusetzen, die dort im Fokus stehen. Andererseits öffnet einem eine solche Weltausstellung die Tür zur Welt.“
Die Frage ist nur, welche Tür gemeint ist. Vielleicht die, hinter der sich internationales „Nation Branding“ verbirgt? Und das in einer Stadt und einem Königreich in dem Luxemburg protzt und klotzt, obwohl man die Sache dort mit den Menschen- und Bürgerrechten in Dubai nicht so genau nimmt? Ja, doch, das soll und muss man sehen! Das Bildungsministerium meint aber natürlich eine andere Tür: „Die Schüler erhalten die einmalige Gelegenheit im Sinne der Völkerverständigung den kulturellen Austausch zwischen Menschen und Nationen der ganzen Welt zu erleben. Sie werden für den Geist der Offenheit und des Dialoges sensibilisiert und zu seiner Förderung animiert.“
Ob eine inszenierte, millionenschwere Bling-Bling-Veranstaltung dafür der richtige Ort ist? Der kulturelle Austausch ist dort mit Sicherheit besonders authentisch und gar nicht glattpoliert. Niemals. Es sei allerdings selbstverständlich, dass die politische, die soziale und die menschenrechtliche Situation in Dubai in Vor- und Nachbesprechungen zur Reise mit den Schüler*innen thematisiert werde, schreibt das Bildungsministerium auf Nachfrage der woxx – immerhin! Aus dem Bildungssektor heißt es, dass für den Wettbewerb eine fast halbtägige Infoveranstaltung für die Schüler*innen vorgesehen ist. Die entsprechenden Unterrichtsstunden gehen demnach für alle flöten, egal ob sie nach Dubai wollen oder nicht.
Der Wettbewerb wird über das Staatsbudget finanziert und die Fehlzeiten so gehandhabt, wie das beispielsweise bei sportlichen Wettbewerbsteilnahmen der Fall ist – die (un-)glücklichen Gewinner*innen erhalten eine „absence excusée“. Aus gegebenem Anlass hakte die woxx beim Ministerium nach, ob eine von der Regierung gesponserte Reise nach Dubai den aktuellen Bemühungen der Jugendlichen im Kampf gegen die lasche Klimapolitik und generell den Herausforderungen der Klimakrise gerecht werde (Hin- und Rückflug verursachen pro Person 1,6 Tonnen CO2). Dazu äußerte sich das Bildungsministerium nicht. Vielleicht gibt es bis dahin eine Zuglinie nach Dubai, denn schließlich wird auf der Website „Luxembourg @ Expo 2020 Dubaï“ doch betont: „Préserver les ressources de notre planète et en trouver de nouvelles pour assurer la survie de l’humanité sont les 2 défis les plus fascinants de notre époque.“