Plastik: Nie wieder Eco-Sac!

Die EU exportiert heute nur noch halb so viel Plastikmüll wie noch 2016. Was wie eine gute Nachricht klingt, ist in Wahrheit jedoch ein großes Problem. Die Lösung kann nicht im Konsumverhalten liegen.

Quelle: Pxhere.com

Ob Strohhalme oder einzeln verpackte Gurken – Plastik hat keinen besonders guten Ruf. Um die Mehrheit der Bevölkerung für mehr Klimaschutz zu begeistern, war hartnäckige Arbeit vonnöten. Beim Plastikmüll war das wohl nie ein Problem: Erschreckende Bilder von zugemüllten Ozeanen sind leichter zu verstehen als die Klimakrise. Das Detail, dass der meiste Plastikmüll in den Meeren in Form von Mikroplastik schwimmt, ist vielen nicht bewusst.

Diese Woche erschien ein Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA, aus dem hervorgeht, dass die EU in den ersten Monaten des Jahres „lediglich“ rund 150.000 Tonnen Plastikmüll pro Monat exportierte. Vor drei Jahren waren es noch doppelt so viele. Das heißt aber nicht, dass Europa auf einmal viel weniger Müll produziert. Hauptgrund ist die Weigerung Chinas, ausländischen Plastikmüll zu importieren. Durch die Änderung internationaler Handelsverträge wird es schwieriger, unseren Abfall nach Südostasien zu schicken, wo er dann vielleicht recycelt wird. Häufiger wird er verbrannt oder unsachgemäß deponiert. Dabei entstehen Treibhausgase. Landet er in Flüssen und im Meer, bedroht er die Tierwelt.

Wie viel von dem Müll wirklich recycelt wird, ist unklar. Lediglich 10 Prozent der jährlichen Plastiknachfrage wird mit Recycling-Plastik gestillt. In diesem Punkt sind noch erhebliche Anstrengungen zu unternehmen. Das ist auch das Fazit der EEA: Die Plastikkrise ist die Chance, eine Kreislaufökonomie innerhalb Europas aufzubauen. Wir sollen uns um unseren eigenen Plastikmist kümmern.

Das Verbot von einigen Einweg-Plastikartikeln, das die EU auf den Weg gebracht hat, ist sicherlich nicht der schlechteste erste Schritt. Es schmerzt allerdings, dass die Stimmen von Menschen mit Behinderung, die auf knickbare Strohhalme angewiesen sind, ignoriert worden sind. Gefährlich ist die Haltung, dass die Plastikkrise durch ein paar Verhaltensänderungen und „guten“ Konsum lösbar ist. Dabei ist es völlig egal, auf wie viel Kaffees im Wegwerfbecher jede*r Einzelne von uns verzichtet – der wahre Müllberg fällt ohnehin ganz woanders an.

In Luxemburg ist die Individualisierung des Problems sehr verbreitet: Dass das Umweltministerium bei jeder Kommunikation zum Thema Abfall den „Eco-Sac“ aus der Schublade zieht, ist in der woxx-Redaktion zum running gag geworden. Die wiederverwendbare Einkaufstüte ist genau wie die großherzogliche Tupperdose „Ecobox“ keine schlechte Idee. Sie ist nur eben auch nicht die Lösung.

Wir sollen uns um unseren eigenen Plastikmist kümmern.

Genau wie bei der Klimakrise muss beim Plastikmüll nun zügig und beherzt gehandelt werden. Ein internationaler Rahmenvertrag und ein wissenschaftliches Gremium zur Überwachung werden wohl notwendig sein, wenn wir nicht wollen, dass unsere Ozeane vollends zur Plastiksuppe werden. Vor allem das Mikroplastik, das hauptsächlich aus Textilfasern und Reifenabrieb stammt, ist eine Gefahr für die marinen Ökosysteme, der auf globaler Ebene begegnet werden muss. Auch die EU kann einiges tun: Die Einführung einer europäischen Kunststoff-Kreislaufwirtschaft, die den Plastikmüll auf dem Kontinent hält, ist dringend notwendig. Außerdem müssten endlich Konzepte auf den Tisch, wie der Verpackungsmüll verringert werden kann. Mit 16 Millionen Tonnen pro Jahr sind Verpackungen nämlich die bei Weitem häufigste Verwendungsart von Plastik.

In diesem Kontext könnte sich die luxemburgische Regierung aber auch überlegen, ob sie statt des blauen Valorlux-Sacks zum Recycling nicht eine andere Maßnahme für PET-Flaschen ergreifen will: Ein Pfand einführen. Der „Eco-Sac“ könnte in diesem Fall zum Transport der leeren Pfandflaschen benutzt werden.


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