Die Regulierungsbehörde Alia fordert eine Reform des Mediengesetzes von 1991. Sie will mehr Befugnisse und Ressourcen, um auch digitale Medien besser kontrollieren zu können.
Am vergangenen Montag stellte die Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel (Alia) ein Whitepaper mit Vorschlägen und Denkanstößen zur Regulierung digitaler Medien vor. „Unser Whitepaper wird hoffentlich auch von den Parteien in Koalitionsverhandlungen herangezogen werden“, sagte Alia-Präsident Thierry Hoscheit. Die Überlegungen, die in der Broschüre präsentiert werden, stammen unter anderem von einer Konferenz zu dem Thema, die die Alia im April dieses Jahres organisiert hatte. Abgerundet wird das Dokument von einer Übersicht über die bestehende Gesetzgebung im Bereich elektronische und digitale Medien – eine gute Handreichung für jene Politiker*innen, die ab nächster Woche Koalitionsgespräche führen werden.
„Die acht Punkte, die wir präsentieren, decken nicht die ganze Thematik ab und wir haben auch nicht die Antworten auf alle Fragen, die wir aufwerfen“, so Hoscheit, der betonte, dass die Politik selbst Antworten finden müsse. Das passt auch zum ersten Punkt des Whitepapers: Die Werte, die das Gesetz über elektronische Medien leiten sollen, müssen klar definiert werden. Dadurch, dass das Gesetz von 1991 in den letzten Jahren mehrmals angepasst wurde, sei es ein unübersichtlicher Flickenteppich, heißt es im Whitepaper. Die Alia schlägt vor, einen eigenen Artikel über die Werte, an denen sich das Gesetz orientiert einzufügen und Pluralismus, Unabhängigkeit der Informationsvermittlung, Verbraucher*innenschutz, Meinungsfreiheit, Jugendschutz und die menschliche Würde hineinzuschreiben.
Games und Hatespeech
Außerdem soll das neue Mediengesetz technologieneutral sein: Nicht die Verbreitungswege sollen einzeln reguliert werden, sondern die Inhalte. „Wenn es auf einem bestimmten Verbreitungsweg Spezifika gibt, können die immer noch gesondert reguliert werden. Im Prinzip sollte es aber egal sein, ob ein Inhalt mittels Funkwellen, via Kabel oder über das Internet verbreitet wird“, so Hoscheit auf der Pressekonferenz am Montag.
Wichtigster Punkt des Whitepapers ist, dass die Alia in Zukunft auch Angebote im Internet überwachen will. Dazu gehören nicht nur soziale Netzwerke und Video-on-Demand-Angebote, sondern auch die Internetseiten der geschriebenen Presse sowie von Radio- und Fernsehsendern. Wie weit sich diese Überwachung auch zum Beispiel auf die Ausgestaltung der Wahlberichterstattung ausweiten würde, ist in dem Whitepaper nicht ausgewiesen. Diese wird aktuell bei Medien mit öffentlich-rechtlichem Auftrag – Radio 100,7 und RTL – streng kontrolliert. Auch bei diesem Aspekt sieht die Alia Verbesserungsbedarf: So müsse die Dauer der Überwachung ausgeweitet werden, sodass nicht nur die eigentliche Wahlkampagne, sondern auch die Zeit danach und die „période de réserve“ kurz vor den Wahlen kontrolliert werden könnten.
Hatespeech und Desinformation können besonders durch soziale Netzwerke schnell eine enorme Reichweite gewinnen. Zusätzlich zur Kontrolle von Medien im Netz wünscht sich die Alia eine bessere Überwachung von „boshaften und schädlichen“ Inhalten. Vor allem der Jugendschutz und diskriminierende Inhalte liegen der Alia am Herzen. Sie betont jedoch, dass sich eine solche Kontrolle immer nur im Nachhinein durchführen lässt: Es gehe nicht um eine Zensur.
Ein anderes, völlig neues Feld, das die Alia beackern will, sind Computerspiele. In Luxemburg gibt es aktuell keine Regeln zur Altersfreigabe oder zur Bewertung von möglicherweise gefährlichen oder diskriminierenden Inhalten in Games. Wenn 1991 das Internet noch nicht in den Alltag der meisten Menschen eingezogen war, so waren Gameboy und Super Nintendo bereits in vielen Wohnzimmern zu finden – eine nachvollziehbare Erklärung warum das Medium noch nicht in dem Gesetz zu finden ist, gibt es also nicht. Die Alia interessiert sich vor allem für den Jugendschutz.
Ein weiterer Punkt im Whitepaper ist die Medienerziehung. „Das betrifft nicht nur Jugendliche, sondern auch ältere Menschen“, erklärte Hoscheit. Die Alia wolle nicht die bestehenden Angebote ersetzen, sondern sieht sich künftig in der Rolle der Koordinatorin, die aber auch eigenständig medienpädagogische Projekte aufziehen kann, wenn sie Lücken sieht. Nicht nur für diesen Punkt wäre eine Aufstockung des Personals und der finanziellen Ressourcen vonnöten – weswegen der letzte Punkt der Alia-Broschüre sich mit der notwendigen strukturellen Reform der unabhängigen Aufsichtsbehörde befasst.