Die Umweltkommission des Parlaments diskutierte am Mittwoch die Änderungen am Klimaschutzgesetz. Die Regierung will „soziale“ Klimamaßnahmen präsentiert haben. Doch für eine gerechte Gesellschaft mangelt es jedoch noch gehörig an politischem Willen ‒ und Zuhören.
„Selbstverständlich wird die Zivilgesellschaft mit eingebunden werden‟, verkündete Umweltminister Serge Wilmes (CSV) am vergangenen Mittwoch in der Umweltkommission der Abgeordnetenkammer. Auf der Tagesordnung standen Abänderungen am Klimaschutzgesetz, die einen neuen klimasozialen Plan einführen. Obwohl Wilmes das Einbinden der Zivilgesellschaft als „Selbstverständlichkeit‟ bezeichnet, scheint die Regierung an einen Austausch jedoch absolut nicht interessiert zu sein. Mit der 2020 im Klimaschutzgesetz eingeführten „Plateforme pour l’action climat et la transition énergétique“ hat sich das Ministerium beispielsweise seit Regierungsantritt noch nicht getroffen, um die vorgestellten Änderungen zu besprechen. Dies obschon laut dem Mouvement écologique (Méco) mehrere Mitglieder des beratenden Organs, das unter anderen aus Akteur*innen der Zivilgesellschaft und Gemeinden besteht, um eine Sitzung baten.
Dabei täte der Regierung ein vermehrter Austausch mit gesellschaftlichen Akteur*innen gut, um ihren Horizont zu erweitern. Ihre Priorität liegt nämlich nicht auf einer gesamtheitlichen Klimapolitik, sondern auf einzelnen Maßnahmen, die den Status Quo nicht zu sehr gefährden. Ein Beispiel: Der Transportsektor machte 2022 noch 64,5 Prozent der Treibhausgasemissionen aus und auch der verschmutzende Individualverkehr ist ein großer Faktor. Was macht die Regierung? Das Gesetz sieht zwar eine neue Prämie für gebrauchte E-Autos, jedoch vor allem eine Reduzierung der Förderung für E-Neuwagen von 8.000 Euro auf 6.000, bzw. 3.000 Euro vor. Die Folge könnte eine Vermehrung der Verbrennerautos auf unseren Straßen sein, warnt der Méco. Die Förderung für Fahrräder hat die Regierung gleich ganz gestrichen. Ganze 80.000 Räder seien gefördert worden, erklärte Wilmes in der Umweltkommission. Auf den Straßen seien noch nicht viele zu sehen, räumte er ein. Doch die Gemeinden würden schon an der nötigen Infrastruktur arbeiten. Wie aber soll es zu einer Verkehrswende kommen, fragt man sich, wenn sich das Ministerium nicht mit den betroffenen Akteur*innen trifft? Mit der Fahrradlobby ProVelo etwa gab es ebenfalls kein Treffen. „Wir kennen die Position von ProVelo, wir haben ihr Schreiben gelesen‟, verteidigte sich Wilmes auf Nachfrage von Joëlle Welfring. Man könnte meinen, die Position der Automobilbranche kenne die Regierung gut. Mit ihr hat das Ministerium trotzdem geredet.
Gleichzeitig stellt die Regierung die Reduzierung der Prämien für den Kauf von E-Autos und Fahrrädern, die für Personen mit niedrigerem Einkommen weniger stark sein soll als für finanzstärkere Haushalte, als vermeintlich klimasoziale Maßnahme vor. Der Méco kritisiert auch hier zu Recht: „Die Situation der finanzschwächeren Haushalte verbessert sich nicht dadurch, dass ihnen Subventionen nicht im gleichen Ausmaß gestrichen werden, als finanzstärkeren.“ Statt den öffentlichen Verkehr verstärkt zu fördern, limitiert die Regierung lieber weiterhin den Kauf eines neuen Fahrrades auf all fünf Jahre. Eine Bedingung, die trotz der CO2-intensiven Herstellung für neue E-Autos nicht gilt. Hier will man den Konsum nicht beschränken. So wird auch der Vorschlag eines sogenannten Malus-Systems, bei dem Verbraucher*innen großer Ressourcen Eigenverantwortung für die Folgekosten ihres Ausstoßes übernehmen, in der Kommissionssitzung ohne weitere Begründung abgewinkt.
Die Priorität der Regierung liegt nicht auf einer gesamtheitlichen Klimapolitik, sondern auf einzelnen Maßnahmen, die den Status Quo nicht zu sehr gefährden.
„Wir haben da noch Zeit“, wiederholte Serge Wilmes gegen Ende. Gemeint war die Frist für das neue Klimaschutzgesetz, das der EU-Kommission spätestens am 30. Juni 2025 vorliegen muss. Wie es scheint setzt die Klima- krise die Regierung nicht unter Druck. Trotz der Realität, der wir in den letzten Tagen erneut etwa in Form von Fluten in Zentraleuropa begegnen, gibt es wohl keinen Grund für ein schnelles Handeln. Lieber will die Regierung weiterhin die „guten“ konsumierenden Bürger*innen mit Geld loben, bei den „bösen“ Konsument*innen beide Augen zudrücken ‒ und bei sogenannten offenen Debatten genauere Antworten verweigern, wenn ein Gegenvorschlag zugunsten einer echten klimasozialen Politik eingebracht wird.