Tourismus
: Stress am See


Als „Ökotourismus“ angekündigt, nun als „Privatisierung der Natur“ verschrien: Das Hotelprojekt in Weiswampach wird zum Politikum im Norden.

Luxus-Hotelanlage statt Campingplatz: So soll 
„Suneo Park“ in Weiswampach aussehen. (Fotos: Groupe Lamy)

Badeseen sind eine Seltenheit in Luxemburg – neben dem „Stau“ gibt es nur zwei andere Gewässer, die zum Wassersport einladen. Die beiden künstlichen Seen in Weiswampach erfreuen sich demnach großer Beliebtheit zum Schwimmen, Tretbootfahren oder zum Angeln. Bald soll hier ein großes Tourismusprojekt mit Hotel, Feriendorf und Freizeitaktivitäten entstehen. Doch in Weiswampach gehen die Wogen hoch, denn gegen das Projekt regt sich Widerstand.

„Suneo Park Luxembourg“ wäre das erste Feriendorf im Großherzogtum und würde nicht nur den bestehenden Campingplatz vertreiben, sondern auch den Zugang zum See und seiner Umgebung in gewisser Weise privatisieren. In den 1970er-Jahren wurden die beiden Seen künstlich angelegt und entwickelten sich bald zu einem touristischen Ausflugsziel. Der Campingplatz „Klackepëtz“ ist eigentlich sehr beliebt, wenn man den Bewertungen auf einschlägigen Online-Portalen trauen kann. Seit diesem Jahr nimmt der Platz jedoch keine neuen Urlauber*innen mehr auf, nur noch Dauercamper*innen sind zugelassen. Wenn „Suneo Park“ fertiggestellt wäre, wären lediglich Stellplätze für Wohnmobile vorgesehen. „Für Camper mit Wohnwagen oder Zelten gibt es in der Umgebung genügend andere Campingplätze“, erklärte der Weiswampacher Bürgermeister Henri Rinnen auf der Pressekonferenz am 15. Juni, als er gemeinsam mit Staatssekretärin Francine Closener und den Geschäftsführern der Lamy-Gruppe das Projekt vorstellte.

Wenig Öko, viel Tourismus

Was die belgische Immobiliengruppe Lamy in Weiswampach bauen will, ist um einiges luxuriöser als ein einfacher Zeltplatz: 100 Ferienhäuser, ein Hotel mit 70 Zimmern, 16 Studios und 5 Suiten, inklusive Konferenzzentrum, Sauna und Spa, sowie ein Freizeitpark auf dem See sind geplant. Im Juni wurde das Projekt als „Ökotourismus“ angekündigt, was sich bei näherer Betrachtung jedoch als schöne Umschreibung für die Einhaltung von Umweltauflagen und Energiestandards entpuppte (Die woxx berichtete online: woxx.eu/suneopark). Der Staat für seinen Teil subventioniert das Feriendorf mit fünf Millionen Euro, was zehn Prozent der Investitionssumme entspricht. Der Gemeinde Weiswampach fließen über einen Erbpachtvertrag 25.000 Euro im Jahr in die Kasse.

Neben staatlichen Subventionen nutzt die Lamy-Gruppe ein weiteres Finanzierungsmodell. Private Investor*innen können Hotelzimmer erwerben. Dabei sparen sie laut Lamy die Mehrwertsteuer, haben finanzielle Vorteile bei Zimmerreservierungen und ein jährliches Einkommen. Eine Art Timesharing-Modell, das Lamy auch explizit mit Steueroptimierung für die Investor*innen bewirbt.

Während sich Staatssekretärin Closener, Bürgermeister Rinnen und die Lamy-Gruppe begeistert zeigten und versprachen, bereits im September mit den Bauarbeiten anfangen zu können, stieß das Projekt nicht bei allen auf Gegenliebe. Kritik hagelte es zuerst von Déi Lénk. Anfang Juli kritisierte die Nordsektion der Linkspartei die Pläne als „Privatisierung des öffentlichen Raumes“. Auch die Möglichkeit, in Hotelzimmer als Geldanlage zu investieren, stieß den Linken sauer auf: „Auf ihrer Internetseite wirbt der Konzern mit ‚Steueroptimisierung‘ bei der Investition in einen Zweitwohnsitz, womit deutlich wird, welche Art von ‚Touristen‘ angelockt werden sollen“, hieß es in der Pressemitteilung. Vor der „Zubetonierung“ des Sees wurde ebenfalls ausdrücklich gewarnt.

Wasserqualität: exzellent, 
bis auf die Blaualgen

Anfang August bezogen auch Déi Gréng Stellung zu dem Tourismusprojekt in Weiswampach. Die Grünen begrüßten zwar, „dass bei der Vorstellung des Projektes ausdrücklich auf den nachhaltigen Charakter der Anlage hingewiesen wurde“, sind sonst aber eher skeptisch. Sie fordern, dass im Hotel regionale Produkte verarbeitet werden. Eine Vernetzung mit dem Naturpark müsse ebenso gewährleistet werden wie ein „öffentlicher und kostenloser Zugang“ zum See. „Hierzu gehören auch konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Badewasserqualität des Sees“, so Déi Gréng Norden in einer Pressemitteilung. Mit gleich drei parlamentarischen Anfragen hakte Gérard Anzia bei der Regierung nach, die Antworten sind bisher jedoch ausgeblieben.

Die Wasserqualität der drei Badegewässer in Luxemburg wird regelmäßig überprüft, auf der Website der Wasserverwaltung finden sich detaillierte Profile mit Informationen über Zu- und Abläufe, den Untergrund, usw. In der Vergangenheit, zum Beispiel im Jahr 2010, gab es in Weiswampach eine Belastung durch E. coli-Bakterien, die im Darm von Säugetieren vorkommen. Mittlerweile wird die Qualität aber als „exzellent“ beschrieben. Dem Badespaß stünde also nichts im Weg, wären da nicht die Blaualgen. Die Cyanobakterien, die seit dem 25. Juli dafür sorgen, dass im Obersauer-Stausee Badeverbot herrscht, sind eine knappe Woche später auch in Weiswampach aufgetaucht.

Die Schaffung von Wasserschutzzonen rund um den Stausee hatte für Aufregung gesorgt – ob es in Weiswampach leichter sein wird, die Landwirt*innen zu einem sparsameren Gebrauch von Düngemitteln zu bewegen, wenn das touristische Projekt am See in Gefahr ist? Das Thema Wasserqualität könnte sich im Wahlkampf zu einer weiteren Facette der Wachstumsdebatte mausern: Wenn in zwei der drei Badeseen Badeverbot herrscht, gibt es wohl nicht nur beim Bau und Unterhalt von Kläranlagen Nachholbedarf.

Konkurrenzloser Vertrag

Was Déi Gréng in ihrer Pressemitteilung forderten, wird in Weiswampach wohl umgesetzt werden: Lamy wird sich um Sauberkeit und Wasserqualität sorgen müssen. So steht es auf jeden Fall in der Konvention zwischen der Gemeinde und der Immobilienfirma, die der woxx vorliegt. Dort finden sich allerdings auch einige Passagen, die merkwürdig anmuten: Lamy hat das Recht, den See (teilweise) einzuzäunen. Wie viel Uferfläche nach dem Bau von „Suneo Park“ noch öffentlich sein wird, ist nicht definiert.

Die Gemeinde räumt sich zwar das Recht ein, bei Großveranstaltungen wie Fischereiwettbewerben oder Triathlons die Parkplätze des Hotels zu nutzen, verpflichtet sich jedoch auch dazu, keine anderen Tourismus- oder Immobilienprojekte zu genehmigen, die „Suneo Park“ Konkurrenz machen könnten. Dies für die gesamte Dauer der Pacht, also während 99 Jahren. Lamy muss laut dem Vertrag mit der Gemeinde interessanterweise bis zum 1. Januar 2021 keinerlei Pachtgebühren zahlen.

Déi Lénk-Kandidat Hubert Hollerich verkündete vor Kurzem auf Facebook, dass das Projekt „Suneo Park“ zumindest vorläufig gestoppt sei. Können die Gegner*innen des Feriendorfs aufatmen? In der Tat sieht es so aus, als wären die behördlichen Prozeduren noch längst nicht abgeschlossen. Obwohl Lamy im Juni von „positiven Gesprächen“ mit dem Umweltministerium berichtete, ist dort noch kein Dossier angelangt – vermutlich wäre aufgrund der Artenvielfalt in Weiswampach eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder zumindest eine strategische Umweltprüfung fällig. Auch bei der Inspection du Travail et des Mines lief zumindest Ende Juli noch keine Genehmigungsprozedur. Wenn das Projekt auch nicht gestoppt ist, dann zumindest doch verlangsamt.

In der Debatte um „Suneo Park“ in Weiswampach treffen nicht nur unterschiedliche Vorstellungen von Nachhaltigkeit aufeinander, auch die Frage nach dem Zugang zu öffentlichen Gütern wie Gewässern oder Wäldern wird verhandelt werden müssen. Am Ende bleibt die Frage, was denn eigentlich das gute Leben (oder ein guter Urlaub) ist: Zelten am Campingplatz oder Übernachten in der Hotelsuite, die man via Timesharing mitbesitzt.


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