trans Eltern: Kontaktverbot verstößt gegen Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte setzt erstmals ein Zeichen für die Rechte von trans Menschen in Russland: Am 6. Juli gab er einer Frau Recht, die gegen das Kontaktverbot zu ihren Kindern aufgrund ihrer Transition vorgegangen war.

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Es ist eine Premiere für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR): Am 6. Juli verteidigte er zum ersten Mal die Rechte einer trans Mutter aus Russland, der ein Gericht aufgrund ihrer Transition den Kontakt zu ihren Kindern verboten hatte. Das Urteil verstoße gegen Artikel 8 (Recht auf Privat- und Familienleben) und 14 (Verbot jeglicher Diskriminierung) der europäischen Menschenrechtskonvention. Russland hatte die Konvention 1998 ratifiziert. Ilga-Europe, eine LGBTIQA+-Organisation, die sich zusammen mit Transgender Europe in öffentlichen Stellungnahmen für die Betroffene stark machte, berichtete auf ihrer Website darüber.

Die russischen Gerichte rechtfertigen das Kontaktverbot mit transfeindlichen Argumenten: Der Umgang mit dem trans Elternteil habe einen negativen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden und die Entwicklung der Kinder. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die Betroffene nach der Trennung von ihrer Ex-Frau zunächst als Mann zu den Treffen mit den Kindern erschien. Erst als sie als Frau mit den Kindern Zeit verbringen wollte, verweigerte die Ex-Partnerin den Kontakt. Sie zogen vor Gericht.

Der EGMR kritisiert, die Gerichte hätten nicht im Interesse der Kinder gehandelt. Ihre Bewertung stelle keinen nachvollziehbaren Beweis dafür dar, dass das Wohlsein der Kinder durch die Präsenz der Betroffenen bedroht sei. Sie soll jetzt eine Entschädigung in Höhe von 9.800 Euro erhalten.

Diese Geldstrafe muss Russland begleichen. An der Grundhaltung der Regierung queeren und homosexuellen Menschen gegenüber wird das nichts ändern. Bereits zwischen 2006 und 2012 verabschiedeten acht russische Regionen Gesetze gegen die Sichtbarkeit und die Unterstützung von LGBTIQA+ Menschen. Der amtierende Präsident Wladimir Putin erließ nach seiner Wiederwahl 2012 dann ein föderales Verbot sogenannter „homosexueller Propaganda“.

Immerhin handelt der EMGR heute anders als noch vor drei Jahren: 2018 weigerte er sich einen ähnlichen Fall anzunehmen, wie der Journalist und Autor Mark Gevisser in seinem Buch „Die pinke Linie. Weltweite Kämpfe um sexuelle Selbstbestimmung und Geschlechtsidentität“ berichtet. Gevisser traf während der Arbeiten an seinem Werk in Ljuberzy auf die trans Frau Pascha. Ihre Ex-Frau verweigerte ihr nach der Trennung aufgrund ihrer Geschlechtsidentität die Beteiligung am Sorgerecht für das gemeinsame Kind. Sie hatte Paschas Transition anfangs unterstützt, sich nach Putins Gesetz von 2012 jedoch radikalisiert und gegen LGBTIQA+ Menschen positioniert.

Das Kind lebte zum Zeitpunkt des Sorgerechtsstreit demnach mit seiner trans- und homofeindlichen Mutter sowie deren Familie zusammen. Die stellte Pascha öffentlich als pervers dar und gab an, einen „richtigen Mann“ aus dem Kind zu machen. Im Zuge des Verfahrens wurden staatlich anerkannte Psycholog*innen beauftragt, das Kind zu untersuchen. Sie urteilten, dass es unter Paschas Identität litt. Paschas Ex-Frau verwehrte ihr daraufhin den Kontakt. Die EMGR tat den Vorfall als Familienangelegenheit ab.


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