Trans Frauen im Sport: Gar nicht erst antreten

Der Ausschluss von trans Frauen aus dem Frauensport wird durch Fairness begründet. Implizit liegt der Richtlinie die Annahme zugrunde, dass trans Frauen eigentlich gar keine Frauen sind.

„Women’s sports aren’t a retirement plan for failed male athletes.“ Auf Twitter wird gejubelt – zumindest bei einem Teil der User*innen. Tweets wie der hier zitierte sind in den letzten Tagen tausende zu lesen gewesen. Warum? Sowohl der internationale Schwimmverband (Fina) als auch die International Rugby League haben diese Woche bekannt gegeben, bei Wettbewerben keine trans Frauen mehr gegen cis Frauen antreten zu lassen. Am Montag deutete Sebastian Coe, der Präsident von World Athletics, ebenfalls solche Pläne an. Auch die Fifa teilte mit, ihre Richtlinien bezüglich trans Frauen überarbeiten zu wollen.

Schon vor dieser Woche mussten trans Frauen bestimmte Regeln befolgen, um gegen cis Frauen antreten zu dürfen: Ihr Testosteronspiegel durfte während einem Jahr den Wert von 10 Nanomol pro Liter Blut nicht überschreiten. Vielen reichte das jedoch nicht, um den Wettkampf fairer zu gestalten. Ihr Einwand: Wer eine männliche Pubertät durchlaufen habe, verfüge über mehr Muskelmasse, Ausdauer und eine größere Lungenkapazität als eine Person, die eine weibliche Pubertät durchlaufen habe. Daran ändere auch eine Hormontherapie nichts.

Das Argument der Fairness ist fadenscheinig: Wenn überdurchschnittlich große Basketballspieler gegen weitaus kleinere antreten, redet niemand davon, der Fairness halber eine Maximalgröße festzulegen. Erst wenn es sich um trans Frauen handelt, werden potenzielle biologische Vorteile zum Ausschlusskriterium erklärt. Bezeichnenderweise wird sich weitaus weniger über trans Männer aufgeregt, die gegen cis Männer antreten. Dabei gilt das Argument der unterschiedlichen Pubertäten auch hier.

In welcher Kategorie sollen trans Frauen also nun noch antreten dürfen? Der Richtlinie der Fina dürften nur die wenigsten von ihnen entsprechen. Diese sieht vor, dass trans Athletinnen vor ihrem zwölften Lebensjahr mit einer Hormontherapie begonnen haben müssen. Die International Rugby League hat keine solchen Regeln: Bis sie welche ausgearbeitet hat, wird vorläufig allen trans Frauen die Teilnahme verwehrt. Wer seinen Geschlechtseintrag beim Standesamt auf „weiblich“ umändern gelassen hat, soll demnach bei den Männern antreten. Das aber erscheint gerade angesichts der aktuellen Debatte absurd: Trans Frauen wird nämlich die Teilnahme der Fairness halber untersagt. Was aber wäre fair daran, eine Frau gegen Männer antreten zu lassen?

Erst wenn es sich um trans Frauen handelt, werden potenzielle biologische Vorteile zum Ausschlusskriterium erklärt.

An all dem wird deutlich: Dass trans Frauen nicht gegen cis Frauen antreten dürfen, ist gleichzusetzen mit der Annahme, dass trans Frauen keine Frauen sind.

Fußballstar Megan Rapinoe stört sich jedenfalls nicht daran, dass trans Frauen gegen cis Frauen antreten. „Show me the evidence that trans women are taking everyone’s scholarships, are dominating in every sport, are winning every title. I’m sorry, it’s just not happening. So we need to start from inclusion, period“, sagte sie vergangene Woche in einem Times-Interview. Sie rief dazu auf, über den Tellerrand vom Elitesport hinauszuschauen und diesen nicht ernster zu nehmen als Menschenleben. Dabei verwies sie auf die hohe Suizidrate unter trans Personen.

Die Fina kündigte an, eine dritte Kategorie schaffen zu wollen, in denen trans Frauen und intergeschlechtliche Personen gegeneinander antreten dürfen, die nicht den Regeln des Verbandes entsprechen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob überhaupt ausreichend Athlet*innen zusammenkommen, um in einer solchen dritten Kategorie von einem Wettbewerb sprechen zu können. Die Verbannung aus der Frauenkompetition wird für die meisten trans Frauen de facto darauf hinauslaufen, dass sie überhaupt nicht mehr antreten werden – in keiner Kategorie.

Mehr zu diesem Thema im Artikel „Genderbinarität im Sport: Fair für wen?“.

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