Transparenzgesetz in Gefahr? Demokratie braucht Transparenz

Es ist für Verwaltungen viel zu einfach, das Transparenzgesetz zu umgehen. Das muss sich ändern, wenn Diskussionen nicht nur zum Schein geführt werden sollen.

Gläserner Staat statt gläserner Bürger*innen – diese Forderung sollte mit dem Transparenzgesetz eigentlich Wirklichkeit werden. Doch zu oft werden Ansuchen ignoriert. (Foto: Anh Tuan To/Unsplash)

Letzte Woche veröffentlichte das „Zentrum fir urban Gerechtegkeet“ (Zug) einen offenen Brief an Journalist*innen und NGOs, in dem sich die junge Organisation, die für ihren Kampf für sichere Zebrastreifen bekannt ist, besorgt um das Luxemburger Transparenzgesetz zeigt. Dies, weil die Stellungnahmen der Commission d’accès aux documents (CAD) von Verwaltungen und öffentlichen Stellen einfach ignoriert werden können.

Das Zebrastreifen-Beispiel zeigt dies sehr gut. Seit Jahren versucht Zug, Dokumente von der Stadt Luxemburg zu erhalten, die deren Analyse der unsicheren Zebrastreifen in der Hauptstadt zeigt – immerhin hatte Verkehrsschöffe Patrick Goldschmidt (DP) die Erkenntnisse von Zug abgeschmettert. Er tat das mit dem Argument, bei der internen Analyse sei eine viel niedrigere Zahl ermittelt worden. Nur: Diese „interne Analyse“ hat die Öffentlichkeit noch nie gesehen. Und die Stadt Luxemburg ignoriert nicht nur die CAD, sondern geht sogar vor dem Verwaltungsgericht in Berufung, weil sie dieses Dokument nicht veröffentlichen will. Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) meinte außerdem, wenn sich die Stadt vor den Gerichten nicht durchsetzen könne, müsse das Gesetz geändert werden. Ansonsten könnten die Beamt*innen der Stadt nicht ungestört arbeiten, so die Auffassung der Bürgermeisterin.

Was Polfer eigentlich meint: Politiker*innen sollen weiterhin alles mögliche behaupten können und sich dabei auf angebliche Dokumente berufen, ohne dass diese je gezeigt werden müssen. Journalist*innen und Aktivist*innen interessieren sich in den wenigsten Fällen für die Namen von Beamt*innen, die Dokumente verfasst haben. Diese können ohne Probleme geschwärzt werden. Wichtig ist, dass mit öffentlichen Geldern finanzierte Dokumente auch öffentlich zugänglich sind oder zumindest auf Anfrage von Bürger*innen veröffentlicht werden.

Sollen Politiker*innen weiterhin alles mögliche behaupten können, ohne Dokumente zeigen zu müssen?

Dass es auch anders geht, zeigen nicht nur Beispiele aus dem Ausland. Auch einige Luxemburger Verwaltungen sind vorbildlich und füllen das „Open Data“-Portal des Staates proaktiv mit ihren Datensätzen und Veröffentlichungen. Das ist gut und sollte Standard sein. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein größeres Problem mit der Transparenz in Luxemburg gibt – denn auch wenn manche Daten gerne geteilt werden, so bleiben kritischere Informationen immer noch unter Verschluss. Gerade bei Verträgen mit privaten Firmen wird schnell das Argument der „Geschäftsgeheimnisse“, die angeblich geschützt werden müssten, angeführt. So viele Informationen wie möglich sollten öffentlich sein, besonders wenn Steuergelder ausgegeben werden.

Es geht dabei nicht nur darum, dass Politiker*innen Kritik mit dem Verweis auf geheime Studien abschmettern und Vetternwirtschaft mittels Geheimverträgen führen können. Wenn wir in Zeiten von immer knapper werdenden Ressourcen und zunehmender Polarisierung Debatten führen wollen, dann müssen diese aufgrund von Fakten geführt werden – und dafür werden Informationen und Belege benötigt. Natürlich werden nicht alle Informationen ohne Expertise verständlich sein. Das kann aber niemals ein Argument gegen eine Veröffentlichung sein – denn nur dann können unabhängige Expert*innen Daten analysieren und ihre Sicht der Dinge darlegen.

Der offene Brief von Zug fordert Journalist*innen und NGOs auf, über Transparenzanfragen zu berichten, Verwaltungen auf die Wichtigkeit von Transparenzgesetzen hinzuweisen und sich gegenseitig zu helfen. Als vierten Punkt könnte man hinzufügen: NGOs und Presse sollten mehr Anfragen nach dem Transparenzgesetz stellen. Werden die Verwaltungen öfters mit diesem Gesetz konfrontiert und die diesbezüglichen Anfragen zur Regel, werden diese sicher bald nicht mehr als „Angriff“ wahrgenommen, sondern als eine Normalität, wie sie in einer modernen, transparenten Verwaltung herrschen sollte.


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