Die schnelle Nominierung des neuen Uni-Rektors wird nicht überall als erlösend empfunden.
Wenn jemand bislang Zweifel an der Effizienz der Uni Luxemburg gehegt haben sollte, so wurde er in den letzten Wochen eines Besseren belehrt. Noch Anfang September wusste Yves Elsen, Präsident des „Conseil de gouvernance“ der Universität Luxemburg, nicht einmal andeutungsweise zu sagen, wie es mit der Ernennung des Rektors weitergehen werde. In einem Land-Interview konnte er lediglich bestätigen, dass die „Findungskommission“ damit beschäftigt sei, die Kandidaturen durchzusehen. „In den nächsten Wochen“ solle dann dem Verwaltungsrat eine Shortlist zugehen, anhand derer er eine Entscheidung treffen werde, zu der der Universitätsrat dann noch Stellung nehmen könne.
Um so erstaunlicher, dass der Regierungsrat schon am 6. Oktober die Nominierung von Stéphane Pallage zum neuen Uni-Rektor vornahm. Der Name des Auserwählten kursierte seit nicht einmal 48 Stunden in der Presse. Zuvor hatte der Unirat der Ernennung kurzfristig zugestimmt, ohne weitere Diskussion in den Fakultäten und ohne die anderen Kandidaturen zu kennen.
Dabei hatten diverse Bekundungen aus dem Hochschul-Ministerium in den letzten Monaten die Hoffnung genährt, dass diesmal ein „Luxemburger“ das Rennen machen werde. Nicht unbedingt einer mit luxemburgischem Pass, aber doch einer, der dem hiesigen Uni-Betrieb seit einiger Zeit angehört. (Die geschlechtsneutrale Schreibweise ersparen wir uns an dieser Stelle – so fortschrittlich scheint die Luxemburger Uni dann doch nicht zu sein.)
Die Kandidaturen und das Auswahlverfahren waren geheim. So war aber leider auch ausgeschlossen, dass eine Auseinandersetzung darüber entstand, wer von den Kandidaten der beste sei. Kein Wunder auch, dass internationale Kandidaten, die bereits in gleicher oder ähnlicher Position gearbeitet haben, auf dem Papier die bessere Qualifikation nachweisen können.
Nun hat aber die Erfahrung mit dem zurückgetretenen vorigen Rektor gezeigt, dass vor allem die Unkenntnis so mancher typischer Luxemburger Verfahrensweisen zu einer Situation führen kann, die es dem Amtsinhaber zunehmend schwieriger macht, seine Arbeit zu tun. Auch Rainer Klump war ein erfahrener Uni-Manager. Sein international ausgerichtetes Adressbuch hat ja zu nicht wenigen spannenden und erfolgreichen Kooperationen geführt. Aber am Ende musste er für etwas geradestehen, das er genau genommen gar nicht zu verantworten hatte.
Was nun den neuen Rektor, der seinen Job im Januar antreten wird, von den anderen Kandidaten auszeichnet, ist schwer zu erkennen. Da ja nicht bekannt ist, wer sonst noch alles im Rennen war, lässt sich auch schwer nachvollziehen, nach welchen Prioritäten verfahren wurde.
Wirtschaftsnähe als Kriterium?
Da es sich um einen Wirtschaftswissenschaftler handelt, kam bei manchen der Verdacht auf, dass er vor allem in das Konzept einer wirtschaftsnahen Uni passt. Schnell waren auch einige Aussagen publik geworden, wonach die „weichen“ Fachbereiche seiner Uni – also die Humanwissenschaften – einer effizienten, auf die Privatwirtschaft ausgerichteten Uni im Wege stünden. Kein Wunder, dass gerade aus diesen Reihen Kritik laut wurde, und manche sich vor vollendete Tatsachen gestellt sahen. Dass Pallage nicht unumstritten ist, dürfte nicht unbekannt gewesen sein. Die Vermutung liegt nahe, dass die Kommunikation um seine Nominierung also nicht ganz zufällig so knapp ausgefallen ist.
Dagegen muss der gegen ihn erhobene Vorwurf, er habe sich in einer wissenschaftlichen Arbeit für Kinderarbeit ausgesprochen, als zumindest ungenau bezeichnet werden. Die von ihm kritisierte ILO-Konvention wird auch von fortschrittlichen entwicklungspolitischen Organisationen hinterfragt. Ein unerwünschtes Phänomen lässt sich nicht einfach dadurch abschaffen, dass es verboten wird. Beim Cannabis-Konsum zum Beispiel läuft die Diskussion ja ähnlich, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Was nicht heißen soll, dass eine rein ökonomische Betrachtung des Problems in jedem Fall weiterhilft.
Pallage, der zur Zeit seinen Job als Dekan der „École des sciences de la gestion de l’Université du Québec“ in Montréal zu Ende führt, hatte bislang keine Gelegenheit, sich und seine Ideen vor einem Luxemburger Publikum dazulegen. Das, was von ihm zu lesen ist, erzeugt bei vielen Befürchtungen. Sie mögen sich irren, aber es ist auch die auf minimale Transparenz ausgelegte, über die Köpfe aller Betroffenen hinweg durchgezogene Nominierungsprozedur, die nichts Gutes verheißt. Cui bono?
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