Vermeintlich nachhaltige Anlageprodukte: Schlecht beraten und grün gewaschen

Wer in Luxemburg in nachhaltige Anlageprodukte investieren will, wird schlecht beraten und bekommt intransparente Fonds aufgedrückt. Das hat Greenpeace mittels „Mystery-Shopping“ herausgefunden.

Durch verschachtelte Fonds kann der Anteil von nicht-nachhaltigen Investitionen viel größer sein, als Investor*innen auf den ersten Blick erkennen können. (Grafik: Greenpeace/Nextra)

Nachhaltige Finanzen sind eine Priorität für die Regierung. Der Luxemburger Finanzplatz hat sich neu orientiert und diversifiziert und ist Marktführer auf dem Gebiet der grünen, nachhaltigen Finanzen. So steht es im Nationalen Energie- und Klimaplan Luxemburgs – und kaum eine Gelegenheit vergeht, bei dem dieses Mantra nicht von den Minister*innen für Finanzen, Umwelt, Energie oder dem Premierminister wiederholt wird. Da müsste es doch einfach sein, sein mühsam erspartes Geld in einen nachhaltigen Fonds oder sonst ein Finanzprodukt anzulegen.

Die Umwelt-NGO Greenpeace Luxemburg hat versucht, dies herauszufinden und mit der deutschen Beratungsgesellschaft Nextra ein sogenanntes „Mystery-Shopping“ durchgeführt. Das ist ein Marktforschungsinstrument, bei dem Tester*innen sich als Kund*innen ausgeben und versuchen herauszufinden, wie sie in einem Geschäft – oder in diesem Fall einer Bank – beraten werden. Sechs Luxemburger Banken wurden von 19 Testkäufer*innen besucht, die insgesamt 27 Beratungsgespräche in Anspruch nahmen. Sie gaben gegenüber den Bankberater*innen an, sich für fondsbasierte Anlageprodukte zu interessieren. Nextra analysierte anschließend sowohl die Beratung als auch die Produktinformationen zu den vermeintlich nachhaltigen Finanzprodukten.

Seit August 2022 ist eine neue Verordnung im Rahmen der Finanzmarktrichtlinie Markets in Financial Instruments II (Mi-Fid) in Kraft, die vorschreibt, dass die Bankberater*innen sich zwingend nach den Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kund*innen erkundigen müssen. Dies ist jedoch nur in einem Drittel der Gespräche passiert. Sogar wenn die vermeintlichen Kund*innen den Hinweis gaben, an nachhaltigen Finanzprodukten interessiert zu sein, fragten die Berater*innen in 37 Prozent der Fälle nicht weiter nach.

Über die Klimaverträglichkeit der angebotenen Anlagen wurde in nicht einmal 20 Prozent der Gespräche ausführlich diskutiert. „Die Beraterin gab mir keine Erklärung zu den grünen Fonds: Für sie ist ein Fonds grün, wenn auf dem Fondsblatt ESG steht“, zitiert der Greenpeace-Bericht einen Testkäufer. ESG steht für „Environmental, Social, and Corporate Governance“, also Umwelt, Soziales und Betriebsführung.

Elf verschiedene Produkte haben die Mysteryshopper*innen angeboten bekommen, sie wurden von Nextra analysiert. Die Resultate sind ernüchternd: Ein einziges der vermeintlich klimaverträglichen Finanzprodukte schreibt vor, dass die Nachhaltigkeitskriterien auf alle im Fonds befindlichen Wertpapiere angewandt werden müssen. Dieser Aspekt wird durch verschachtelte Fonds verstärkt. Das sind Fonds, die in andere Fonds investieren. So kann ein nachhaltiger Fonds zu lediglich 75 Prozent in andere Nachhaltigkeitsfonds investieren, die wiederum nur zu 75 Prozent auf Nachhaltigkeitskriterien aufpassen. Damit könnten theoretisch fast 44 Prozent des Portfolios in hochproblematische Industrien wie beispielsweise Kohle investieren.

Grün ist, wo grün draufsteht

Im Endeffekt stellte kein einziges der angebotenen Finanzprodukte Greenpeace und Nextra zufrieden – da sie nicht ausreichend klimaverträglich sind. „Bei der Analyse der Fonds fiel ebenfalls auf, dass Fondsanbieter derzeit vor erheblichen Problemen bei der Anwendung der EU-Taxonomie stehen und von belastbaren Angaben hinsichtlich der Taxonomie-Konformität ihres Investmentportfolios weit entfernt sind“, heißt es im Greenpeace-Dokument.

Die NGO fordert die Luxemburger Banken dazu auf, Mi-Fid II konsequent umzusetzen und ihre Kund*innen zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen. Dazu müssten auch die Berater*innen entsprechend geschult werden und die Informationsmaterialien so gestaltet werden, dass sie transparent und nachvollziehbar Auskunft zu Nachhaltigkeitskriterien geben.


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