Der Antisemitismus ist zentraler Bestandteil der Programmatik der österreichischen Regierungspartei FPÖ, der Antifeminismus ebenso. Der Bezug auf die Volksgemeinschaft fungiert dabei als Scharnier.
Die Soziologin Karin Stögner von der Universität Wien analysiert in der woxx von kommendem Freitag die Programmatik der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und kommt zu dem Schluss, Antisemitismus und Antifeminismus gehörten fest zum Weltbild der FPÖ, wobei das Bekenntnis zur Volksgemeinschaft das Scharnier zwischen beiden bilde. „Während der Antisemitismus mittlerweile meist eher verschleiert wird, treten Sexismus und Antifeminismus in der FPÖ offen zutage“, so Stögner.
Neben den männlichen Parteimitgliedern, die von Männern als „Alphatieren“ schwadronieren, betätigen sich auch weibliche FPÖ-Abgeordnete in antifeministischer Agitation, wie die Wiener Soziologin zeigt. Als prominentes Beispiel verweist Stögner auf Anneliese Kitzmüller, dritte Nationalratspräsidentin und Mitglied eines neu installierten Gremiums zur Umsetzung des Regierungsprogramms. Abseits ihrer politischen Funktionen ist die ehemalige FPÖ-Familiensprecherin Vizeobfrau der „Mädelschaft Iduna zu Linz“.
Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen der FPÖ und der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) war Anneliese Kitzmüller für Frauen- und Familienangelegenheiten zuständig. Schon 2015 sprach sich die Politikerin gegen das Adoptionsrecht homosexueller Paare aus. Ein solches „Konstrukt“ bezeichnete sie als „ungeeignet für die Psyche der Kinder“. Einige Passagen des Regierungsprogramms trügen unverkennbar Kitzmüllers Handschrift, so Stögner. Zum Beispiel, wenn prominent die „Besonderheit beider Geschlechter“ als „Mehrwert für die Gesellschaft“ hervorgehoben werde. „Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkennen, ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden“, sei im Abschnitt „Frauen“ zu lesen.
„Wider die Natur“
Darin spiegle sich auch die Grundhaltung der FPÖ zu Geschlechterverhältnissen wieder, so Stögner und verweist auf das „Handbuch freiheitlicher Politik“. Hier werde beispielsweise darauf bestanden, dass die eindeutige Geschlechtsidentität mit den traditionellen Rollen von Natur aus festgelegt sei. Sie aufzuweichen, sei also wider die Natur. Die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern und Partnerinnen werde ebenso abgelehnt wie deren Recht auf Adoption. Die FPÖ begreife Gender Mainstreaming nicht als Gleichstellungsstrategie, sondern als ein Instrument zur Verwischung eindeutiger Geschlechtsidentitäten, womit die Zerstörung kultureller Identität einhergehe. Ziel von Gender Mainstreaming sei die Schaffung eines „neuen Menschen ohne feste Geschlechteridentität“ und die „Abschaffung der Familie“.
Diese Ideen schlügen sich nun auch im Programm der neuen Regierung nieder, so Stögner: „Leistungen zur Familienförderung sollen erhöht, Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe hingegen gekürzt werden. Während Arbeitslose unter Generalverdacht gestellt werden, sich ‚durchzuschummeln‘, wird die Prokreation der ‚einheimischen‘ Bevölkerungsgruppe propagiert.“