Nachdem die woxx vor Jahresende die Gäst*innen bei Radio 100,7 untersucht hat, haben wir nun das Gleiche bei RTL gemacht. Beim Privatsender waren noch weniger Frauen eingeladen als beim öffentlich-rechtlichen.

Foto: OGBL
RTL-Radio ist jener Radiosender in Luxemburg, der am meisten gehört wird. Jeden Arbeitstag lädt die Redaktion kurz nach acht eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens ins Studio, um kurz zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen. In den allermeisten Fällen ist als „Invité vun der Redaktioun“ nur eine Person eingeladen, lediglich nach den EU-Wahlen und zum Jahresende wurde die Sendung 2019 zu einer Diskussionsrunde und bekam mehr Sendezeit.
Die woxx hat sich angeschaut, wer alles eingeladen war und hat ausgewertet, aus welchen Bereichen die Gäst*innen stammten und wie viele Männer und Frauen eingeladen waren. Insgesamt waren 213 Personen im RTL-Studio. Die meisten stammten aus dem Bereich der Politik: Kandidat*innen, Minister*innen, Abgeordnete, hohe Beamt*innen und Politiker*innen, die sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen haben.
Über die Hälfte (51,64 Prozent) der Gäst*innen stammten aus diesem Bereich. An zweiter Stelle waren Personen aus der Wirtschaft, nämlich ein gutes Fünftel (20,66 Prozent). Danach erst kamen Menschen aus der Zivilgesellschaft, also von Protestbewegungen wie Youth for Climate oder NGOs, mit 14,55 Prozent. Die restlichen Gäst*innen stammten aus den Bereichen Gewerkschaft (7,04 Prozent) sowie Kultur und Sport (jeweils 1,88 Prozent).
Um die Geschlechtergerechtigkeit ist es bei RTL noch schlechter bestellt als bei 100,7: Lediglich 20,66 Prozent, also ein Fünftel der Gäst*innen waren Frauen. Insgesamt ist die Sendung „Invité vun der Redaktioun“ wenig divers, denn 38 Personen waren 2019 zwei- oder mehrmals eingeladen – zusammen brachten sie es auf 42,72 Prozent der Gäst*innen.
Der Rekord wird von François Bausch (Déi Gréng) gehalten: Insgesamt sechsmal war der Minister bei RTL als „Invité vun der Redaktioun“ zu Gast. Alain Schmit (AMMD), Claude Meisch (DP) und Romain Schneider (LSAP) waren viermal zu Gast, während Dan Kersch (LSAP), Frank Engel (CSV), Gast Gibéryen (ADR), Marc Spautz (CSV) und Taina Bofferding alle dreimal im RTL-Studio als „Invité vun der Redaktioun“ auftauchten.
Wie auch schon bei unserer Analyse der 100,7-Gäst*innen gilt: Die Redaktion hat nicht immer komplett freie Hand darüber, ob sie einen Mann oder eine Frau einladen. Die Zahlen geben auch Auskunft darüber, wer in Luxemburg an den Hebeln der Macht sitzt und als wichtig wahrgenommen wird. Die hohe Zahl der Mehrfacheinladungen zeigt auch, dass diese Wahrnehmung in der Redaktion von RTL anders ist als bei 100,7.