Zum Pride Month: Queere Tipps (4)

Im Juni wird an vielen Orten an die Stonewall-Aufstände erinnert und der Kampf um die Rechte von LGBTIQA+ Menschen in den Mittelpunkt gerückt. Ein Monat, in dem die woxx in jeder Ausgabe Tipps zu queeren Inhalten gibt – diese Woche von „Fairest“ bis „Queer Game Bundle“.

© Georgie Devlin


Fairest

 LITERATUR  (is) – 
Wie viele Identitäten passen unter eine Haut? Die Autorin Meredith Talusan nimmt in ihrer Autobiografie „Fairest“ die Komplexität des Seins auseinander: Sie ist Migrantin, ein Mensch mit Albinismus, trans, lebte lange als schwuler Mann, ist Harvard Alumni und Kind einer Spielsüchtigen. Ihr literarisches Ich ist oft nur auf Äußerlichkeiten bedacht, diskriminiert potenzielle Sexpartner aufgrund ihrer Ethnie, geht hart und direkt mit ihren Eltern ins Gericht. Im Laufe der Erzählung wird deutlich, dass dieses Verhalten mit einem inneren Kampf um Anerkennung und Zugehörigkeit verknüpft ist: Das literarische Ich versucht der eigenen Ausgrenzung entgegenzuwirken, will dazu gehören, ohne genau definieren zu können, was das für es bedeutet. In einem aufschlussreichen Interview mit der amerikanischen Literaturzeitschrift „The Paris Review“ geht Talusan näher auf dieses Zusammenspiel und ihre Transition in unterschiedlichen kulturellen Kontexten ein. „Fairest“ ist keine banale Biografie, in der sich jemand beweihräuchert: Das Buch ist eine kritische Selbstreflexion, die noch dazu einen queeren Kulturaustausch ermöglicht und Lebensrealitäten aufzeigt, die weißen Menschen ohne Behinderung fremd sein dürften. Das mithilfe einer unkomplizierten Sprache, die dem Inhalt den Vortritt lässt. Das Buch ist zurzeit nur im englischen Original erhältlich.

Fire Island

FILM (tj) –Partys, Strand und queere Menschen so weit das Auge reicht: Kein Wunder, dass sich die Figuren von Regisseur Andrew Ahn und Drehbuchautor Joel Kim Booster jährlich in der titelgebenden homosexuellen Enklave bei New York treffen, um dort gemeinsam ihren Sommerurlaub zu verbringen. Wie Protagonist Noah zu Beginn im Voiceover erklärt, sind er und seine Freund*innen nicht „poor-poor, but poor as in: none of us have a chance in hell of buying property, ever“. Leisten können sie sich den Urlaub, weil sie dort umsonst bei der etwas älteren Erin wohnen dürfen. Die meiste Zeit ist der auf Disney+ verfügbare „Fire Island“ eine eskapistische, schreiend komische Komödie. Wenn Noah in der ersten Szene die Autorin Jane Austen zitiert, dann kommt das nicht von ungefähr: Das Drehbuch des Films folgt dem Verlauf von „Pride und Prejudice“. Sich anziehende Gegensätze, Crushes und gebrochene Herzen stehen demnach auch in Ahns Film im Fokus. Nur dass sich dieser Film an ein dezidiert marginalisiertes Publikum richtet: Immer wieder werden Themen wie Klassismus, Heteronormativität, Dicken- und Fremdenfeindlichkeit gestreift. Gleichzeitig gibt’s viele Referenzen auf queere Popkultur.


Jessie Gender

YOUTUBE (ja) – Jessie Gender ist Star Trek-Fan. Das ist auf den ersten Blick erkennbar, begrüßt die Youtuberin ihre Zuschauer*innen doch in der entsprechenden Sci-Fi-Uniform auf ihrem Kanal. Viele ihrer Videos drehen sich um die bekannte Weltraumoper: Zu sehen sind zum Beispiel Kritiken neuer Episoden, aber auch lange, akribisch recherchierte Dokumentationen über Sexualität in Star Trek. Neben der Sci-Fi-Serie analysiert Jessie Gender viele andere Medien aus der Fantastik. Außerdem äußert sie sich immer wieder zu politischen Themen, allen voran LGBTIQA-Politik. Sie geht dabei stets sehr nuanciert vor und beleuchtet verschiedene Sichtweisen, ohne jedoch beliebig zu sein oder keine klare Position zu vertreten. Dabei bringt sie ihre Sicht als trans Frau aus dem Autismus-Spektrum ein. Jessie Genders Videos erlauben es nicht nur, sich eine Meinung über viele „nerdige“ Medien zu machen: Sie erweitern auch den Diskurs und sind oft sehr lustig – eine ganz klare Empfehlung!


Making Gay History

PODCAST (tj) – Sylvia Rivera, Vito Russo, Randy Boyd – wer sich ein wenig mit queerer Geschichte auskennt, kennt diese Namen wahrscheinlich. Den bekannten, aber auch den unbekannteren Menschen, die LGBTIQA-Geschichte geschrieben haben verleiht Journalist und Autor Eric Marcum mit seinem Podcast „Making Gay History“ mehr Sichtbarkeit. Dazu greift er einerseits auf ein Audioarchiv zurück, das auf die Recherchen für sein 2002 erschienenes Buch mit gleichem Titel zurückgeht. Anderseits wurden manche Interviews spezifisch für den Podcast aufgenommen. So etwa ein rezentes mit Michelle Lopez, die 1990 als papierlose Immigrantin positiv auf HIV getestet wurde – zu einer Zeit als es noch hieß, Frauen könnten das Virus nicht bekommen. Lopez wollte anderen wie ihr helfen und engagierte sich fortan für LGBTIQA-Rechte. Folgen über persönliches Engagement wie diese wechseln sich bei „Making Gay History“ mit solchen über historische Ereignisse ab. Zum Pride Month sind ganz besonders die Folgen zu den Stonewall Riots von 1969 zu empfehlen.


Um Canapé mat der woxx

PODCAST (is) – Ein bisschen Eigenwerbung muss sein: Die woxx hat seit 2021 einen Kulturpodcast, in dem der queere Blick auf Kultur Standard ist. „Um Canapé mat der woxx“ schlägt Brücken zwischen sozialen Themen und kulturellen Produktionen. Im Podcast kommen neben Künstler*innen und Journalist*innen der woxx deswegen auch marginalisierte Privatpersonen zu Wort, die beispielsweise in Gesangsprojekten Kraft finden oder mit Literaturvermittlung für mehr Diversität kämpfen. Getreu der feministischen und LGBTIQA+ freundlichen Haltung der woxx fließen überall dort, wo es sich anbietet, queere Perspektiven in die Diskussionen ein – unter anderem in der Episode „Qui est visible dans la littérature ?“ oder in der Folge „Sex um Canapé“. Andere Folgen widmen sich explizit queeren Formaten, wie etwa die Episode „Ënner dem Reebou“ über Popkultur und LGBTIQA+ mit Sandy Artuso von „Independent Little Lies“. Am 28. Juni erscheint darüber hinaus eine Folge mit der LGBTIQA+ Organisation Rosa Lëtzebuerg: Thema ist die Luxembourg Pride, im Zuge derer 2022 erstmals ein Queer Arts Festival stattfindet. Radio Ara überträgt die Episode um 19:30 Uhr, kurz davor ist sie bereits auf woxx.lu verfügbar. Alle Folgen von „Um Canapé mat der woxx“ sind außerdem auf gängigen Podcastplattformen zu finden.


Queer Games Bundle

SPIEL (ja) – Was wäre, wenn queere Spieleentwickler*innen das Budget eines kommerziellen Topspiels, eines sogenannten AAA-Titels, hätten? Während große Studios Millionen ausgeben können, um ein Spiel zu entwickeln, arbeiten unabhängige Entwickler*innen oft in ihrer Freizeit. Gerade für queere Menschen ist es oft schwierig, Finanzierung für ihre Projekte zu finden, weil radikale LGBTIQA-Inhalte immer noch auf Ablehnung stoßen. Das „Queer Games Bundle“ ist ein Versuch, diesen Missstand zu beheben. Für den Preis eines AAA-Spiels (60 US-Dollar, etwa 57 Euro) bekommt man eine Sammlung von über 500 Spielen von über 400 queeren Entwickler*innen. Das Geld, das über das Bundle eingenommen wird, wird anteilig an die Künstler*innen verteilt, damit diese mit etwas weniger Druck an ihrem nächsten Projekt arbeiten können. In der überwältigenden Fundgrube sind einige bekanntere Titel, wie etwa „A Mortician’s Tale“ oder „2064: Read Only Memories“. Neben Computerspielen sind auch Soundtracks, Rollenspiele und andere digitale Kunst verfügbar. Wer Lust hat, sich mit queeren Inhalten auseinanderzusetzen und LGBTIQA-Künstler*innen zu unterstützen, kriegt mit dem Bundle eine einzigartige Gelegenheit dazu. Auf itch.io.


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