Fünf Fragen an: Mirka Costanzi

Am 8. Oktober sind Gemeindewahlen, und die woxx knöpft sich ab jetzt jede Woche eineN interessanteN KandidatIn vor. Diese Woche: Mirka Costanzi, Kandidatin von déi Lénk in Sassenheim.

(Foto: © Rita Noël)

Wie bist du zur Gemeindepolitik gekommen?

Ich bin gewissermaßen hineingerutscht. Meine Mutter ist schon länger Mitglied von déi Lénk, und als ich jünger war, habe ich sie öfter zu Festen und anderen Veranstaltungen begleitet. Wenn die „Großen“ da diskutierten, habe ich aufmerksam zugehört. Mit 23 Jahren bin ich dann gefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte, in Sassenheim für déi Lénk zu kandidieren. Ich habe ja gesagt und wurde erstaunlicherweise Zweitgewählte. Als Serge Urbany rotationsbedingt im Gemeinderat aufgehört hat, wäre ich eigentlich an der Reihe gewesen. Weil ich mein Studium aber noch nicht abgeschlossen hatte, habe ich erst mal abgelehnt.

Warum déi Lénk?

Ich bin ausgebildete Sozialarbeiterin, und dementsprechend liegen mir soziale Werte am Herzen. Soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Gleichberechtigung sind mir wichtig; ich bin dafür, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, den Mindestlohn zu erhöhen und Sozialwohnungen zu bauen. Mir geht es darum, die Schwächeren zu stärken, und genau das habe ich bei déi Lénk wiedergefunden. Als ich jünger war und anfing politisch aktiv zu werden, hat mein Vater mir einmal gesagt: „Wenn du Karriere machen willst, musst du zur CSV.“ Aber mir geht es nicht darum, Karriere zu machen, sonst wäre ich in der Tat nicht bei déi Lénk. Ich bereue die Entscheidung aber bis heute nicht.

Wofür stehst du, welche Politik würdest du im Gemeinderat versuchen umzusetzen?

Sollte ich gewählt werden, wäre das natürlich wieder eine Herausforderung für mich. Ich lebe wieder in Luxemburg, habe einen Job und könnte das jetzt angehen. Im Gemeinderat würde ich vor allem versuchen, mich für Kinder und Jugendliche stark zu machen. In meinem Beruf habe ich viel mit jungen Menschen zu tun und weiß, wieviel Input von ihnen ausgehen kann. Dementsprechend würde ich mich für einen regelmäßigen Austausch zwischen Gemeindepolitik und Jugendlichen einsetzen. Allgemein sind mir partizipative Projekte ein Anliegen, nicht nur für Jugendliche. Auch die Förderung des kulturellen Lebens in der Gemeinde liegt mir am Herzen. Ich bin auch dafür, konstruktiv im Gemeinderat zu arbeiten und möglichst zu versuchen, auf einen Konsens hinzuarbeiten. Parteipolitisches Geplänkel ist nicht mein Ding.

Gerade Sassenheim war ja in den letzten Tagen häufig in den Schlagzeilen, wegen des Wechsels der Schöffin Myriam Cecchetti, vormals déi Gréng, und des Gemeinderats Jos Piscitelli, vormals LSAP, zu …  déi Lénk.

Wir sind natürlich froh darüber, dass die beiden bei uns mitmachen. Ich glaube, sie haben sich über einen längeren Zeitraum hinweg von ihren jeweiligen Parteien entfernt. Differenzen gab es wohl vor allem in dem, was die sozialen Fragen anging. Interessanterweise waren beide von mehreren Parteien angesprochen worden – nicht aber von déi Lénk. Für sie gab es drei Möglichkeiten: eine eigene Liste gründen, auf einer anderen Liste kandidieren oder aufhören. Nach interessanten Gesprächen mit uns haben sie sich entschieden, politisch weiterzumachen. Myriam führt jetzt ihr Mandat zu Ende, und das finde ich auch normal. Sie hat das so mit der grünen Partei ausgemacht, und so steht es auch im Kommuniqué der Grünen vom März dieses Jahres. Natürlich denken wir, dass uns dieser Wechsel auch Stimmen einbringen kann. Viele frühere LSAP- und Grüne-WählerInnen zum Beispiel fangen an, sich Fragen zu stellen. Für uns ist aber auch klar, dass wir immer noch eine Programmpartei sind, dementsprechend keine SpitzenkandidatInnen im eigentlichen Sinn haben und am Rotationsprinzip festhalten.

Auch vor dem Hintergrund misslungener Kampagnen für einen größeren Anteil von Frauen auf den Gemeindewahllisten: Wie ist es eigentlich, als junge Frau Gemeindepolitik zu machen?

(Foto: Déi Lénk)

Sollte ich gewählt werden, werde ich natürlich darauf achten, immer schön im Minirock, mit Handtasche und viel Lippenstift im Gemeinderat aufzutreten … Spaß beiseite: Das ist in der Tat schon schwierig. Parteiintern habe ich mich von Anfang an gewehrt, wenn ich beispielsweise von älteren Mitgliedern mit „meng Modi“ angesprochen wurde. Heute sagt das niemand mehr, aber ich merke zum Beispiel auch in den Kommissionen, deren Mitglied ich bin: Man wird als Frau, vor allem als junge Frau, einfach nicht immer ernst genommen. Was mich richtig wütend macht, ist zum Beispiel, wenn ich etwas sage, worauf niemand wirklich reagiert – wenn aber ein Mann ein paar Minuten später genau das Gleiche sagt, bekommt er Zuspruch dafür. Auch wenn ich höre, was Patrizia (Arendt, aktuelle Gemeinderätin für déi Lénk, Anm. d. Red.) sich mit ihren radikalen, grundsätzlichen Fragen und Forderungen so im Gemeinderat anhören muss, denke ich, dass da, sollte ich gewählt werden, so einiges an „mansplaining“ und Ähnlichem auf mich zukommt. Aber ich bin bereit dazu und weiß, dass ich mich durchsetzen kann. Hoffentlich bleibt der Sassenheimer Gemeinderat dann auch nach diesen Wahlen majoritär weiblich – mit mir oder ohne mich: „A lass!“


Mirka Costanzi, 29 Jahre alt, lebt in Zolwer und ist ausgebildete Sozialarbeiterin und Theaterpädagogin. Sie arbeitet für 4motion asbl und führt unter anderem Projekte in den „Rotondes“ durch. Sie hat in Brüssel und Heidelberg studiert und zeitweilig in Berlin gelebt. Gemeindepolitik macht sie seit 2011.


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