FREIWILLIGENDIENST: Im Wandel

Das Europäische Jahr des Freiwilligendienstes steht vor der Tür. Soll der Freiwilligendienst vorankommen, müssen die Vereine sich stärker öffnen.

Eine im Mai 2010 durchgeführte Eurobarometer-Umfrage ergab, dass nur drei von zehn Europäern ehrenamtlich tätig sind. Um hier eine Verbesserung zu erreichen, hat die Europäische Kommission in dieser Woche unter dem Motto „Mach mit beim Freiwilligendienst!“ das Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011 eingeläutet. Die EU-Kommission will verstärkt die Hindernisse für die Freiwilligentätigkeiten abbauen und setzt sich für eine neue europaweite Netz-Initiative ein, mit welcher der grenzüberschreitende Austausch gefördert und Synergien zwischen Freiwilligenorganisationen und anderen Bereichen, insbesondere Unternehmen, genutzt werden sollen. Auch finden während des gesamten Jahres Hunderte von Aktivitäten statt. Es wird eine Reihe von Fachkonferenzen geben, und Freiwillige sollen die EU-Länder bereisen um Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit zu führen.

Auch hierzulande wurden bereits die ersten Veranstaltungen zum Thema organisiert. Unter dem Titel „Befindet sich das Ehrenamt in der Krise?“ fand in der letzten Woche in Luxemburg ein Kolloquium statt, auf dem vor allem der Frage nachgegangen wurde, ob die Freiwilligen von heute anders sind und wie weit das bestehende Angebot ihren Vorstellungen und Wünschen gerecht wird.

Denn aus den Statistiken der „Agence du Bénévolat“ des Jahres 2009 geht zum Beispiel hervor, dass 58 Prozent der Personen, die eine ehrenamtliche Beschäftigung suchen, nicht Luxemburgisch sprechen. „Es ist schwer einen einzelnen Ausländer in einen typisch Luxemburgischen Verein zu integrieren“, so Jacques Küntziger, Koordinator des Ehrenamt-Jahres in Luxemburg. Um das zu verbessern, sollen die Träger sensibilisiert werden. Das Freiwilligenjahr in Luxemburg steht daher unter dem Motto der Integration. „In Zukunft sollen stärker gemeinsame Aktionen der verschiedenen Luxemburger Vereine mit Organisationen von Ausländern durchgeführt werden“, erklärt Küntziger. Eine Herausforderung besteht künfig auch darin, das Vereinsleben auf dem Lande zu beleben. Viele Familien wohnen in Dörfern, zu denen sie keinen Bezug mehr haben: Die Kinder gehen woanders zur Schule, und die Eltern arbeiten in der Hauptstadt. Nach Feierabend engagieren sich die Eltern eher in dem Sportverein, in dem auch ihre Kinder aktiv sind. „Diese Population verlässt das Haus früh und kehrt erst abends zurück. So dass lokale Vereine an diese Familien kaum noch herankommen“, erklärt der Koordinator. Aber auch Zeit spielt eine Rolle – die Zeit, die immer mehr zum knappen Gut wird. Kein Wunder, dass sich der Freiwilligendienst entsprechend verändert hat: Viele ehrenamtliche Helfer wollen sich eher in kurz- und mittelfristig angelegten Projekten betätigen als ein langjähriges Engagement in einem Verein einzugehen. Sie legen keinen Wert auf die Würde als Präsident oder Sekretär innerhalb von Organisationen und haben auch keine Lust zu langen Komiteesitzungen. Auch wünschen die Ehrenamtlichen von heute, dass ihr eigener Input stärker zum Tragen kommt: „Sie wollen nicht mehr bevormundet werden und ziehen ein unverbindliches Engagement vor. Sie wollen sich dort einsetzen, wo eine gute Vereinsatmosphäre herrscht, und wollen Spaß haben“, so Kintziger. Die Vereinskultur und die ONG’s, die ursprünglich aus freiwilligem Engagement entstanden sind, scheinen heute mit einer Klientel konfrontiert, die zunehmend ihre eigenen Wünsche erfüllt sehen will. Die ONG’s drohen damit zu einfachen Dienstleistern zu werden. Auch wenn Modernisierung, Aufmischung und Öffnung von verkrusteten Vereinsstrukturen notwendig und unvermeidlich sind, wird für viele ONG’s und Organisationen die Umstellung wohl nicht einfach. Denn um Freiwillige zu betreuen, ist Geld erforderlich, vor allem jedoch Personal, das aber eigentlich den internen Betrieb des Vereins zu betreuen hat. Auch fehlten vielen Organisationen gerade solche Leute, die mitdenken und letztlich die anstrengende und weniger interessante, aber unabdingbare administrativ-strukturelle Arbeit verrichten.

Siehe dazu:
www.europa.eu/volunteering
www.eyv2011.eu
www.benevolat.public.lu


Cet article vous a plu ?
Nous offrons gratuitement nos articles avec leur regard résolument écologique, féministe et progressiste sur le monde. Sans pub ni offre premium ou paywall. Nous avons en effet la conviction que l’accès à l’information doit rester libre. Afin de pouvoir garantir qu’à l’avenir nos articles seront accessibles à quiconque s’y intéresse, nous avons besoin de votre soutien – à travers un abonnement ou un don : woxx.lu/support.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Wir stellen unsere Artikel mit unserem einzigartigen, ökologischen, feministischen, gesellschaftskritischen und linkem Blick auf die Welt allen kostenlos zur Verfügung – ohne Werbung, ohne „Plus“-, „Premium“-Angebot oder eine Paywall. Denn wir sind der Meinung, dass der Zugang zu Informationen frei sein sollte. Um das auch in Zukunft gewährleisten zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung; mit einem Abonnement oder einer Spende: woxx.lu/support.
Tagged .Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Kommentare sind geschlossen.