Wahlsieger sind sie nicht geworden, die Christlich-Sozialen. Große Misserfolge gab es auch kaum, doch ein paar kleinere Niederlagen legen die Schwächen der Partei bloß.
War die eine der beiden großen Tageszeitungen am Montag verzweifelt bemüht, die Sozialisten als Sieger der Gemeindewahlen darzustellen, gab sich die andere zurückhaltend: „Die Grünen starten durch“, titelte das Wort. Um dann in der nächsten Zeile eine Halbwahrheit anzubringen: „CSV stärkste Kraft in den Proporzgemeinden.“ Das stimmt nämlich nur, wenn man die Mandate der zwei LSAP-nahen „Bürgerlisten“ nicht mitrechnet (siehe S. 8). Realistischer war da schon die Einschätzung des CSV-Präsidenten Michel Wolter, noch nie sei das Ergebnis der CSV so nahe an dem der LSAP gewesen. Beide aber gehen geschwächt aus den Wahlen hervor. Dabei konnten die Christlich-Sozialen nicht wirklich von den Niederlagen des Regierungspartners profitieren: In Schifflingen, Kayl und Roeser, wo die LSAP die absolute Majorität einbüßte, stagnierte oder verlor die CSV, nur in Bettemburg verbuchte sie einen Erfolg.
Strategisch betrachtet sind die Christlich-Sozialen bei diesen Gemeindewahlen gescheitert. Zwar sind sie weiterhin, wie die Sozialisten, fast flächendeckend in allen Gemeinden vertreten. Doch in den vier großen Stadtgemeinden ? Luxemburg, Esch, Differdingen und Düdelingen – wird die Partei es wieder nicht in den Schöffenrat schaffen und verzeichnet ausnahmslos Stimmenverluste. Darüber tröstet weder die absolute Mehrheit in der Landgemeinde Hobscheid noch das insgesamt gute Ergebnis von Hesperingen, Petingen, Bettemburg, Steinfort und Sandweiler hinweg. Trost liegt hierin umso weniger, als die CSV in vielen Gemeinden empfindliche Niederlagen einstecken musste, insbesondere in Diekirch, Käerjeng, Monnerich und Sassenheim.
Zwar hatte die CSV eine angemessene Zielvorgabe formuliert: ihren Vertrauensbonus als größte Regierungspartei in einen Stimmengewinn in den urbanen Zentren umzumünzen. Aber man darf bezweifeln, dass sie alles getan hat, dieses Ziel auch zu erreichen. Die Zusammensetzung ihrer Listen in den Ballungszentren war wenig überzeugend, die Programme zeigten wenig Profil. Hinzu kam der Schicksalsschlag des Todes von Lucien Thiel, der in der Hauptstadt das Zugpferd sein sollte. Hausgemacht ist allerdings das Debakel in Roeser, wo die oppositionelle CSV keinen Nutzen aus dem Einbruch der LSAP ziehen konnte, sondern sogar noch mehr Stimmen verlor als diese. Robert Weber, und mit ihm die CSV-Liste, wurde abgestraft für seine Bloßstellung in der Proactif-Affäre, die vermutlich in der schwarzen Parteizentrale eingefädelt worden war.
Die CSV-Spitze dürfte die Gesamtbilanz als durchwachsen ansehen, doch das Scheitern in den vier größten Gemeinden und die Krise des LCGB verheißt für die Zukunft nichts Gutes. Dem Image eines weltoffenen Konservatismus, das ihr mittlerweile anhaftet, kann sie an der Basis nicht überall gerecht werden: Von allen angetretenen Parteien hatte sie proportional die wenigsten Ausländer auf ihren Listen. Mit knappem Personal und ohne Gewerkschaft an ihrer Seite ist die Partei für die Verteidigung ihrer Hegemonie auf Landesebene mehr denn je auf Jean-Claude Junker angewiesen.
Doch gibt es auch Lichtblicke. So wird vermutlich in vier bis sechs Gemeinden eine schwarz-grüne Koalition zustande kommen, zum Teil mit einem dritten Partner. In Bettemburg, Strassen und Grevenmacher ist das beschlossene Sache, in Remich gilt es als wahrscheinlich, und in Petingen und Roeser werden zumindest Gespräche mit diesem Ziel geführt. Ob das wohl Vorbereitungen auf eine künftige Koalition auf Landesebene sind? Derartiges wird schon gemunkelt, seit in den Neunzigern ein solches Bündnis den Grünen in Petingen zu ihrem ersten Schöffen in einer Proporzgemeinde verhalf. CSV und „Gréng“ können miteinander, das hat sich mittlerweile gezeigt, und sie können auch, wie man in Diekirch gesehen hat, miteinander untergehen.