(avt) – In der allgemein depressiven Stimmung auf dem CSV-Parteitag stellte sich kurz Bierzeltatmosphäre ein, als nämlich der scheidende Parteipräsident Michel Wolter sein Instrument, das mit viel heißer Luft funktioniert, auspackte und mit Tränen in den Augen begann, Akkordeon zu spielen. Viele der dort Anwesenden der rund 10.000-Mitglieder zählenden CSV im gut gefüllten Saal auf dem Limpertsberg schunkelten leicht mit. Volksmusik als Balsam für die Seele der braven Luxemburger CSV-Wähler? Er hätte vielleicht öfter mal die Klappe halten sollen, räumte Wolter ungewohnt selbstkritisch anlässlich seines offiziellen Abgangs ein. Ja, hätte Wolter doch in seiner Amtszeit öfter mal den Mund gehalten und stattdessen Musik gespielt! Das hätte der CSV so manche Panne erspart. Ansonsten bot der CSV-Parteitag wenig Überraschungen. Neben einem angeschlagenen Juncker mit Schlagseite, dem von allen Seiten eifrig versichert wurde, man drücke ihm die Daumen für die EU-Kandidatenkür am 7. März in Dublin und stehe voll hinter ihm, blieb das Einläuten der von der jungen Generation viel beschworenen Modernisierung jedenfalls aus. Deutlichster Beweis dafür ist wohl die Wahl des Generalsekretärs. Dass eine Frau auf dem Generalsekretärposten des konservativen Männervereins nicht gewollt ist, überraschte freilich niemanden. Doch dass Serge Wilmes seinem Kontrahenten Laurent Zeimet so deutlich unterlegen ist (38,5% gegenüber 61,4% im zweiten Wahlgang), spricht Bände. Wilmes gehört – ob nun aus Karrierebewusstsein oder wirklicher Überzeugung – ähnlich wie Julie Wieclawski zu der jungen Garde der Partei, die sich auf einer forum-Table-Ronde unmittelbar nach den Wahlen dezidiert für eine Reform der Parteistrukturen, eine Abnabelung von der Vaterfigur Juncker und mehr Streitkultur ausgesprochen hatten – ähnlich wie im Übrigen der neue CSJ-Präsident Charel Hurt anlässlich eines RTL-Interviews unmittelbar vor dem Parteitag. Diese kritischen Töne innerhalb der CSV wurden auf dem Parteitag unterdrückt. Stattdessen scheint man ähnlich wie einst Ende der 1950er Jahre im Nachkriegs-Deutschland mit Adenauer noch immer auf „eiser aller Jean-Claude“ zu setzen (O-Ton Viviane Reding in ihrem flammenden EU-Plädoyer). Keine Experimente! lautet die Devise, indes man darauf pocht, man sei eine Werte-Partei. Es hätte keiner offiziellen Presseerklärung von Alex Bodry bedurft, damit jedem klar wird, dass die CSV mit Marc Spautz als Wolter-Nachfolger auf Kontinuität setzt und die Chance zur Erneuerung verpasst hat. Dieser war denn auch sichtlich darum bemüht, den altbewährten Werte-Diskurs fortzuführen. In einem Interview mit der Revue versicherte Spautz, die Modernisierung, die nun eingeleitet worden sei, würde fortgesetzt. Nur, welche Modernisierung?
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