Das Projekt Partizip 2 erforschte in den vergangenen Jahren Ursachen, Formen und Grenzen gesellschaftlicher Partizipation in Luxemburg und seinen Nachbarregionen von den 1930er Jahren bis zum Ende der 1970er Jahre. Es ging den historischen Wurzeln der Spaltung der luxemburgischen Gegenwartsgesellschaft, aber auch Phänomenen nationaler Konsolidierung nach.

Foto: Cayambe / Wikimedia
Die Abschlusstagung des Projekts, das im Januar 2015 endet, wendet unter dem Titel „Staat, Gesellschaft und Demokratisierung“ den Blick auf die Kräfte und Dynamiken, die zur Festigung bzw. Erschütterung der gesellschaftlichen Kohäsion im Luxemburg des „kurzen 20. Jahrhunderts“ beigetragen haben. So hat der britische Historiker Eric Hobsbawm die Epoche bezeichnet, die durch den Ersten Weltkrieg eingeläutet wird und mit dem Fall der Berliner Mauer als Symbol für eine abermalige grundlegende Neuordnung der Welt endet.
Globalgeschichtlichen Phänomenen wie Demokratisierung und Nivellierung der Klassenunterschiede stehen in diesem Zeitraum autoritäre Tendenzen und Ausschließungsmechanismen entgegen. Unter Bezug auf verschiedene Gruppen der Luxemburger Bevölkerung untersucht die Tagung spezifische gesellschaftliche Entwicklungen und bringt diese in einen regionalen, europäischen und internationalen Zusammenhang ein. Dadurch wird deutlich, inwiefern die Geschichte des Landes spezifisch luxemburgisch war bzw. inwiefern die hiesige Entwicklung im europäischen Kontext als exemplarisch gelten kann. Die Konferenz untersucht jedoch nicht nur historische Entwicklungen, sondern auch, wie es heute, nach der vermeintlichen Zeitenwende, die das Ende des „kurzen Jahrhunderts“ benennt, um demokratische Partizipation und deren Grundlagen in Luxemburg und Europa bestellt ist. Darüber soll nicht zuletzt eine Diskussionsveranstaltung Auskunft geben.
Donnerstag, 27. November 2014
15.00 Panel 1: Herausforderungen der Demokratisierung: Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit
15.10 „Der Kultus der Inkompetenz“ – Parlamentarismuskritik in der Zwischenkriegszeit (Michel Dormal)
15.30 Anarchisme(s) dans l’entre-deux-guerres. Contre le fascisme, le communisme… et la démocratie parlementaire (Fréderic Krier)
15.50 La communaute organique comme rempart. La structure familiale traditionnelle, la modernisation et les crises des années 1930 au Luxembourg (Vincent Artuso)
16.10 Flüchtlingsströme, Antisemitismus und Geselligkeit – Jüdisches Leben im Spiegel administrativer Dokumente des Stadtarchivs Luxemburg (Evamarie Bange)
16.30 „Und darin fühlen totsicher die alteingesessenen luxemburger Juden parallel mit ihren arischen Mitbürgern.“ Die Abwehr jüdischer Einwanderung in den 1930er Jahren als Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus (Marc Gloden)
16.50 La participation politique des Juifs aux élections (communales) au Luxembourg dans l’entre-deux-guerres (Daniel Thilman)
17.10 Diskutant: Denis Scuto, Uni Luxemburg
19.00 Auftaktveranstaltung
Begrüßung / Einführung: Georg Mein, Dekan, Uni Luxemburg, Marc Schiltz, Fonds national de la recherche, Norbert Franz, Co-Projektleiter Partizip 2
Eröffnungsvortrag: Postsouveräne Nation und die Gesellschaft Europas: Ulrich Bielefeld, Hamburger Institut für Sozialforschung
Freitag, 28. November 2014
09.30 Panel 2: Vom Nationalismus zur Staatengemeinschaft: Krieg, Kolonialismus, Globalisierung, Solidarität
09.30 La position des associations d’anciens résistants face au militarisme, impérialisme et pacifisme de 1945 à nos jours) (Elisabeth Hoffmann)
09.50 La fin de l’époque coloniale au Luxembourg : les relations du Grand-Duché avec les pays du Tiers-Monde au tournant des années 1960 (Régis Moes)
10.10 Le mouvement de solidarité avec le Nicaragua sandiniste. A la recherche d’une démocratie plus participative (Charel Roemer)
10.30 Du bassin minier au monde financier : le Luxembourg change de profil (Laurent Moyse)
10.50 Luxembourg : La Banque d’un monde qui change. L’essor de la place financiière dans un contexte de transformation de l’ordre économique d’après-guerre (Vincent Artuso)
11.10 Diskutant: Claude Wey, Musée national d‘histoire naturelle
14.00 Panel 3: Trauma, Wandel und Erinnerung
14.00 Die Erinnerung an den Fall Gelb im Luxemburger Wort (Benno Schulz)
14.20 Der Umgang mit der Shoah im Nachkriegs-Luxemburg (Renée Wagener)
14.40 Mal Blumenstrauß, mal Handschellen. Determinanten für gesellschaftliche Teilhabe und Nichtteilhabe luxemburgischer und ostbelgischer Wehrmachtsoldaten im Spiegel ihrer Heimkehrerschicksale (Peter Quadflieg)
15.00 Politische Teilhabe durch Geschichtspolitik „von unten“? Die Organisationen ehemaliger „Zwangsrekrutierter“ in Luxemburg und Ostbelgien (Eva Klos)
15.20 „Meng Boma war Hausfra, wéi dat eben deemools war“ − Vergangenheitsvorstellungen von weiblichen Lebensläufen (Sophie Neuenkirch)
15.40 Diskutantin: Elisabeth Boesen, Uni Luxemburg
17.30 Rundtischgespräch: Gesellschaftliche Partizipation und die Realisierung der Demokratie heute
Gäste: Laura Zuccoli, Präsidentin der Asti; Alex Bodry, Präsident der Verfassungskommission; Jean-Paul Lehners, Co-Projektleiter Partizip 2; Michel Dormal, Politologe, Uni Trier; Luc Heuschling, Rechtswissenschaftler, Uni Luxemburg.
Moderation: Renée Wagener, Uni Luxemburg (Die Veranstaltung findet auf Luxemburgisch statt.)
Samstag, 29. November 2014
10.00 Panel 4: Konsolidierung, Krise, Nationalismus
10.00 Nation und Biopolitik. Annäherungen an die Problematisierung der Prostitution während der Zwischenkriegszeit (Heike Mauer)
10.20 Die Schule der Nation. Identität und Schulgeschichte in Luxemburg zwischen 1944 und 1979 (Thomas Lenz)
10.40 (Trans-)Nationale Inklusion durch Schule von Kindern portugiesischer Arbeitsmigranten in Luxemburg in den 1970er Jahren (Thierry Hinger)
11.00 Nationalsprache und nationale Identität. Die Debatten im Vorfeld des Sprachengesetzes (1974-1984) (Fernand Fehlen)
11.20 Europäische Zusammenarbeit und demokratische Emanzipation in Luxemburg (Ben Fayot)
11.40 Diskutant: Ulrich Bielefeld, Hamburger Institut für Sozialforschung
12.00 Diskussion Praktische Hinweise
Interessierte werden gebeten, sich bis zum 21. November 2014 anzumelden. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Konferenzsprachen sind Französisch und Deutsch.
Veranstaltungsort: Centre culturel de rencontre Neumünster (CCRN), Luxembourg. 28, rue Münster, L-2160 Luxembourg www.ccrn.lu
Veranstalter: FNR-Projekt „Gesellschaftliche Partizipation und Identitätsbildung. Der Kampf um politische, wirtschaftliche und kulturelle Teilhabe in Luxemburg im europäischen Zusammenhang von den 1930er Jahren bis 1980.“
(Partizip 2) der Universität Luxemburg.
Kontakt und Anmeldung:
colloque@uni.lu
Thorsten Fuchshuber Coordinateur du Projet Partizip 2,
partizip.uni.lu