CSV: Die Mühen der Opposition

Gleich zweimal hat die CSV diese Woche kurzfristig die Presse geladen, um ihren Unmut über die den Umgang der Regierung mit der Oppositionspartei zum Ausdruck zu bringen.

Die CSV beschwert sich die blau-rot-grüne Regierung verweigere sich mit dem Argument der noch andauernden Koalitionsverhandlungen jeder Zusammenarbeit mit dem Parlament.

Zunächst gefiel es den Christsozialen nicht, dass während der laufenden Brexitverhandlungen keine ordentlichen Plenarsitzung abgehalten, sondern lediglich ein Hearing hierzu veranstaltet wurde.

Am Mittwoch waren es dann die wirtschaftspolitischen Sprecher*innen Diane Adehm und Laurent Mosar, die ihren – teilweise emotional kaum gebändigten – Groll vor allem an Wirtschaftsminister Schneider (LSAP) abließen. Sie beriefen sich dabei auf eine Reihe von parlamentarischen Anfragen, die verschiedene Mitglieder ihrer Fraktion gestellt hatten und die nicht, beziehungsweise unzulänglich, beantwortet wurden. Es ging um das Dossier „Planetary Ressources Incorporated“ (PR) und um die Postbeteiligung an „Join“.

Nichtoder schlecht beantwortete parlamentarische Anfragen gibt es seit jeher – auch schon zu Zeiten als die CSV diesen Staat noch federführend leitete – es sei denn, sie werden von eigenen Leuten vorbestellt, um dem einen oder der anderen Minister*in die Möglichkeit zu bieten, sich für eine bestimmtes Vorhaben selbst auf die Schulter klopfen zu können.

Anfragen von Oppositionsabgeordneten sind in der Regel nicht so angenehm, doch umso wichtiger um die Kontrollarbeit des Parlamentes zu untermauern.

Was die von der CSV angesprochenen Affären anbelangt, scheint Schneider tatsächlich mit dem Feuer zu spielen. Statt umfassend, schriftlich auf die Anfragen der CSV zu antworten, gibt er medienwirksam die eine oder andere Zusatzinformation über die Mikrofone der audiovisuellen Medienkolleg*innen zum Besten.

Das erhöht nicht gerade seine Glaubwürdigkeit. Deshalb hat Laurent Mosar sich – oder eine*n der CSV-Mitarbeiter*innen – auferlegt selber etwas mehr über die bankrotte Firma PR herauszufinden um zu verstehen, weshalb der Staat, oder genauer die staatliche Investitionsgesellschaft SNCI, 13 Millionen Euro in den Sand gesetzt hat.

Sitz in Delaware

Jetzt da die Information verfügbar ist, dass diese ko(s)mische Firma im Steuerparadies Delaware beheimatet ist, spielt Schneider diese herunter: Auch Dupont de Nemours sei in dem US-Staat zu Hause. Allerdings verfügt der Weltkonzern dort über etwas mehr als nur einen Briefkasten.

Was auch die CSV nicht eruieren konnte, ist das eigentliche Geschäftsfeld, das PR ausfüllen wollte und wer der ominöse Investor gewesen sein soll, der sich am Ende zurückgezogen hat und somit das ganze Konstrukt zusammenfallen ließ. 13 Millionen Einlagen des Staates sind damit futsch, was für einen Investor, der bei zig anderen Investitionen Gewinne einstreichen kann, nichts Außergewöhnliches wäre. Doch soll der Staat sich an Risikokapitalinvestitionen beteiligen? Eine Frage die Schneiders Genoss*innen wohl weitaus mehr beschäftigen dürfte, als den CSV-Abgeordneten. Es wirkt ebenfalls etwas gekünstelt, wenn sich der letzte Mohikaner des luxemburgischen Steuergeheimnisses und des an von Briefkastenfirmen gesegneten Finanzplatzes alter Machart über Delware als Standort einer Firma aufregt.

Dennoch täte Schneider besser daran, die PR-Geschichte von Anfang an und im Detail zu erzählen. Geschäftsgeheimnisse gibt es ja keine mehr zu verbergen, jetzt wo es kein Geschäft mehr gibt. So lange er nur polemisiert, wird an ihm der Makel eines riskanten und inkompetent eingefädelten Deals haften bleiben – oder sich so oder so eines Tages als Fakt erweisen.

Post spielt Risiko

Die Join-Affäre, die vor allem Diane Adehm thematisiert hat, dürfte Schneider weniger Kopfzerbrechen bereiten – obwohl auch er als „ministre de tutelle“ für das Staatsunternehmen Post verantwortlich zeichnet und hier der Gesamtverlust nach Lesart der CSV bei gut 100 Millionen liegen dürfte.

Dass das ursprüngliche Geschäftsmodell von Join, nämlich durch kostenloses Roaming besonders in der Großregion viele Frontaliers für sich zu gewinnen, mit der europaweiten Abschaffung der Roaminggebühren hinfällig wurde, war zumindest in seiner Kurzfristigkeit nicht unbedingt vorauszusehen, wirkt trotzdem recht amateurhaft. Doch abgeschrieben hat die Post die 100 Millionen noch nicht: Die Join-Kunden sind zwar nicht so zahlreich, wie einmal erhofft. Aber sie spielen immer noch Geld in die Kassen der Post, die ja ihre Infrastruktur an Join vermietet.

Die Post gehört zwar dem Staat, doch operiert sie seit der durch die EU forcierte Postliberalisierung durchaus als kommerzielles Unternehmen, das sich mit einem gewissen Appetit ganze Firmen einverleibt und ständig neue Geschäftsfelder erforscht um das eigene Wachstum in Gang zu halten (und die eine oder andere Pleite möglichst schnell in Vergessenheit geraten zu lassen).

Der aktuelle Generaldirektor Claude Strasser wurde von Wirtschaftsminister Etienne Schneider berufen – allerdings 2012, also noch zu CSV-LSAP-Koalitionszeiten. Seinerzeit wurde laut darüber diskutiert ob Strasser denn nun ein oberster Funktionär eines Staatsbetriebes sei oder aber als CEO eines privatwirtschaftlich operierenden Großbetriebes walten konnte. Zumindest symbolisch wurde die Frage beantwortet: Nach der Verabschiedung des neuen Postgesetzes ist Strasser seit Mitte 2016 alleiniger Chef nicht mehr nur Mitglied einer kollegialen Direktion, und somit für die Entscheidungen, die im Rahmen seines Auftrages liegen, allein verantwortlich.


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