Festival: Queer Little Lies

Das Theaterkollektiv Independent Little Lies (ILL) lädt dieses Wochenende zur dritten Ausgabe seines Festivals Queer Little Lies ein. Das Programm im Überblick.

Die Kölner Kingz of Pop spielen am Samstagabend im Bâtiment 4 mit Geschlechternormen und Klischees – Lacher sind garantiert! (Copyright: Mirjam Müllen)

2018 feierte die Biennale Queer Little Lies (QLL) Premiere im Escher Theater, die zweite Edition stand im Schatten der Corona-Pandemie und kam mit einem reduzierten Programm daher. Dieses Jahr wechselt das Festival des Theaterkollektivs ILL den Schauplatz: Ein Großteil der Veranstaltungen findet nicht mehr im Escher Theater, sondern im kürzlich bezogenen Hauptquartier des Kollektivs statt, dem Bâtiment 4 in Esch. Dort gibt es zwar keine große Bühne, dafür aber ausreichend Platz für queere Künstler*innen, partizipative Projekte und Karaoke.

Den Anfang macht jedoch ein Vortrag in der Escher Bibliothek: Sophie Labelle, französisch-kanadische trans Autorin, spricht am Freitag, dem 25. November ab 19 Uhr über Kunst und Aktivismus. Labelle wurde 2014 durch ihren Webcomic „Assigned Male“ bekannt, in dem sie ihre Erlebnisse als trans Frau schildert. Einige der Bildgeschichten sind auf assignedmale.tumblr.com aufrufbar. Dort reagierte die Autorin erst kürzlich auf die Schießerei im queeren Club Q im amerikanischen Colorado Springs, bei der am 19. November fünf Menschen ums Leben kamen und mehrere Personen schwer verletzt wurden. „Today we mourn. Tomorrow, we shine the brightest and loudest we can“, schreibt Labelle in ihrem Beitrag. Neben dem fortlaufenden Webcomic hat Labelle mehrere Kinderbücher, Romane und weitere Comics, die sich mit Gender beschäftigen und den Alltag von trans Personen thematisieren, publiziert. Unter serioustransvibes.com sind ihre bisherigen Publikationen zu finden. Labelle stellt sich im Anschluss ihres Vortrags Fragen der Besucher*innen. Die Anmeldung zur Veranstaltung erfolgt per Mail an events.bibliotheque@villeesch.lu.

Mit Kingz bis zum Sonnengruß

Der Umzug ins Bâtiment 4 erfolgt am Samstag: Stephanie Weber, Gender- und Medienpädagogin, bietet dort den „She’s the man* Boygroup“-Workshop an. In über vier Stunden sollen mindestens zwei Boybands entstehen, die am Abend ab 19:30 Uhr gegeneinander antreten. Das Publikum entscheidet, wer beim „Lip Sync Battle“ die beste Performance abliefert. Was nach Klamauk klingt, ist in Wahrheit eine Auseinandersetzung mit Geschlechterperformance. Auf der Internetseite zum Festival steht, Ziel des Workshops sei es, „Geschlecht zu dekonstruieren und (…) das eigene Verhaltensspektrum zu erweitern“. Weber beschäftigt sich seit vielen Jahren auf theoretischer und praktischer Ebene mit Drag. Sie gibt den Teilnehmer*innen Fakten- und Hintergrundwissen mit auf den Weg, genauso wie Tipps zur Gestik und Mimik zur Inszenierung am Abend. Der Workshop beginnt um 14 Uhr, eine Anmeldung per Mail an xxyz.luxembourg@gmail.com ist erforderlich.

Nachdem die frisch gebackenen Boybands die Bühne am Samstag verlassen haben, treten um 20 Uhr die Kölner Kingz of Pop auf. Weber ist Teil des Ensembles und tritt unter dem Namen Hans Schwanz als Drag King auf (An.d.R.: Bühnenrolle, in der bestimmte Arten von Männlichkeit überspitzt oder persifliert dargeboten werden). Hinzu kommen die Drag Kings George Clownie und Magic Mike. Wer Lust auf einen Vorgeschmack hat, wird auf Youtube fündig: Unter „She’s the man* Drag King Workshop“ sind Performances der Kingz of Pop sowie Eindrücke aus den Workshops zu finden. Auf die Kingz of Pop folgt eine Soloshow von Victor LeMaure: LeMaure hat sich in der Pariser Dragszene einen Namen gemacht und präsentiert ab 21 Uhr in Esch eine neue Show, die Genderstrukturen ins Wanken bringt. Besucher*innen, die danach selbst zum Mikrofon greifen wollen, kommen bei der anschließenden Karaokeparty auf ihre Kosten: Ab 22 Uhr können sie Balladen schmettern.

Weiter getanzt wird am Sonntag: Fernando López, Choreograf und Tänzer, führt von 11 bis 16 Uhr in einem Workshop in die Kunst des Flamenco ein. López, der mit Anfang dreißig bereits auf eine erfolgreiche akademische und tänzerische Karriere zurückblickt, hat sich in seinem Heimatland Spanien am Lehrstuhl für Flamenco-Studien in Jerez weitergebildet. Im Mai diesen Jahres sprach López bereits beim „ARTraverse-FLAMENCOtre“ des Circulo Cultural Español Antonio Machado in der Escher Kulturfabrik über Genderfragen im Flamenco und führte in einem eigenen Auftritt vor, wie er die Themen inszeniert. Am Sonntag teilt er seine Expertise mittels theoretischer Ausführungen und praktischer Übungen.

Später findet die Theaterkonferenz von Malou Estenne, Kulturproduzentin und Mitglied des multidisziplinären Kollektivs Transtopie, die das QLL um 17 Uhr abschließt. In „Born to be Queer“ erzählt sie ein Coming-out nach und spricht über den Kampf gegen Homofeindlichkeit. „La conférence souhaite expliquer comment le mot “QUEER” comme autodéfinition des mouvements de minorités sexuelles et de genre, sait aujourd’hui englober tous les questionnements autour de l’orientation sexuelle et de l’identité de genre“, heißt es im Ankündigungstext zur Veranstaltung. Die hybride Vortragsform soll die künstlerische Auseinandersetzung mit der sachlichen Aufarbeitung des Themas verknüpfen. Estenne gibt dabei Auskunft über ihre Erfahrungen als Aktivistin für die Rechte von LGBTI+-Menschen.

Neben dem Trubel bleibt beim QLL aber auch Raum für Entspannung – und zwar im Zuge von zwei Yoga-Sessions mit Maura Explorer. Am Freitag, von 13 bis 14 Uhr, sowie am Samstag, von 10 bis 11 Uhr, lädt die Yogalehrerin zu Kursen ein. Vorkenntnisse sind nicht nötig und die beiden Kurse stehen explizit allen Menschen offen, unabhängig von Alter, Körperform und Fitness. Der Eintritt zu allen Events ist frei. Falls nicht anders angegeben, ist eine Anmeldung per Mail an sandy@ill.lu erforderlich.

Wer mehr über die Hintergründe des Festivals sowie über queere Kultur in Luxemburg erfahren will, sollte sich die aktuelle Episode des Kulturpodcasts „Um Canapé mat der woxx“ anhören: Dort unternimmt Sandy Artuso, Mitbegründerin des QLL und langjähriges Mitglied des ILL, einen Rückblick auf die vergangenen Ausgaben des Festivals, untersucht die Weiterentwicklung queerer Kultur in Luxemburg seit 2018 und dekonstruiert Aussagen des politisch rechten Spektrums zu Aktivismus in der luxemburgischen Theaterszene. Der Podcast ist auf woxx.lu und auf gängigen Streamingplattformen zu finden.

Queer Little Lies, 25. – 27. November in der 
Escher Bibliothek (26, rue Emile Mayrisch, 
4240 Esch-sur-Alzette) und im Bâtiment 4 
(66, rue de Luxembourg, 4149 Esch-sur-Alzette). Weitere Informationen auf queerlittlelies.lu.

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