Am Ende ihrer zweiten Mandatszeit lässt die Ministerin für Gleichstellung von Frauen und Männern immer noch weder eine Strategie noch ein Bewusstsein für strukturelle Probleme erkennen. Vor allem an ihren Bemühungen, die Genderparität in der Politik zu erhöhen, wird das deutlich.
Anlässlich einer Pressekonferenz gab Innenministerin Taina Bofferding am Mittwoch Details zu den Gemeindewahlen. Das letzte Drittel ihrer Ausführungen widmete sie, die neben ihrem Mandat als Innenministerin auch für die Gleichstellung von Frauen und Männern zuständig ist, dem ungleichen Geschlechterverhältnis in der Politik.
Nur 26 Prozent der Mandatsträger*innen in Luxemburger Gemeinderäten sind Frauen. Damit hat sich das Geschlechterverhältnis nur unwesentlich im Vergleich zu den vorherigen Legislaturperioden verbessert. Es bedarf daher keiner aufwendigen Analyse, um zur Erkenntnis zu kommen, dass die bisherigen Maßnahmen keinen nennenswerten Effekt gehabt haben.
Zu einer solchen Selbsthinterfragung ließ sich Bofferding der Presse gegenüber freilich nicht hinreißen. Selbst auf das sonst für Regierungsmitglieder – vor allem jene der DP – so übliche Selbstlob verzichtete die Ministerin gänzlich: Keine ellenlange Aufzählung dessen, was seit 2018 passiert ist, um Frauen den Zugang zum politischen Engagement zu erleichtern.
Von der woxx danach gefragt, ob ihrer Meinung nach in dieser Legislaturperiode ausreichend getan worden sei, um Frauen privat zu entlasten – immerhin eine zentrale Voraussetzung für ein politisches Engagement – , reagiert Bofferding ausweichend. Sie selbst habe sich für eine Verlängerung des „Congé politique“ eingesetzt, das sei auch das einzige, was in ihrer Macht gelegen habe. Statt eines Fazits zog sie es vor, über die Zukunft zu sprechen. Es sei wichtig, den „statut de l’élu local“ einzuführen, um Kommunalpolitiker*innen arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.
Es fehlt der Blick für das Ganze, ein ministeriumsübergreifender Ansatz.
Der Ansatz, mit Maßnahmen nicht nur Frauen zu visieren, ist durchaus sinnvoll. Frauen engagieren sich nicht deshalb weniger in der Gemeindepolitik, weil es ihnen aufgrund ihres Geschlechts an der entsprechenden Motivation mangelt. Sie mit spezifischen Videos und Weiterbildungen anzufeuern, erscheint vor diesem Hintergrund eher herablassend als hilfreich. Maßnahmen, die die Attraktivität von Kommunalpolitik insgesamt erhöhen, behandeln dagegen alle, unabhängig von ihrem Geschlecht, als ebenbürtig.
Womit Bofferding allerdings daneben liegt, ist, dass die Förderung des lokalen Engagements zwangsläufig auf diesen Kontext abzielen muss. Dass Frauen sich weniger engagieren und Wähler*innen ihre Stimmen mehrheitlich männlichen Kandidaten geben, hat immerhin strukturelle Ursachen, die weit über die Gemeinden hinausgehen. Eine davon ist der Umstand, dass Frauen im Haushalt der Großteil der Care-, Putz- und Organisationsarbeit zukommt. Die Arbeitszeit verkürzen, das Angebot an Kinderbetreuungsstrukturen ausbauen, flexible Arbeitszeiten einführen, den Ausbau sanfter Mobilität veranlassen, Führungsposten in Teilzeit ermöglichen, zusätzliche Anreize schaffen, damit Väter in Elternzeit gehen: Das alles sind Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Frauen mehr Zeit für Freizeitaktivitäten bleibt.
Dass Bofferding bei ihrer Antwort auf die Frage der woxx keine einzige solche Maßnahme aufzählte, liegt nicht daran, dass in den letzten fünf Jahren keine solche erfolgt wäre: Nur nimmt sie diese offenbar nicht in dem Sinne wahr. Es fehlt der Blick für das Ganze, ein ministeriumsübergreifender Ansatz.
Bezeichnend dafür war am Mittwoch Bofferdings Aussage, sich für Geschlechterparität in der Politik einzusetzen, habe nichts mit Ideologie, sondern mit Repräsentation zu tun. Genau das aber ist das Problem: Unideologisch handeln heißt nichts anderes, als kein klares Ziel zu verfolgen. Es heißt, wie das Mega, Maßnahmen umzusetzen, die sich keiner kohärenten Leitlinie zuschreiben lassen. Ein bisschen mehr Ideologie täte dem Mega durchaus gut.