Seit Jahren entziehen sich Medien ihrer Verantwortung, und verharmlosen und normalisieren damit faschistische Positionen. Das muss sich dringend ändern.

Eine klare antifaschistische Einstellung stünde auch vielen Luxemburger Medien gut. (© Johnny Silvercloud – Smash the Alt-Right, CC BY-SA 2.0/Wikimedia)
Acht Jahre sind seit dem ersten Wahlkampf und -sieg Donald Trumps vergangen. Viel Zeit, um zu lernen, wie Medien mit Populist*innen umgehen sollten und wie steigende faschistische Tendenzen einzuordnen sind – doch die meisten Medien haben nichts aus all den Jahren gelernt. Dies bewies der vergangene Dienstag sehr gut, nachdem Milliardär und Trump-Berater Elon Musk bei einer Party zur Amtseinführung des US-Präsidenten den Hitlergruß zeigte. Viele Medien schrieben daraufhin lediglich, er habe mit einer „Geste irritiert“. Und zitierten in der nächsten Meldung Musks Reaktion Wort für Wort. Kontext, wie Musks Unterstützung der rechtsextremen AfD oder sein Provozieren mit rechtsextremen Symbolen wie „Pepe the Frog“ vor Kurzem, wurde nicht geliefert.
Auch die ersten Dekrete des neuen US-Präsidenten wurden von vielen Medien einfach wiedergegeben, ohne dass eine Einordnung vorgenommen wurde. Dies, obwohl viele dieser „executive orders“ juristisch nicht wasserdicht sind und Menschenrechte verachten. Dadurch normalisieren Medien die klar rechtsextremen Positionen und Maßnahmen Trumps, wie etwa Massendeportationen oder Eingriffe in die Selbstbestimmung von trans Personen.
Mit von der Partie sind auch Medien in Luxemburg. Vergangene Woche schrieb eine gewisse Jugendpartei einen offenen Brief an den Parlamentspräsidenten, er möge doch Elon Musk in die Chamber einladen. Ein sehr durchschaubarer Versuch, ins Gespräch zu kommen, der jedoch aufging. Sowohl RTL als auch Radio 100,7 berichteten ohne jegliche kritische Einordnung über diesen „Vorschlag“. Denn die Verantwortlichen in den Redaktionen wissen: Meldungen über Musk bringen Klicks, Meldungen über Musk in Luxemburg bringen noch mehr Klicks. Wie sehr damit die Normalisierung faschistischer Ansichten vorangetreiben wird, interessiert sie nicht.
Wenn Menschenrechte in Frage gestellt werden, kann es keine „journalistische Neutralität“ geben.

(Foto: public domain/gemeinfrei)
Nächste Woche steht für Luxemburgs Medien eine erneute Feuerprobe bevor: Am 28. Januar wird im Parlament über zwei Petitionen diskutiert. Eine fordert, sämtliche LGBTIQA-Inhalte von minderjährigen Schüler*innen fernzuhalten, eine andere fordert, dass mehr solcher Inhalte im Schulprogramm verankert werden. Da das Thema ohnehin für viele Klicks sorgt, werden sicher viele Medien über die Diskussionen berichten. Aber werden sie es vermeiden, über die erste Petition zu berichten, als handele es sich dabei um eine „normale“ politische Position? Die Forderung, Kinder über die Existenz von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, trans und inter Personen zu belügen, ist das nämlich nicht.
Manche Journalist*innen berufen sich gerne auf Neutralität und Balance, um unkritische Berichterstattung zu verteidigen. Doch allzu oft handelt es sich hierbei um eine „falsche balance“. Die hat schon bei der Berichterstattung über die Klimakrise dazu geführt, dass die Öl- und Gaslobby ihre Position als „unterdrückte Meinung“ präsentieren konnte. Auch Rechtsextreme schreien gerne, sie würden von den „Mainstreammedien“ unterdrückt, wenn ihre Aussagen kritisiert oder auch nur kontextualisiert werden. Als Reaktion der Medien darauf werden sie öfters eingeladen und ihnen eine ungefilterte Bühne geboten. Angesichts der Bedrohung, die damit nicht nur einer freien Presse, sondern der gesamten Demokratie entgegensteht, ist dies besonders naiv.
Interessanterweise hat ausgerechnet „die Zeit“ – die sich in den letzten Jahren nicht unbedingt als das progressivste Medium hervorgetan hat – aufgezeigt, wie ein guter Umgang mit solchen Aktionen aussieht: Sie hat Musks Geste als das benannt, was sie war: den Hitlergruß. Und hat seinen ausgestreckten Arm vom Bild abgeschnitten. Das ist der einzige richtige Umgang mit Faschist*innen: Ihre Bildsprache nicht weiter verbreiten, klar benennen, was sie sagen und tun, und deutlich erläutern, was ihre Handlungen im Endeffekt bedeuten. Denn wenn Menschenrechte in Frage gestellt werden, kann es keine „journalistische Neutralität“ geben. Macht der reichste Mensch der Welt den Hitlergruß, so kann man nicht „balanciert“ darüber schreiben. Wer das versucht, macht sich damit zum Steigbügelhalter der Faschist*innen.