Der investigative, hochspannende Podcast „The Dropout“ geht der Frage nach, wie die frühere Unternehmerin Elizabeth Holmes sowohl Investor*innen als auch Patient*innen 13 Jahre lang hinters Licht führen konnte.
Wie viele Silicon-Valley-Titane war Elizabeth Holmes gut darin, einen Mythos um ihre Person zu spinnen: Nachdem sie bereits in der Schule als überdurchschnittlich fleißig und ehrgeizig herausstach, brach sie 2003 mit 19 Jahren ihr Studium an der Stanford University ab, um das Startup-Unternehmen Theranos zu gründen. Ihr Plan: Eine Maschine entwickeln, die anhand eines einzigen Tropfen Bluts hunderte Krankheiten erkennen kann. Bluttests, so versprach Holmes, sollten unkomplizierter, zugänglicher und günstiger werden als je zuvor.
Investor*innen waren von Holmes‘ selbstbewusstem Auftreten und ihrer vielversprechenden Vision begeistert. Die ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger und George Shultz saßen im Aufsichtsrat des Unternehmens. Wenige Jahre später wurde Theranos von Forbes auf neun Milliarden US-Dollar geschätzt. Holmes galt als die jüngste Selfmade-Milliardärin aller Zeiten.
Doch dann erschien im Oktober 2015 ein Artikel im Wall Street Journal, in dem der Wahrheitsgehalt von Holmes’ Behauptungen hinterfragt wurde. Theranos könne nicht nur sehr viel weniger Tests durchführen, hieß es im Artikel, die meisten davon seien auch noch fehlerhaft. Hatte Holmes ihrem Erfolg zuliebe in Kauf genommen, dass Patient*innen falsche Testergebnisse erhielten? Auf den Artikel folgte eine Reihe von Enthüllungsberichten und Ermittlungen, Investor*innen sprangen ab, 2018 wurde Theranos aufgelöst. Und nun, im Herbst 2021 beginnt der Prozess gegen Holmes und den ehemaligen Theranos-Manager Ramesh Balwani.
Aus dem skandalösen wie kuriosen Fall sind mittlerweile zahlreiche Bücher, Filme und Podcasts hervorgegangen oder noch in Planung. Eine dieser Produktionen ist der 2019 gestartete investigative Podcast „The Dropout“ von ABC Audio. Während sechs Folgen von je 40 Minuten rekonstruieren die Macher*innen den vermeintlichen Aufstieg von Holmes bis zu ihrem tiefen Fall. Dank der vielen Interviewpartner*innen, die von Wissenschaftler*innen und Journalist*innen bis hin zu früheren Mitarbeiter*innen reichen, und Archivmaterial, auf dem auch Holmes und Balwani zu hören sind, gibt der Podcast einen ebenso spannenden wie aufschlussreichen Überblick.
Wer die Folgen von 2019 gehört hat oder den Fall bereits kennt, kann sich jetzt über eine Fortsetzung freuen. Gegenstand dieser ist der Prozess gegen Holmes, der am 31. August begonnen hat. Es geht dabei nicht so sehr darum, nachzuweisen, dass Investor*innen und Kund*innen durch Theranos zu Schaden gekommen sind: Damit Holmes verurteilt wird, müssen alle zwölf Geschworenen davon überzeugt sein, dass dies auch Holmes’ Intention war. Das wird nicht einfach sein, denn die mittlerweile 37-Jährige beteuert ihre Unschuld: Sie habe nicht gewusst, dass die Theranos-Technologie nicht funktioniere und sei von Balwani manipuliert und misshandelt worden. Bisher wurden sechs Folgen von „The Dropout: Elizabeth Holmes on Trial“ veröffentlicht.
Das Urteil wird vor allem deshalb mit Spannung erwartet, weil es als Präzedenzfall gilt: Wird Holmes schuldig gesprochen, könnte dies ein Umdenken im Silicon Valley zur Folge haben. Bleibt sie dagegen unbestraft, würde dies das Silicon Valley-Mantra „Think big! Think different! Move fast and break things!“ wahrscheinlich nur zusätzlich befeuern.
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