Presse unter Druck: Eine alte Debatte

Printmedien sehen unsicheren Zeiten entgegen, das gilt als Binsenwahrheit. Ob die geplante Pressehilfe wirklich Abhilfe schafft, ist jedoch fragwürdig.

Foto: Christian Mosar/woxx 1192

Vor ziemlich genau acht Jahren organisierte die woxx unter dem Titel „Presse unter Druck“ eine table ronde über die Zukunft der Luxemburger Medienlandschaft unter Mitwirkung des damaligen Medienministers François Biltgen (CSV). Fazit: Das Geschäftsmodell der klassischen Presse, die sich über Anzeigen und Abonnements finanziert, war dabei, zunehmend in Schieflage zu geraten. An sich nichts Neues, denn schon seit den 1970er-Jahren werden die (gedruckten) Luxemburger Medien wegen der aufkommenden Fernsehkonkurrenz mit staatlichen Zuschüssen am Leben gehalten.

Die 2012 noch etwas junge „Konkurrenz“ des Internets zwang erneut zum Umdenken. Das alte Pressehilfe-Modell war zudem in Verruf geraten, da es immer ungerechter wurde. Zum Zeitpunkt der Debatte wurden die staatlichen Gelder zu 85 Prozent an die beiden größten Verlagshäuser ausgezahlt.

Aber nicht Futterneid war Anlass der Debatte, sondern die Frage nach einem neuen Modell, das es erlaubt, Qualitätsjournalismus und Medienpluralismus auch im Zeitalter des Internets aufrechtzuerhalten. Dabei wurde deutlich, dass gedruckte Medien und das Internet durchaus komplementär zueinander stehen. Schon damals wurde angedacht, was sich heute bestätigt: Zeitungen, die es verstehen ihre Printausgaben und ihre Internetpräsenz miteinander zu kombinieren, kommen besser über die Runden, als solche die rein auf Print oder nur auf das Internet setzen.

Damals begann die woxx damit, ihr zweigleisiges Konzept „woxx.lu“ zu entwickeln, doch die vom Minister in der Debatte eingebrachten Reformüberlegungen fielen dessen Wechsel zum Europäischen Gerichtshof zum Opfer.

Als wenig später auch noch die schwarz-rote Koalition in die Brüche ging und das Mediendossier an den neuen Premier Xavier Bettel überging, wurde der Druck sogar noch verstärkt: Der „Zukunftspak“ sah vor, die staatlichen Avis, die einen nicht unwesentlichen Teil der Einkommen der Printmedien ausmachen, einfach abzuschaffen. Erst als die Verlagshäuser darauf hinwiesen, dass ihnen damit die Existenz entzogen würde, ruderte blau-rot-grün zurück und verhängte über diesen Teil des Sparpakets ein Moratorium, was allerdings nicht verhinderte, dass Zahl und Umfang der Avis sich beständig verringerten. Zudem wollte der neue Medienminister zwanzig Prozent der Printpressehilfe abzwacken, um sie Onlinemedien zur Verfügung zu stellen. Von Komplementarität keine Spur.

Am Ende eines verrückten Jahres bieten sich der Presse eher düstere Perspektiven.

Norbert Becker, Geburtshelfer der Dreierkoalition, musste als damaliger Vorsitzender des Journal-Verwaltungsrates „seinem“ Premier erst klarmachen, dass auch das ein Angriff auf die Existenz der gedruckten Medien und damit auf den Pressepluralismus bedeuten würde.

Darauf folgte eine provisorische Hilfe für „médias en ligne“, die so gestrickt ist, dass sie die Komplementarität quasi verbietet: Die Hilfe wird nur zugestanden, wenn die dafür herangezogenen Onlinebeiträge nicht auch noch in einer von der Printpressehilfe unterstützten Zeitung erscheinen. Das hat allerdings nicht verhindert, dass auch diese Hilfe fast ausschließlich den großen Verlagshäusern zugutekommt.

Mit der Deponierung einer Gesamtreform, kurz vor der Sommerpause, soll nun ein Paradigmenwechsel die Medienlandschaft auf neue Füße stellen: Unabhängig davon, ob es sich um Tages-, Wochen- oder Monatszeitschriften oder aber um Gratisblätter oder Onlinemedien handelt, soll die Pressehilfe nur noch aufgrund der Zahl der beschäftigten Journalist*innen vergeben werden. Dabei werden unterschiedliche Produktions- und Vertriebskosten erst gar nicht berücksichtigt. Mit dem Effekt, dass die klassischen Printmedien von allen Seiten in Bedrängnis geraten und – wie im Falle des „Journal“ – überlegen gänzlich online zu gehen.

Am Ende eines verrückten Jahres, das mit vielen Entlassungen auch bei den großen Verlagshäusern einherging, bieten sich der Presse eher düstere Perspektiven. Die neue Pressehilfe schreibt als ein wichtiges Vergabekriterium ein Minimum an Eigenmitteln vor. Genau die schwinden bei Printmedien aber zusehends – wenn zum Beispiel von staatlicher Seite eine großangelegte Covid-Anzeigenkampagne 24 Stunden vor Drucklegung einfach gecancelt wird.


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