Es ist ein nicht tot zu bekommendes Argument des bürgerlichen Lagers: Man müsse die Wähler*innen rechtsextremer Parteien ernst nehmen und ihnen in Punkten wie der Migrationspolitik entgegenkommen, um einen weiteren Aufstieg der Rechten zu verhindern. Eine soeben im „European Journal of Political Research“ erschienene Langzeitstudie zeigt einmal mehr: das Gegenteil ist der Fall. Zum einen profitieren rechtsextreme Parteien bei den Wahlen enorm, wenn „Mainstream-Parteien“ einzelne ihrer Argumente übernehmen, zum anderen sickert die rechtsextreme Agenda immer umfassender in die Programmatik der Parteien der Mitte ein. Die Studie hat die Entwicklung in Deutschland seit den 1990er-Jahren untersucht und kommt zu dem Schluss, dass insbesondere kulturelle Themen, die der extremen Rechten zuzuordnen sind, zunehmend die Kommunikation der Mainstream-Parteien prägen. Gerade in Fragen der Migration, Integration und des Rassismus näherten sich die Agenden der Parteien der Mitte und der extremen Rechten an. In Deutschland lässt sich das derzeit gut an der vom christdemokratischen Bundeskanzler Friedrich Merz losgetretenen „Stadtbild“-Debatte sehen. Hatte vor zwei Jahren ein Treffen Rechtsextremer in Potsdam zum Thema „Remigration“ noch bundesweit für Aufregung gesorgt, wird mittlerweile eifrig etymologische Forschung betrieben, um den Begriff zu legitimieren, der, wie es in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am vergangenen Donnerstag hieß, „von der AfD gekapert und ihr bereitwillig überlassen“ worden sei. Worte wie „Remigration“ oder „Stadtbild“ fungieren in den derzeitigen Debatten jedoch nicht als sozialwissenschaftliche Begriffe, sondern als kulturelle Codes, die das geneigte Publikum als „Ausländer raus“ zu dechiffrieren weiß.
Am Bistro mat der woxx #360 – Deux ans de gouvernement CSV-DP : Dialogue en panne
Techfirmen gaukeln uns vor, ihre Autos könnten autonom fahren – und die Regierung tut so, als ginge es ihr bei der Förderung autonomer Fahrzeuge um Verkehrspolitik.

