Eine Europäische Bürger*innen- initiative fordert eine Steuer für Superreiche. Für Luxemburg fehlen noch Unterschriften – liegt das an den vielen Millionär*innen im Land?
In Luxemburg gibt es etwa 47.000 „High Net Worth Individuals“. Damit sind Menschen gemeint, deren investierbares Vermögen sich – ohne Gebrauchsgüter, Kunstwerke und den Hauptwohnsitz – auf eine Million US-Dollar beläuft. Kurz könnte man auch einfach von Millionär*innen reden. Die Zahl stammt von der Beratungsfirma Capgemini, die jedes Jahr einen Bericht zur Verteilung des Reichtums veröffentlicht.
Während alle Millionär*innen Luxemburgs nicht einmal in Esch reinpassen würden, steigt gleichzeitig die Zahl der Menschen, die in Armut leben. Fast ein Fünftel der Bevölkerung, darunter 30.000 Kinder, ist von Armut betroffen und muss in prekären Verhältnissen leben. Wenn es nach der CSV-DP-Regierung geht, müssen sie halt warten, bis von dem gewaltigen Vermögen an der Spitze etwas heruntertropft. Der Staat unterstützt unterdessen Unternehmen bei der Suche nach „Talenten“ mit steuerlichen Vorteilen.
Diese Zahlen – auch zum Beispiel der Fakt, dass die reichsten zehn Prozent knapp die Hälfte des Gesamtvermögens besitzen – erschrecken, doch im weltweiten Vergleich ist das Vermögen in Luxemburg relativ „gleich“ verteilt. Die Geldtürme der meisten Millionär*innen sind nur Ameisenhaufen im Vergleich zu den Wolkenkratzern, die einige Milliardär*innen angehäuft haben. Seit 2020 hat sich das Vermögen der fünf reichsten Männer verdoppelt, gleichzeitig sind fünf Milliarden Menschen ärmer geworden. Die Macht dieser Menschen ist unvorstellbar, wie man alleine am Beispiel Elon Musk sieht, der sich X (ehemals Twitter) gekauft hat und nun alles dransetzt, die dort propagierten Meinungen nach seinem Gusto zu manipulieren.
Warum sollten wir Gier und verschwenderischen Lebensstil weiterhin belohnen, statt die Reichen dazu zu bringen, ihren gerechten Beitrag zu leisten?
Die Europäische Bürger*innen-initiative „Tax the Rich“ will dem Einhalt gebieten. Der Modus, den sie vorschlägt, ist eigentlich eine gute Nachricht für viele der 47.000 Millionär*innen Luxemburgs: Sie soll erst bei einem Vermögen ab fünf Millionen US-Dollar greifen und sogar gestaffelt sein. Trotzdem würden in der EU über 285 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen werden. Zum Vergleich: Die gesamten Ausgaben des luxemburgischen Staats lagen 2024 bei 26,7 Milliarden Euro. Die Einnahmen der Reichensteuer könnten die EU-Staaten gut gebrauchen: Sie könnten ein schnelles, modernes Schienennetz über den ganzen Kontinent bauen und damit Kurzstreckenflüge unnötig machen. Oder den Ausbau erneuerbarer Energien und die energetische Renovierung massiv beschleunigen.
Der Kampf gegen die Klimakrise braucht viele Investitionen – und es sollten jene zahlen, die überproportional Schuld daran haben. Superreiche haben in der Regel einen exzessiven Lebensstil und verantworten mit ihren Privatjets und Motoryachten viel mehr CO2-Emissionen, als normale Menschen es je könnten. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung verursacht über 70 Tonnen CO2 im Jahr, ein Vielfaches von dem, was mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar wäre. Warum sollten wir ihre Gier und ihren verschwenderischen Lebensstil weiterhin belohnen, statt sie dazu zu bringen, ihren gerechten Beitrag zu leisten?
Es gibt keinen guten Grund, die Petition „Tax the rich“ nicht zu unterschreiben – es sei denn, man hofft, selbst einmal reich zu werden. Das wird jedoch für die allermeisten auf immer ein Traum bleiben. Wer sich nicht dieser Hoffnung hingeben will, sollte die Initiative unterstützen. Eine Million Unterschriften werden insgesamt benötigt, außerdem muss in sieben Ländern ein Quorum erreicht werden. In Luxemburg liegt das bei etwas mehr als 4.200 Stimmen – ein Ziel, das erreicht werden sollte.