Saatgut: Syngenta zieht Patent auf Tomatensorte zurück

Patente auf Lebewesen sind heiß umstritten – nach einem Masseneinspruch von Organisationen und Bürger*innen beim Europäischen Patentamt hat der Saatguthersteller Syngenta sein Patent auf eine Tomatensorte zurückgezogen.

Tomaten aus dem Saatgut von Syngenta. Um welche Sorte es sich handelt, verrät der Saatguthersteller leider nicht. (Foto: Syngenta)

In der Regel betrifft die Diskussion um Patente auf Lebewesen genetisch veränderte Organismen, insbesondere Nutzpflanzen. Nicht zuletzt deswegen sorgte das Patent mit der Nummer EP1515600 für Aufregung. Die Tomatensorte, die der Schweizer Agrarkonzern Syngenta patentieren lassen wollte, stammt nämlich aus konventioneller Züchtung und nicht etwa aus Gentechnik-Labors. Es handelte sich um eine Kreuzung von Wildtomaten aus Peru und Chile, die laut Syngenta besonders viele Flavonole produzieren sollte. Diese Pflanzenstoffe gelten als gesund: Sie gelten als Antioxidanten, krebs- und entzündungshemmend.

Das Bündnis „No Patents on Seeds“, das sich gegen die Patentierung von Saatgut einsetzt, hatte zum Einspruch gegen das Patent aufgerufen. Unter dem Namen sind mehrere europäische Organisationen versammelt, die sich dem Schutz und der Erhaltung der Sortenvielfalt verschrieben haben, so zum Beispiel die deutsche Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die schweizerische ProSpecieRara oder die österreichische Arche Noah. 65.000 Personen aus 59 Ländern und 32 Organisationen leisteten dem Aufruf Folge und erhoben beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch.

Das EPA ist keine EU-Institution, sondern eine eigenständige Organisation, die aus dem Europäischen Patentübereinkommen hervorgeht, dem sich 38 Vertragsstaaten, darunter auch alle EU-Länder, angeschlossen haben. Das Patent, das bereits im Juni 2003 angemeldet worden war, wurde Ende Januar zurückgezogen. Damit werden die Verhandlungen der Einspruchskammer des EPAs, die für den 26. März angesetzt waren, hinfällig.

Ist es zulässig, Patente auf konventionell gezüchtete Tomaten einzureichen? Bisher sind die Regeln unklar. (Foto: Syngenta)

„No Patents on Seeds“ und die beteiligten Organisationen feiern diesen Schritt als „großen Erfolg gegen die Monopolisierung von Leben“. So teilte zum Beispiel Bernd Kajtna, Geschäftsführer von Arche Noah, der Presse mit: „Die Öffentlichkeit nimmt es nicht länger hin, dass sich Konzerne wie Bayer, BASF und Syngenta die Kontrolle über unsere Lebensmittel aneignen.“

Allerdings betonen die Aktivist*innen, dass es sich lediglich um einen Etappensieg handele. Eigentlich hatten die Vertragsstaaten des EPAs 2017 beschlossen, dass Patente auf konventionelle Züchtungen nicht zulässig seien. „No Patents on Seeds“ kritisierte jedoch damals schon, dass zu viele Schlupflöcher bestünden, weshalb regelmäßig Patente angemeldet würden. Am 27. März wollen die Organisationen vor dem EPA-Gebäude in München protestieren, wenn dort der Verwaltungsrat mit Mitgliedern aus 38 Ländern tagt. Sie fordern ein Moratorium auf alle Patente auf Lebewesen aus konventioneller Züchtung einzusetzen, bis ein juristischer Rahmen gefunden wurde, mit dem das Verbot von 2017 durchgesetzt werden kann. Ein entsprechender Aufruf an den Präsidenten des EPAs wurde im Januar veröffentlicht.

Patente auf Lebensmittel betreffen nicht nur Tomaten: Ende Oktober 2018 wurde ein Brokkoli-Patent von Monsanto widerrufen, der Konzern hat gegen diese Entscheidung Widerspruch eingelegt. Ein Patent auf eine Paprikasorte von Syngenta wird Anfang März verhandelt. Grundsätzlich dominieren große Konzerne den Staatgutmarkt aber auch ohne Patente: Bei Tomaten hält Monsanto 20 Prozent, Sygenta 8,8 Prozent des Saatguts. Die fünf größten Konzerne kontrollieren 75 Prozent des Mais-Saatguts, 86 Prozent des Zuckerrübensaatguts und 95 Prozent des Gemüsesaatguts, wie aus einem Bericht der Europäischen Grünen von 2014 hervorgeht. Weder das EPA noch Syngenta äußerten sich zu dem Rückzug des Patents.


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