Schüler*innen aus Diekirch sprechen sich mittels einer öffentlichen Petition gegen Frauenfreindlichkeit und Hypersexualisierung im LCD aus. Anlass ist ein seit Kurzem geltender Dresscode.
Auf den ersten Blick ist es eine harmlos anmutende Initiative: In einem kurzen Text präzisiert das Lycée classique Diekirch (LCD) die interne Kleiderordnung für Schüler*innen. Bei näherem Lesen stellt sich jedoch die Frage nach dem Grund für manche dieser Regelungen.
„Vous êtes prié(e)s d’enlever vos casquettes, bonnets, etc. de même que vos lunettes de soleil, écouteurs, etc. à l’entrée de l’école“, so der erste Satz. Abgesehen von den Kopfhörern steht keines dieser Kleidungsstücke und Gegenstände dem aufmerksamen Folgen des Unterrichts im Weg. In Abwesenheit weiterer Erklärungen zur Ursache der Verbote wirkt die Liste demnach recht willkürlich. Sie lässt einzig den Schluss zu: Für die Schuldirektion scheinen manche Outfits ausnahmslos die Respektlosigkeit oder das Desinteresse der Schüler*innen zu signalisieren. Glaubt sie im Umkehrschluss den Respekt und das Interesse zu fördern, indem Kappen untersagt werden? Darüber lässt sich genauso spekulieren, wie über die Notwendigkeit, die aufgezählten Objekte im gesamten Schulgebäude zu untersagen. Heißt das, dass man beim Mittagessen oder beim Lernen in der Bibliothek keine Musik hören darf?
Vollends problematisch wird es beim zweiten Satz: „Les sous-vêtements, dos, ventre, poitrine et fesses sont couverts“. Auch hier gibt es wieder keine weiteren Erklärungen. Stattdessen werden auf pauschale Weise bestimmte Körperteile stigmatisiert. Solche wie Bauch, Rücken und Brust sind darüber hinaus gegendert, werden Kleidungsstücke, die jene Körperteile enthüllen, doch tendenziell eher von Frauen getragen. Die implizite Botschaft: Es gehört sich nicht, diese Körperteile zu zeigen, weil sie als sexuell wahrgenommen werden. Und: Es wird davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit diese Körperteile zu verhüllen, besonders hervorgehoben werden muss. Bei „Genitalien“ wird immerhin scheinbar kein Bedarf gesehen.
Beim dritten und letzten Satz geht es dann um Beschriftungen oder Bilder auf den Kleidungsstücken: „Les vêtements sont exempts de représentations racistes, sexistes, glorifiant la drogue, le sexe et/ou la violence“. Sind Rassismus und Sexismus die einzigen Diskriminationsformen, die der Leitung des LCD bekannt sind? Dass „Sex“ in dieser Aufzählung steht, spricht Bände: Ihn als etwas Positives zu empfinden, ist offenbar unerwünscht. Statt sexuelle Gesundheit zu fördern, erklärt der LCD sie lieber zum Tabu. Grenzwertig ist auch der Verweis auf Drogen: Ist es im LCD etwa verboten, sich politisch zur Legalisierung von Cannabis zu äußern?
Durch diesen Dresscode wird den Schüler*innen zum einen verwehrt, eigenmächtig über ihre Körper zu verfügen. Zum anderen werden rassistische und sexistische Botschaften auf eine Stufe gestellt mit dem Zeigen bestimmter Körperzonen oder einer positiven Einstellung zu Sex. Es werden also geradezu puritanische Werte gepriesen. Dass sich der Dresscode vor allem an Mädchen und Frauen richtet, macht ihn zudem zutiefst sexistisch. Ziel des Textes ist es offenbar, zu verhindern, dass die Schülerinnen objektiviert und sexualisiert werden – doch gerade durch die Auflistung unangemessener Körperteile wird genau das getan. Der Text reiht sich ein in eine Denkweise nach der die Kleidung von Frauen das Problem ist, nicht die Art und Weise wie auf diese Kleidung reagiert wird – nämlich unter anderem durch sexuelle Belästigung.
In Reaktion auf die Vorschriften wurde kürzlich die Petition „Misogynen Dresscode am Lycée Classique de Diekirch“ ins Leben gerufen. „Déi Iwwersexualisatioun vu Meedercher dréit ënner aanerem dozou bäi daat verschidde Leit mengen et wier OK eng Fra wéinst hirer Tenue respektlos ze behandelen“, heißt es unter anderem im Petitionstext. Bisher haben sich rund 600 Unterzeichnende gegen die Sexualisierung der LCD-Schülerinnen ausgesprochen.