Die Reichen zur Kasse bitten: Das fordert das Bündnis Tax the Rich in einer Bürger*inneninitiative, doch bisher fehlt es unter anderem in Luxemburg an Zuspruch.
In Argentinien oder Neuseeland gibt es sie schon, nun soll auch in der Europäischen Union eine Vermögenssteuer für die Superreichen her: Das Bündnis Tax the Rich, in dem sich Politiker*innen, Ökonomist*innen und Aktivist*innen befinden, reichte letzten Juni eine Bürger*inneninitative bei der EU-Kommission ein, um gegen steigende Ungerechtigkeiten anzukämpfen. Noch bis zum Oktober 2024 hat das Bündnis Zeit, 1 Million Unterschriften zu sammeln, damit sich die Kommission mit dem Vorschlag einer Vermögenssteuer befasst.
Das Bündnis folgt dabei einer simplen Begründung: Die reichsten Bürger*innen leiden am wenigsten unter klimabedingten Katastrophen, sowie anderen Krisen, von der Covid-19 Pandemie bis hin zu zunehmenden Waffenkonflikten, und sollten deswegen stärker besteuert werden. Die genannten Ereignisse vergrößern nämlich die Kluft zwischen Arm und Reich. Dazu legt ein am vergangenen Montag veröffentlichter Bericht von Oxfam markante Zahlen vor: Seit 2020 haben die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen verdoppelt. Im gleichen Zeitraum sind 5 Milliarden Menschen – also 60 Prozent der Weltbevölkerung – ärmer geworden. Hinzu kommen starke geschlechtsspezifische Unterschiede sowie Abweichungen zwischen weißen und rassifizierten Personen, aber auch zwischen Menschen mit und ohne Behinderung.
Ist die Tax-the-Rich Petition erfolgreich, wäre sie ein Schritt in die richtige Richtung. Dass es überhaupt zu einer solchen Vermögenskonzentration kommen kann, deutet jedoch auf ein gesellschaftliches Scheitern hin: Die Regierungen lassen die Armutsbekämpfung und den Umweltschutz seit Jahrzehnten außen vor, um auf Kosten der Ärmsten einen untragbaren Wirtschaftswachstum voranzutreiben.
Trotz einiger Ausnahmen, sorgen Milliardäre dafür, „dass Unternehmen ihnen auf Kosten aller anderen mehr Reichtum bescheren”, so der Oxfam-Direktor Amitabh Behar.
Während es der Mehrheit der Bevölkerung also immer schlechter geht, wird ein kleiner Teil immer reicher – dieser muss aber in Ländern wie Frankreich nur knapp 0,2 Prozent Steuern zahlen. Auch Luxemburg, in dem das Einkommen, das aus Gehältern stammt, fast siebenmal so hoch besteuert wird als das aus Dividenden (siehe woxx 1753), ist attraktiv für Superreiche.
Eben diese Ungerechtigkeit will die EU-Bürger*inneninitiative mit einer Vermögenssteuer, die proportional zur Höhe des Vermögens steigt, bekämpfen. Die dadurch eingenommen Mittel sollen in Fonds, wie den Resilienzfonds, fließen, um einen gerechten ökologischen und sozialen Wandel herbeizuführen. Zudem soll ein Teil der Gelder an Länder gehen, die besonders stark von der Klimakrise betroffen sind. Laut einer von der europäischen Fraktion „Die Grünen/Europäische Freie Allianz“ beauftragten Studie, könnte durch eine Vermögenssteuer für die reichsten 0,5 Prozent der EU-Einwohner*innen jährlich schon über 210 Milliarden Euros eingenommen werden.
Bislang haben europaweit rund 110.000 Menschen die Petition unterschrieben. Aus dem liberal-konservativen regierten Luxemburg befürworten gerade mal 124 Personen die Initiative mit ihrer Unterschrift. Teils mag das an der ausbleibenden Berichterstattung der Medien liegen, teils auch wohl an Luxemburgs allgemeinem Wohlstand. Vielverdiener*innen und Firmen, die mit einem Sitz in Luxemburg hohe Steuerzahlungen umgehen, stehen einer Vermögenssteuer sicherlich skeptisch gegenüber. Und auch bei den größeren Regierungsparteien findet der Aufruf, die Reichsten stärker zu besteueren, wenig Anklang (siehe woxx 1725). Eins bleibt zu hoffen: Statt sozialer Ungleichheiten muss bis Oktober die Empörung über die ungerechte Verteilung von Geldern steigen. Dafür braucht es dringend einen Mentalitätswechsel – weg von kapitalistischen Eigeninteressen hin zum Kampf für das Gemeinschaftswohl und den Erhalt des Planeten.