Wasserqualität in Europa: Ewigkeitschemikalien

Ein Bericht der europäischen Umweltagentur zeigt, dass überall in Europa Gewässer mit Ewigkeitschemikalien belastet sind. Doch die Daten sind ebenso lückenhaft wie die Gesetze zu Grenzwerten.

Die Verschmutzung von Gewässern mit Ewigkeitschemikalien wird immer mehr zum Thema. So veröffentlichte die europäische Umweltagentur (EEA) Anfang dieser Woche ihren ersten Bericht zum Stand der Verschmutzung mit per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Es handelt sich bei PFAS um eine große Stoffgruppe, die lange in der Umwelt verbleibt, weswegen sie oft als Ewigkeitschemikalien bezeichnet werden. Es besteht der Verdacht, dass manche PFAS krebserregend sind oder andere Krankheiten, wie zum Beispiel eine Schädigung des Reproduktionssystems, verursachen.

Die EEA legte in ihrem Bericht einen besonderen Fokus auf Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), die auch zur Stoffgruppe der PFAS gehört und seit 2021 als „prioritärer Stoff“ im Sinne der EU-Wasserrahmenlichtlinie gilt. Damit müssen die Mitgliedsstaaten PFOS im Wasser messen und darüber berichten. Die Zahlen sind erschreckend: 2022 wurde der Schwellwert für PFOS bei 73 Prozent der Messungen von Küstengewässern überschritten. In den letzten fünf Jahren war dies bei 50 bis 60 Prozent der Messungen von Fließgewässern ebenfalls der Fall. Auch Seen sind belastet: So wurde bei 35 Prozent der Messungen eine Überschreitung des PFOS-Grenzwertes festgestellt.

Besonders belastet waren die Gewässer in Belgien und Frankreich: alle Messungen lagen hier über dem Grenzwert. In den Niederlanden waren es 96 Prozent, in Deutschland 83. Weniger stark belastet sind Spanien (18 Prozent), Irland (6 Prozent), Kroatien (5 Prozent) und Estland (2 Prozent). In Bulgarien, Litauen und Montenegro wurden keine Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt. Da für Grundwasser noch keine EU-Grenzwerte festgelegt wurden, liegen hier nur für einige wenige Länder Daten vor, diese sind allerdings etwas erfreulicher: Zwischen 2018 und 2022 hat die Konzentration von PFOS im EU-Grundwasser abgenommen. Allerdings warnt die EEA, daraus voreilige Schlüsse zu ziehen, denn noch gibt es zu wenig Daten, die diesen Trend tatsächlich bestätigen.

Der Bericht der EEA zeigt kleinerlei Daten aus Luxemburg. Diese wurden also nicht übermittelt. Gemessen werden PFAS, insbesondere Trifluoressigsäure (TFA), hierzulande schon, jedoch noch nicht systematisch. Als am 14. Oktober in der Umweltkommission des Parlaments über Ewigkeitschemikalien diskutiert wurde, erklärte ein Beamter des Umweltministeriums, die Messmethode der Wasserverwaltung werde Ende Dezember akkreditiert. Künftig soll die Öffentlichkeit dann auch von offizieller Seite informiert werden, wie hoch die PFAS-Belastung des luxemburgischen Grund-, Oberflächen- und Trinkwassers ist. Umweltminister Serge Wilmes (CSV) erklärte, dass eine interministerielle Arbeitsgruppe mit dem Thema beschäftigt sei, und „eventuell schon im Dezember“ konkrete Maßnahmen präsentiere. Die Umweltorganisation „Mouvement écologique“ hatte im Mai Resultate von Analysen zweier Luxemburger Gewässer präsentiert, die eine Belastung mit Ewigkeitschemikalien nachgewiesen hatten (woxx 1789). Auch in europäischen Mineralwassern, darunter ein Luxemburger Quellwasser, wurde TFA entdeckt, wie der Méco Anfang Dezember verkündete (woxx 1815).

Grenzwerte und Verbote lassen auf sich warten

Auf europäischer Ebene gibt es zwei unterschiedliche legislative Rahmen, die sich mit PFAS beschäftigen: die Trinkwasserdirektive und die Wasserrahmenrichtlinie. 2020 wurde die neuste Fassung der Trinkwasserdirektive angenommen. Diese besagt, dass die Mitgliedsstaaten ab 2026 die PFAS-Konzentration messen müssen. Die festgelegten Werte sind allerdings bereits veraltet. Sie entsprächen nicht den neusten Erkenntnissen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit über die Giftigkeit von vier PFAS, so die EEA in ihrem Bericht. Die EU-Kommission gab 2023 eine wissenschaftliche Analyse über die Risiken, die PFAS für die menschliche Gesundheit darstellen, bei der Weltgesundheitsorganisation in Auftrag. Die Resultate werden eventuell in neue Grenzwerte für Trinkwasser münden.

Bezüglich der Oberflächenwasser schlug die EU-Kommission im Oktober 2022 Qualitätsstandards für insgesamt 24 PFAS, darunter auch PFOS, vor. Diese werden vom Europäischen Parlament und Rat diskutiert, wobei es bisher noch keine Einigung gab. Allerdings hat die EU-Kommission vergangene Woche vorgeschlagen, die Zulassungen für die Pestizide Flufenacet und Flutolanil nicht zu verlängern, mit der Begründung, dass beide als Abbaustoff TFA bilden. Ob dieser Vorschlag angenommen werden wird, entscheiden jedoch letzten Endes die Mitgliedsstaaten.


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