Wütende Gewerkschaft, Sommer und Nachhilfestunden

Das SEW/OGBL empört sich über die vom Bildungsministerium geplanten Nachhilfestunden in den Sommerferien, die Asti bietet freiwillig welche an – der Sommer kann kommen.

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„Die Lehrkräfte haben jetzt ein Recht auf Urlaub. Die Lehrkräfte haben jetzt ein Recht auf Abschalten“, schrieb das Syndikat Erzéiung a Wëssenschaft des OGBL (SEW/OGBL) letzte Woche in einer Pressemitteilung. Der Gewerkschaft reicht es: Sie lehnt die von Bildungsminister Claude Meisch geplanten Nachhilfestunden für Grundschüler*innen vom 31. August bis zum 11. September vehement ab und fordert alternativ ein dauerhaftes Nachhilfeangebot während des laufenden Schuljahrs.

Im März hatte Meisch in puncto Erweiterung der Hausaufgabenhilfe noch keinen Plan. Er vertröstete die Abgeordnete Francine Closener in einer parlamentarischen Antwort zum Thema mit der Förderung der Mehrsprachigkeit bei Ein- bis Vierjährigen statt eine konkrete Strategie vorzulegen. Er gab an, die Erweiterung des Konzepts sei erst nach der Evaluierung des bestehenden Angebots sinnvoll. Ob die Nachhilfe in den Sommerferien ein erster Vorgeschmack ist?

Das SEW/OGBL kritsiert Meisch jedenfalls scharf für sein Vorgehen: „Erst an den letzten Schultagen eines äußerst komplizierten Schuljahres verkündete der Minister die Organisation von Nachhilfestunden, die selbstverständlich wieder von den Lehrkräften geplant und wenn möglich auch durchgeführt werden müssen.“ Wer sich der Aufgabe sonst annehmen soll, sagt das SEW/OGBL nicht. Insgesamt scheint die Wut der Gewerkschaft mehr der Gesamtsituation zu gelten als dem Nachhilfeunterricht an sich. In den vergangenen Monaten äußerte sie des Öfteren Kritik an Meischs Entscheidungen. Die Forderung nach Nachhilfeunterricht in den Sommerferien ist der berüchtigte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Das Bildungsministerium sieht vor, dass pro Schulklasse vier Schüler*innen von den Klassenlehrer*innen ausgewählt werden, die kostenlosen Nachhilfeunterricht in einem ausgewählten Fach erhalten können. Die Erziehungsbeauftragten müssen der Nachhilfe zustimmen. Für den Zyklus 2 gibt es Kurse in Mathe und Deutsch, für die Zyklen 3 und 4.1. zusätzlich in Französisch. Die Nachhilfe wird vom Lehr- und dem Zusatzpersonal, das im Zuge der sanitären Krise rekrutiert wurde, angeboten. Die Einheiten dauern zwei Stunden und finden von montags bis freitags am Vormittag, montags, mittwochs und freitags auch nachmittags statt. Die Gewerkschaft nennt das „Alibi-Nachhilfestunden“. Das Angebot müsse allen Schüler*innen frei stehen und sei mit maximal 12 Lerneinheiten unzureichend, um Erfolge zu erzielen. Die Hilfsangebote müssten gut durchdacht sein.

Während sich die Lehrkräfte in ihrem Schreiben wütend in die Sommerferien verabschieden und auf stur schalten, präsentiert die Asti diese Woche ihr Online-Projekt für benachteiligte Schüler*innen. Die Organisation versteht dieses als lokale Ergänzung des ministeriellen Angebots. Anders als für das SEW/OGBL, ist die Motivation der Asti, Grundschüler*innen in den Sommerferien beim Lernen zu unterstützen, in der Mitteilung zum Projekt groß: „Un large pool de bénévoles motivés à aider ces enfants en retard scolaire complète l’équipe pédagogique.“ Die Organisation will das Angebot nach Möglichkeit auch nach den Sommerferien beibehalten. Das Projekt richtet sich an Grundschüler*innen aus sozial schwachen Haushalten und mit Migrationshintergrund. Die Nachhilfe ist fächerübergreifend und offen für Grundschüler*innen öffentlicher Schulen der Stadt Luxemburg.

Die Initiative ist löblich und die richtige Antwort auf die Lücken im Schulsystem, doch gibt es einen Haken. „Il suffit d’avoir une connexion à internet“, heißt es im Schreiben der Asti. Die Voraussetzung, dass den Schüler*innen die nötige Technik zur Verfügung steht, ist angesichts der Zielgruppe unangebracht. Manche Schulen verteilen technsiches Material an die Schüler*innen, die dieses mit nach Hause nehmen können. Das passiert jedoch nicht systematisch. Im Zuge der Diskussionen über das Homeschooling während der Ausgangsbeschränkungen auf diese Tatsache angesprochen, meinte der Bildungsminister, die großflächige Verteilung des technischen Materials hätte im Budget festgehalten werden müssen – spontan Laptops oder Tablets an alle Schüler*innen zu verteilen sei, sinngemäß, nicht möglich.

Die Anmeldung für das Online-Projekt der Asti ist per Telefon (43 83 33 1) oder per Mail (yolande.antony@asti.lu) möglich.


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