PARMALAT-AFFÄRE: Keine weiße Weste

Ein Finanzskandal folgt dem anderen. Die Taktik von Bänkern und Politikern hierzulande bleibt die gleiche: erst vertuschen, dann herunterspielen und die Kritiker des Komplotts bezichtigen.

Mitte Dezember schwappten die Wellen des Parmalat-Finanzskandals über die Grenzen Italiens hinaus: Milchfirmen waren weltweit von den Finanznöten betroffen, Entlassungen standen an. Seit Anfang Januar hat die Affäre auf den internationalen Finanzsektor übergegriffen. Die Defizite des Konzerns waren vertuscht und Gelder über dunkle Kanäle aus Italien weggeschafft worden. Dabei fiel auch der Name der Firma Satalux, einer in Luxemburg eingetragenen Holding. Am 5. Januar versicherte die luxemburgische Staatsanwaltschaft dem Luxemburger Wort, man habe die Gesellschaft überprüft und keine Gesetzeswidrigkeit feststellen können. Eine weiter gehende Untersuchung sei nicht möglich.

Wenige Tage später war sie doch möglich. Eine Untersuchung wegen Geldwäsche wurde eingeleitet. Mittlerweile liegt auch ein Antrag auf Rechtshilfe von Seiten der italienischen Justiz vor. Der Skandal, mit dem man anfangs nichts zu tun haben wollte, weitet sich auch in Luxemburg aus: ein halbes Dutzend Parmalat-Strohfirmen wurde entdeckt, Hausdurchsuchungen vorgenommen. Hiesige Wirtschaftsprüfer, eine große Anwaltskanzlei und die Kontrollinstanzen des Finanzplatzes sind in ein schlechtes Licht geraten. Le Monde schreibt gar, Parmalat habe das Großherzogtum zum Mittelpunkt seiner Finanzoperationen gemacht.

Handelt es sich wieder einmal, wie die Luxemburger Bankenlobby nicht müde wird zu behaupten, um einen Komplott der neidischen Franzosen, die unseren schönen Finanzplatz mies machen wollen? Ganz klar, denn: Die sieben Tarnfirmen mit so schönen Namen wie „Third Millenium“ und „Gelateria Parmalat SA“ sind nur wegen des sonnigen Wetters nach Luxemburg gekommen. Dass der Luxemburger Verwalter der Satalux am 30. Dezember zurückgetreten ist, liegt daran, dass ihm die Arbeit in der Briefkastenfirma zu anstrengend war. Die Wirtschaftsprüfer KPMG und Deloitte haben ihre Kontrollen sauber durchgeführt, und dass in Italien zwei Prüfer von Deloitte der Fälschung verdächtigt werden, ist Zufall. Und dass die Aussagen einheimischer und italienischer Bänker gegenüber der Presse sehr dürftig ausfallen, liegt mit Sicherheit daran, dass sie nichts Interessantes zu erzählen haben.

Im Ernst, fairerweise muss man den Verteidigern des Finanzplatzes zugestehen, dass im Rahmen der Parmalat-Affäre nicht nur Luxemburg als Drehscheibe für graue Gelder genannt wird. Auch Monaco, Malta, die Caï man- und die Virgin-Inseln sind mit von der Partie, ebenso die Finanzplätze Mailand und New York. Mit anderen Worten: Die gleichen Kanäle, über die alltägliche Finanztransaktionen fließen, sind auch bei den Parmalat-Montagen im Spiel.

Denn das ist der Kern des Problems: Die Übergänge von optimaler Ausnutzung steuerlicher Vergünstigungen über Steuerhinterziehung bis zu Betrügereien wie in diesem Fall sind fließend. Die gleichen Verflechtungen von Holdings und Briefkastenfirmen dienen mehr oder weniger unlauteren Zwecken, die für die meist unterbesetzten staatlichen Prüfstellen ununterscheidbar bleiben. In diesen internationalen Netzwerken, in diesem Getriebe von Finanzwirtschaft und Verbrechen, ist das Großherzogtum mehr als nur ein kleines Rädchen. Bei fast allen internationalen Finanzskandalen der Vergangenheit spielte der Luxemburger Finanzplatz eine mal mehr, mal weniger große Rolle. Das abzustreiten oder herunterzuspielen, wie es Politik und Finanzwelt tun, ist das beste Mittel, nichts daran zu ändern.


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