ABSCHIEBUNGEN: Ohne neutrale Beobachter

Auf die Rolle des Statisten will die Croix-Rouge bei den Abschiebungen nicht beschränkt werden. Dazu jedoch wurde sie von der Regierung in letzter Zeit zunehmend gemacht.

Jacques Hansen, Präsident des Roten Kreuzes

Die Croix-Rouge hat es abgelehnt, 19 Asylsuchende zu begleiten, die diese Woche von der Regierung nach Kosovo ausgeflogen wurden. „Wir werden im Kontext der Abschiebungen keine bloße Alibifunktion übernehmen“, machte der Präsident des Roten Kreuzes, Jacques Hansen auf einer Pressekonferenz deutlich. Erst vierundzwanzig Stunden vor Abflug habe das Außenministerium die Hilfsorganisation über die geplanten Abschiebungen informiert. Dabei hatte das Rote Kreuz in der Vergangenheit wiederholt betont, dass man bereits einige Tage vor einer Abschiebung informiert werden wolle.

Das Rote Kreuz versteht sich als humanitäre Organisation mit doppelter Mission: Zuvörderst gehe es ihr um den Beistand der Menschen. „Wir wollen zu den Betroffenen, ob sie im Centre de rétention des Schrassiger Gefängnisses, im Zentrum AIDA auf Findel oder zuhause sind – und zwar mehrere Tage vor den Abschiebungen. Damit wir den Betroffenen erklären können was mit ihnen passiert, letzte Besorgungen für sie erledigen oder die Familien in der Heimat benachrichtigen können“, meint Hansen. Dies kann aufgrund der kurzfristigen Mitteilungen der Regierung nicht gewährleistet werden. Zudem gehe es der Croix-Rouge darum, die Behandlung der Betroffenen vom Abholen durch die Polizei bis hin zur Landung auf dem Zielflughafen zu beobachten.

Von Beginn an habe man in Luxemburg gegenüber der Regierung betont, dass das Angebot der Hilfestellung im Interesse der Menschen stehe und es nicht darum gehe, Entscheidungen der Regierung zu kommentieren. „Beobachtungen oder Reflektionen zum Verlauf der Abschiebungen werden in einem Bericht immer ausschließlich der Regierung ausgehändigt“, betont Hansen. Dies sei schon immer die Praxis des Roten Kreuzes weltweit gewesen – auch wenn die Methode nicht ganz transparent erscheine. Anstatt dass jedoch die Exekutive aus dieser Hilfestellung Nutzen ziehe, habe sie Mitarbeitern der Croix-Rouge häufig das Gefühl vermittelt, störend zu sein. Begleiter wurden behindert, es wurde ihnen verboten, mit den Betroffenen zu sprechen. Auch wenn es bisher kein schriftliches Abkommen mit der Regierung zum Engagement der Croix-Rouge gebe, sei die Regierung insgesamt – aufgrund einiger Motionen – dazu verpflichtet neutrale Begleiter mitreisen zu lassen.

Schon vor zwei Jahren habe das Rote Kreuz eine Konvention mit der Regierung ausarbeiten wollen. Doch statt dessen hätten die Verantwortlichen im Alleingang ein Réglement grand-ducal beim Conseil d’Etat deponiert, mit dem das Rote Kreuz in weiten Teilen nicht einverstanden sei. „Es ist klar. Wenn die Regierung nur Beobachter will, dann muss Sie die Uno aufsuchen. Wir dagegen sind eine humanitäre Organisation und bieten Beistand“, betont Hansen, der auf einen Gesinnungswandel hofft.

Der jedoch dürfte noch eine Weile auf sich warten lassen, denn selbst der verantwortliche Minister Nicolas Schmit scheint mit dem Prinzip des humanitären Beistandes nicht einverstanden zu sein. So meinte er vor Kurzem auf RTL-Fernsehen: „Beobachter dürfen nicht intervenieren.“


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