STÄDTISCHES STROMWERK: Leo im Glück

Die Abtretung der hauptstädtischen Energiestrukturen an die Firma Enovos wurde heftig von den Gewerkschaften bekämpft. Was aber den einen als Privatisierung mit dem Brecheisen erscheint, ist für andere eine sinnvolle energiepolitische Entscheidung.

„Die Privatisierung ist schlecht für die Verbraucher und für die Angestellten des Stromwerks.“ So in etwa lautete die Botschaft, die Gewerkschafter Anfang des Jahres den BürgerInnen der Stadt Luxemburg nahe zu bringen versuchten. In geduldigem Klinkenputzen informierten sie über ihr Anliegen und sammelten Unterschriften für ein Referendum. Diese beeindruckende Mobilisierung scheint nun aber einer Stimmung der Resignation gewichen zu sein. Zu der gerade vollzogenen Integration von Leo und anderen städtischen Elektrizitätsdiensten in den Konzern Enovos brachten die Gewerkschaften nicht einmal ein Pressecommuniqué zustande, sondern verschickten nur ein schwer verständliches, im Rahmen der Verhandlungen erstelltes Dokument. Diese Entmutigung erklärt sich dadurch, dass die Gewerkschaften bei der groß angekündigten Unterschriftensammlung ein paar Gesetzesdetails übersehen hatten und der Schöffenrat sich angesichts der nicht ausreichenden Zahl von Stimmen weigerte, ein Referendum zu veranstalten.

Ob der Übergang von kommunalen zu kommerziellen Strukturen wirklich so schlecht für die VerbraucherInnen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Bürgermeister Paul Helminger stellte im RTL-Fernsehen eine Senkung der Strompreise in Aussicht. Der Gewerkschaftler Justin Turpel dagegen prognostizierte gegenüber der „Voix du Luxembourg“ für das Jahr 2011 eine mehrfache Anhebung. Eigentlich wäre zu erwarten, dass die Strompreise in der Stadt sich denen im Rest des Landes angleichen – wo mit der Cegedel, die mittlerweile in Enovos aufgegangen ist, schon länger eine kommerzielle Gesellschaft die Elektrizität lieferte. Plausibel ist auch Helmingers Aussage, die städtischen Strukturen seien zu klein, um im Wettbewerb des Strommarkts dauerhaft bestehen zu können.

Dass die Angestellten der Stadt Luxemburg die Veränderung nicht begrüßen, ist verständlich. Allerdings sieht es so aus, als blieben ihre Rechte zum größten Teil gewahrt. Das „Luxemburger Wort“ berichtet über ungeklärte Fragen, die Mitarbeiter des Ablesedienstes betreffend, und über den Wunsch der einstigen Mitarbeiter der Stadt Luxemburg, dass sie „nicht nur ihren Statut behalten, sondern darüber hinaus in den Genuss verschiedener Vorteile der Creos-Belegschaft kommen sollten“. Alles in allem scheinen sich die sozialen „Grausamkeiten“ in Grenzen zu halten, wie auch Turpel bestätigt: Es stünden keine Lohneinbußen für die betroffenen Angestellten des Stromwerks an – allerdings habe Enovos die Absicht, bei Neueinstellungen die Gehälter abzusenken.

Die hauptstädtische LSAP stimmte gegen die „Privatisierung“ der Energienetze. Per Kommuniqué erläuterte sie in verklausulierter Form, sie sei nicht wirklich dagegen, missbillige jedoch die Art und Weise, in der die Entscheidung gegen die Gewerkschaften durchgesetzt wurde. Vor allem geht es der hauptstädtischen LSAP aber darum, die blau-grüne Mehrheit zu kritisieren, ohne den eigenen Minister bloßzustellen. Es war nämlich der Sozialist Jeannot Krecké, der bei der Gründung von Enovos ankündigte, diese wolle sich die kommunalen Energiestrukturen einverleiben.

Das Wörtchen „Privatisierung“ gehört in diesem Zusammenhang zwischen Anführungszeichen gesetzt, denn es ist gerade die Einverleibung von Leo, die aus der Enovos-Netzgesellschaft Creos eine öffentlich kontrollierte Gesellschaft macht: Wie das „Wort“ schreibt, übernimmt die Stadt Luxemburg 20 Prozent der Aktien von Creos und steigert damit den Anteil der öffentlichen Hand auf über 57 Prozent. Damit hat Jeannot Krecké sein Versprechen eingelöst, die Kontrolle über die strategisch wichtigen Energienetze zu übernehmen.

Umweltpolitisch ist die Stärkung von Enovos nicht unbedingt eine gute Nachricht. Am Kapital der Muttergesellschaft sind mehrere für Kohle- und Atomstrom berüchtigte Konzerne beteiligt. Dass die Firma auch Ökostrom-Projekte fördert, kann nicht vergessen machen, dass der in Luxemburg ausgelieferte Strommix alles andere als grün ist. Doch das war – leider ? auch unter kommunaler Kontrolle nicht anders.


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