Das Künstlerkollektiv Maskénada bringt mit „Les tsiganes“ das Theater auf die Straße. Ein bewährtes Konzept, nur das Stück selbst lässt zu wünschen übrig.
Campingstühle stehen im Raum verteilt auf bunten Teppichen mit Blumenmotiven. Unter die Zeltdecke ist ein Netz gespannt, von dem allerhand Utensilien baumeln: eine Püreepresse, Tassen, ein Vogelkäfig, diverse Kleidungsstücke, ein Büstenhalter. Die Bühne des Künstlerkollektivs Maskénada ist mit diesen Zutaten ein farbenfrohes Marktzelt, schnell auf- und abbaubar. Das Theater kommt zum Zuschauer, und nicht umgekehrt. Denn das Zelt soll nach Vorstellung der Veranstalter an den unterschiedlichsten Orten in Luxemburg-Stadt in Fußgängerzonen, auf öffentlichen Plätzen und Parkplätzen zur Vorführung aufgebaut werden. Diese Form bot sich an – so Maskénada – nicht nur, um näher am Publikum zu sein, sondern um es auch unmittelbar mit einer Lebensweise zu konfrontieren, die in Europa trotz Globalisierung auch heute noch kaum auf Toleranz und Offenheit trifft: der Kultur der Sinti und Roma. Zufall sei es gewesen, dass das Thema des Theaterstücks „Les tsiganes“, für das die ganze Szenerie geschaffen wurde, gerade von großer Aktualität ist, so Claude Mangen von Maskénada, der die Regie führte. Vorgeschlagen hatte das Stück des russischen Nationaldichters Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799?1837) die ungarische Schauspielerin Irina Fedotova, die während der Vorstellung nur von dem Violonisten David Bubani mit kurzen Musikeinlagen begleitet wird.
In dem 1825-27 entstandenen romantischen Poem „Les tsiganes“ erzählt Puschkin die tragische Liebesgeschichte von Aleko: Der Held der Dichtung strebt seinem Ideal der individuellen Freiheit nach, indem er sich einer Gruppe fahrender Zigeuner anschließt. Aleko ist der von dunklen Träumen Getriebene, der nirgends einen Halt findet und zum Gefangenen seiner zügellosen Leidenschaften wird, als er sich in eine junge Frau, Angehörige einer Nomadengruppe, verliebt.
Das Stück, das Puschkin zum populärsten Dichter Russlands machte, erzählt davon, was geschieht, wenn Gefühle auf die Wirklichkeit und einen anderen Kulturkreis stoßen und der Wille sich am Schicksal bricht. Dabei verrät Puschkins bessarabische Zigeuner-Romanze über die tatsächliche Lage dieser ethnischen Gruppe in der damaligen russischen Gesellschaft wenig. Puschkin hat, indem er in seinem Stück den Geist der Freiheit dieses fahrenden Volkes beschwor, eher dazu beigetragen, die „Zigeunermode“ zu kreieren. Da Sprache und Kultur der Roma lange nur mündlich tradiert wurden und Darstellungen durch Personen aus ihrem eigenen Kreis fehlten, wurde die allgemeine Vorstellung von diesem Volk fast gänzlich durch das von Literaten und Musikern geschaffene romantisierende Bild vom Zigeunerleben geprägt.
Am 25 April um 10h30 und 13h30 auf dem Vorplatz des MNHA. Am 29. April um 17h und 19h, am 30. April um 13h30, 15h30 und 17h30 und am 1. Mai um 14h30 und 16h30 in der Kapuzinerstr. Am 6. Mai um 12h30 und 17h auf dem Pariser Platz.