FOTOGRAFIE?: Der Mann mit der Kalaschnikow?

von | 13.07.2012

In „Dakotagate“ beleuchten Carine und Elisabeth Krecké einen vergessenen Konflikt und hinterfragen gleichzeitig das Genre des Fotojournalismus.

Im Rahmen ihres Projektes „Memorial Drive“, durchquerten Carine und Elisabeth Krecké im Jahre 2009 die USA. Jedoch nicht per Auto, Zug oder Greyhound Bus, sondern von zu Hause aus, per Google Street View. Nach tausenden virtuellen Kilometern auf immergleichen Straßen durch öde Landschaften stießen sie in Rapid City (Nord Dakota) auf einen Mann, der mit einem riesigen Sturmgewehr bewaffnet die Hauptstraße überquerte. Der Kamerawagen von Google Street View hatte ihn fotografiert und virtuell festgehalten. Um der Sache auf den Grund zu gehen, reisten die Künstlerinnen nach Rapid City. Wer war der Mann mit der Kalaschnikow? Was geschah bevor und nachdem er von Google erfasst wurde? Und was bedeutete es überhaupt, virtuell Zeuge eines realen Geschehnisses geworden zu sein?

Die Antworten auf die ersten beiden Fragen waren schnell geklärt, und – man möchte fast sagen leider – vollkommen unspektakulär. Der Mann war Stammkunde des Waffenladens „First Stop Guns“, direkt um die Ecke der 7th Street, wo er fotografiert wurde. Indem er seine Waffe offen zur Schau stellte, folgte er nur dem Gesetz: in Nord Dakota ist es nämlich erlaubt ein Sturmgewehr an sich zu tragen, unter der Bedingung, es nicht zu verstecken. Doch auch wenn sich die Geschichte hinter dem „Mann mit der Kalaschnikow“ als banal erwies, so wurde er dennoch zum Ausgangspunkt einer fotojournalistischen Erzählung.

Die Ausstellung beleuchtet durch Fotografien, Bilder und Zeitdokumente zwei Parallelwelten: die der Einwohner von Rapid City und die der Indianer des „Pine Ridge“ Reservoirs. Beide Gemeinschaften verbindet ein historischer Konflikt, der bis heute besteht. Davon zeugen zum Beispiel Polizeiberichte, in denen genauestens beschrieben wird wie Weiße einen Indianer quälten. Beim Betrachten des Porträts eines alten Mannes mit Cowboyhut bei Zeitung und Kaffee, das genau neben dem Polizeibericht hängt, fragt sich der Betrachter dann automatisch: Könnte er es gewesen sein? Zwei weitere Tragödien werden gleichermaßen beleuchtet: die Ermordung zweier FBI-Agenten im Jahre 1975, sowie die Belagerung von Wounded Knee zwei Jahre zuvor. Auch hier kann sich der Betrachter durch Obduktionsberichte, Zeugenaussagen und Fotos ein Bild der Geschehnisse machen.

Dabei ging es Carine und Elisabeh Krecké vor allem um die Frage, wie dieses Bild beim Betrachter zustande kommt. Ist so etwas wie eine objektive Berichterstattung überhaupt möglich, oder vermittelt der Fotograf letzten Endes nur seine eigene, bereits vorgefasste Meinung? So etwas wie eine objektive Wahrheit scheint es, zumindest in diesem Konflikt, jedenfalls nicht zu geben, so viel wird in „Dakotagate“ klar. Dennoch zeichnen die Fotografien, sowie die gesammelten Zeitdokumente ein außergewöhnliches, und daher wertvolles Bild eines vergessenen Konfliktes inmitten eines vergessenen Amerikas.

Noch bis zum 9. September in der Galerie Nei Liicht in Düdelingen

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