SAATGUT: Gegen das Einerlei

Seit 1900 sind rund 75 Prozent der pflanzlichen Sortenvielfalt verloren gegangen. Das Erhalternetzwerk SEED plant nun, eine lebendige Saatgutsammlung einzurichten. Zum Auftakt lud die Vereinigung letzte Woche in den „Kräizschouschteschgaart“ ein, der als Vorbild fungieren könnte.

Der „Kräizschouschteschgaart“ in Leudelingen veranschaulicht in der Praxis, die Zielsetzungen von SEED.

Wer kennt sie heute noch? Die meterhohe, dunkelgrüne Gartenmelde mit ihren dreieckigen Blättern und violetten Blattknospen. Die Pflanze, die zur Familie der Fuchsschwanzgewächse gehört, ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde schon vor Jahrtausenden in Vorderasien kultiviert. Heute ist sie – wenn überhaupt – nur noch als verwilderte Art auf dem Acker bekannt, im heimischen Garten, wo sie wie Spinat und Blattsalat, auch als vielseitige Heilpflanze, angebaut wurde, spielt sie keine Rolle mehr. Dekorativ, lecker und heutzutage so gut wie unbekannt sind auch die sogenannten Spargelerbsen: Sie bilden purpurrote Blüten und danach erbsenähnliche, beinahe vierkantige Hülsen mit flügelähnlichen Ausbuchtungen an den Rändern. Vergessen ist ebenfalls die Etagenzwiebel (auf Luxemburgisch: „Uewen-Ënnen“). Sie ergibt ein appetitanregendes Gemüse, das zudem verdauungsfördernde Wirkung hat. Die kleinen Zwiebeln kön­nen roh oder ge­braten verzehrt werden. Die Etagenzwiebel ist zudem ein echtes Unikum. Anders als bei ihren Verwandten (Küchenzwiebel, Knoblauch und Schalotte) besitzt sie oberirdisch wachsende Vermehrungsorgane. Diesem bizarren Wuchsverhalten verdankt sie ihren Namen: Sie bildet nämlich an den Stängelenden ein Nest mit mehreren Brutzwiebeln, das wenn es reif ist, umkippt und sich dann von selbst wieder aussetzt.

Eine stilisierte Etagenzwiebel bildet denn auch das Logo des neu gegründeten Netzwerkes SEED „Som fir d’Erhalung an d’Entwécklung vun der Diversitéit“. Seine Mitglieder hatten letzte Woche zur Auftaktveranstaltung in den „Kräizschouschteschgaart“ in Leudelingen geladen.

„Der Samen ist der gemeinsame Interessenpunkt der verschiedenen Mitglieder aus Biolandbau, Umweltschutz, Gartenbau und allen möglichen Erhaltungsinitiativen, die bei SEED tätig sind“, erklärt Stephanie Klaedtke vom „Institut fir biologesch Landwirtschaft an Agrarkultur“ (IBLA) im schönen Privatgarten der Familie Schwartz. In einem Netzwerk können die verschiedenen Akteure eher ihre Kompetenzen zur Geltung bringen. Denn es besteht wirklich Handlungsbedarf, wie Klaedtke betont: Seit 1900 sind rund 75 Prozent der Sorten verlorengegangen. Ganze 30 Kulturarten machen 95 Prozent unseres Speiseplans aus, obwohl weltweit viele tausend angebaute Nahrungsmittelpflanzen existieren.

Stereotypes Gemüse

Während in früheren Zeiten die Menschen einen Teil ihrer Bohnen und Erbsen und die Samen sonstiger Nutzpflanzen zurückbehielten, um sie erneut aussäen zu können – und auch über den Gartenzaun mit den Nachbarn zu tauschen -, sind diese Samen heute unter stereotypen Bezeichnungen und Eigenschaften fast nur noch im Fachhandel zu finden. Mit chemieabhängigen Einheitssorten wurde die Sortenvielfalt aus den Gärten weitgehend verdrängt – dass Nutzpflanzen den Namen eines Dorfes oder einer ganzen Region trugen („Zolver Prommen“ zum Beispiel) ist Vergangenheit. Das größte Problem ist jedoch, dass es kaum noch anderes Saatgut als die F1-Hybriden gibt, die aus der Kreuzung künstlich erzeugter Inzuchtlinien gewonnen werden. Zwar wird der Gärtner damit eine gute Ernte einfahren, Saatgut für nachfolgende Kulturen kann er jedoch aus der F1-Generation allgemeinen nicht mehr gewinnen.

Damit ist die Entwicklung von sogenannten „hofeigenen“ Sorten aus modernen Hybriden, deren Elternlinien in den Labors großer Saatgutkonzerne unter Verschluss gehalten werden, kaum mehr möglich. Ebenso bilden genetisch veränderte Pflanzen, wie etwa die sogenannten „Terminator“-Pflanzen, keine fortpflanzungsfähigen Samen. Die Folge davon ist, dass die natürliche Generationenfolge aufgelöst wird und die Weiterentwicklung der Saat in Reaktion auf die fortschreitenden Veränderungen der Anbaubedingungen (Klima, Boden, Krankheiten, Schädlinge) zum Stillstand kommt. Die Fähigkeit der Menschen, ihr eigenes Saatgut zu vermehren, stirbt aus. Zugleich arbeiten Firmen wie Monsanto unter dem Deckmantel des Urheberschutzes zielbewusst daran, die Produzenten in die totale Abhängigkeit von ihrem manipulierten Saatgut zu bringen.

„Wer den Samen kontrolliert, beherrscht die Welt. Die großen Konzerne auf dieser Welt versuchen gerade, sich unsere Lebensmitttel unter den Nagel zu reißen. Wichtig ist, dass wir uns das Recht auf eigenen Samenanbau erhalten“, unterstreicht Steve Schwartz, gelernter Gemüsegärtner der Gemeinde Luxemburg und Mitglied des Netzwerks. Er hat in seinem Garten, dem „Kräizschouschteschgaart“ mit seinen alten, historischen und seltenen Gemüsesorten, ein lebendiges Gegenbeispiel zum Verfahren der großen Multis geschaffen. „Ausreichende Sortenvielfalt der Nutzpflanzen stellt einen Grundpfeiler dauerhafter landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Systeme dar“, stellt der Hausherr klar. Hier will das SEED-Netzwerk ansetzen, das die Schaffung einer lebendigen Saatgutsammlung regionaler und angepasster Sorten anstrebt, die hilft, die Vielfalt der Kulturpflanzen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Nutzpflanzenarten, die sich auf natürliche Weise über Saatgut oder Pflanzenteile vermehren lassen, sollen von den verschiedenen Mitgliedern angebaut und getauscht werden. Geplant ist, Patenschaften für bestimmte Sorten einzurichten, d.h. Arrangements, bei denen jemand eine Sorte kauft und sich verpflichtet, diese in seinem Garten über einen bestimmten Zeitraum hinweg anzupflanzen. Daneben versteht sich die Organisation als Informationsplattform. „Es soll informiert werden, damit die Vielfalt genutzt wird. Nur wenn sie genutzt wird, kann sie sich auch weiterentwickeln“, so
Klaedtke. Darüber hinaus soll mit Weiterbildungskursen die private Gartenkultur gefördert werden. In Planung ist zudem ein Saatgut-Tauschmarkt für regionale und angepasste Sorten, auf dem neugierig gewordene GärtnerInnen ein Startkapital von Sorten erwerben können, um selbst für Erhalt und Entwicklung der Nutzpflanzenvielfalt in Luxemburg aktiv zu werden.

Selbst- und Fremdbestäuber

Einen Eindruck davon, wie diese Nutzpflanzenvielfalt in der Praxis aussieht, konnten sich die Besucher vor Ort im „Kräizschouschteschgaart“ mit seinen violetten Möhren, blauen Kartoffeln, gelben Tomaten, weißen Zucchini und vielen anderen Raritäten verschaffen. Geboten wurden bei der SEED-Auftaktveranstaltung nicht nur eine Führung durch den prachtvollen Garten, sondern auch Workshops zu Themen wie „Selektion von Samenträgern“ oder „Reinigen und Lagern von Saatgut“.

Mehr als 250 Arten Gemüse und anderer Nutzpflanzen baut Schwartz jedes Jahr in seinem Gartenprojekt an. Das Saatgut der verschiedenen Arten wird von ihm eingesammelt, getrocknet und gereinigt, bevor es in einer klimatisierten Samenbank eingelagert und darauf in einer Datenbank registriert wird. Dann werden die Sorten der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Im Laufe der Jahre hat Schwartz so Hunderte von Sorten zusammengetragen. Seine Sammlung stellt eine der größten in Luxemburg dar.

„Wer weiß heute noch, wie man Samen von Kohl, Möhren, Bohnen oder Paprika selber gewinnt?“, fragt der fleißige Hausherr die anwesenden Besucher. „Der Garten ist ein lebendiger Kreislauf, der mit dem Samenkorn anfängt und mit dem Samenkorn aufhört“, so Schwartz. Bei den Besuchern der organisierten Führungen stehe die Frage, wie das eigene Gemüse anzubauen sei, immer im Vordergrund.

In einem Gewächshaus auf der Anlage stehen an Gespenster erinnernde Fließschläuche. Darunter befinden sich einzelne Paprika-, Zucchini- und Auberginenpflanzen. „Diese Arten sind eigentlich Selbstbestäuber. Es kann jedoch durch Insektenbestäubung zu ungewollten Verkreuzungen kommen“, erklärt der Experte. Deshalb werden die Pflanzen einzeln eingehüllt und alle paar Tage geschüttelt – oder getrillt wie es im Fachjargon heißt -, so dass der Pollen auf die Blüten fällt und die Sortenreinheit gesichert ist. „Dadurch bleibt der violette Paprika auch wirklich violett.“ Einen ähnlichen Zweck erfüllen auch die rund sechs Meter langen und zwei Meter hohen Isoliertunnels auf dem Anwesen. Im Gegensatz zu Gemüsearten wie Paprika oder Chili sind Möhren Fremdbefruchter, werden also von Insekten bestäubt. „Wenn ich eine Möhrenart vermehren und dabei vermeiden will, dass sie verkreuzt wird, benötige ich einen Tunnel, der mit Fließbahnen abgedichtet ist. Sobald die angebauten Möhren erste Blüten bekommen, besorge ich mir in einem Anglerladen Maden. Die verpuppen sich, nach zwei Wochen schlüpfen die Mücken und werden zum Bestäuben in die abgedichteten Tunnel verbracht“, erläutert der Gartenexperte.

Aber nicht nur Sortenreinheit ist wichtig bei der Samenzucht. Ebenso entscheidend ist die Auslese der besten Pflanzen. Im Garten von Schwartz finden sich neben den his-torisch gewachsenen Sorten auch exotische Arten, wie etwa die Horngurke, eine einjährige Kletterpflanze mit einer orange-gelben Frucht, die ursprünglich aus Afrika stammt. Aber Quinoa – auch Inka-Reis genannt -, der aus Südamerika stammt, wo er seit 6000 Jahren ein Hauptnahrungsmittel darstellt, kommt vor. Schwartz liebt das Austesten, also die Erprobung, welche Pflanzenarten mit den hiesigen Klimabedingungen zurechtkommen. Auch verschiedene Wuchsbedingungen – im Gewächsgarten oder im Freiland – werden ausprobiert. Der viele Regen in diesem Jahr hat aber auch seinen Pflanzen zu schaffen gemacht. Seine Pastinaken zum Beispiel, die als Samenträger ausgesät wurden, sind bereits zusammengeknickt.

Garten als Vorbeugung gegen die Krise

Auch Jean Kieffer, Präsident der „Liga Gaart an Heem“, die rund 28.000 Klein- und Freizeitgärtner vereinigt, zeigt sich vom „Kräizschouschteschgaart“ und den Ideen von SEED überzeugt. „Früher gab es keine Supermärkte mit Obst und Gemüse, es musste alles selbst gezüchtet werden. Wir sollten uns in diesen Krisenzeiten bemühen, uns diese Möglichkeiten nicht zu verbauen und uns wieder auf eigene Füße zu stellen“, so Kieffer. Bisher habe die Liga wohl Pflanzenmärke organisiert, aber nicht unter dem Aspekt der Entwicklung eigener Samensorten. Vor 25 Jahren habe sie ihr Saatgut in großen Quantitäten von einem lokalen Großhändler bezogen und dann in 50-100 Gramm-Tüten an ihre Mitglieder weiterverkauft. Die Vereinsleitung mische sich kaum in die Anbaumethoden ein. Während in den deutschen Schrebergärten vorgeschrieben sei, ein Drittel des Gartens für Gemüse zu reservieren, gebe es in Luxemburg keine derartigen Regelungen. „Bei vielen Luxemburgern ist der Garten hauptsächlich Freizeitgarten“, stellt der Präsident fest. Zugezogene allerdings hätten häufig noch immer ihren Gemüsegarten und brächten oft eigene, alte Kulturen mit. „Wichtig ist, dass es überhaupt noch Grünflächen bei den Häusern gibt. Denn diese erfüllen eine wichtige Brückenfunktion bei der Wanderung unterschiedlichster Insekten und dienen somit auch dem Erhalt der Biodiversität“, erläutert Kieffer.

Pierre Sultana, Vertreter der österreichischen Erhalterorganisation „Arche Noah“, der zur SEED-Einweihung eingeladen worden war, begrüßt ebenfalls die neue Initiative. „Wir schätzen, dass es aktuell rund 50 Erhalterorganisationen in Europa gibt“, so Sultana. Unter dem Motto „Let’s liberate diversity!“ fand kürzlich das von den europäischen Saatgutinitiativen organisierte jährliche Saatgutseminar statt. Kritisiert wurde dort vor allem die Gesetzgebung zur Kommerzialisierung der Saat, die Anfang 2013 von der EU-Kommission überarbeitet werden soll. Die Erhalterorganisationen bemängeln den sogenannten Sortenschutz und das Patentrecht, die beide den Saatgutfirmen erlauben, unentgeltlich die Vielfalt der bäuerlichen Sorten für die Züchtung zu nutzen und für die so gewonnenen Sorten zugleich Lizenzgebühren zu kassieren. „Wir müssen weiter mobilisieren, damit wir eine Gesetzgebung bekommen, die der Biodiversität gerecht wird“, mahnt Sultana. Ein jüngst ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verheißt aber wenig Gutes für die anstehende EU-Saatgutrechtsreform: Letztlich wurde durch das Urteil keine Änderung der Saatgutgesetzgebung und der Bedingungen für das Verbreiten von Saat- und Pflanzgut bewirkt. Die „bestmögliche Produktion“ scheint dem EuGH nach wie vor nur durch homogene Sorten gewährleistet, womit er im wesentlichen die Argumentation der großen Agrarkonzerne übernimmt. Doch gerade die genetische Gleichförmigkeit hat zur Verdrängung der traditionellen Sorten mit großer genetischer Breite beigetragen. Damit sich hier etwas ändert, sind Initiativen wie SEED und der „Kräizschouschteschgaart“ wichtig, die den lokalen Gartenbau mit all seiner Vielfalt fördern wollen.

Weitere Infos siehe:
www.seed-net.lu
www.kraizschouschteschgaart.info/
www.curia.europa.eu/juris/documents.jsf?num=C-59/11

Weitere Links zum Thema:
www.kokopelli-semences.fr
www.archenoah.at?
www.prospecierara.ch?
www.nutzpflanzenvielfalt.de?
www.reinsaat.co.at?
www.dreschflegel-saatgut.de?
www.bolster.nl?
www.arcoiris.it

 

Gemüse in der Ackerbauschule

Frank Adams ist Gemüsegärtner von Beruf und arbeitet als Lehrer am „Lycée technique Agricole“ (LTA).  Auch er ist bei SEED engagiert.


Woxx : Warum engagieren Sie sich im SEED-Netzwerk?

Frank Adams:
Ich möchte meine Leidenschaft, Saatgut zu kultivieren, weitergeben. Zum Gärtnerhandwerk gehört, dass man weiß, wie eine Pflanze vom Samen bis zum nächsten Samen kultiviert wird. Heute geht dieses Wissen zunehmend verloren, jeder vertraut auf die Qualität in den Samentüten. Die traditionellen Sorten sind im Verschwinden begriffen, weil in der professionellen Landwirtschaft immer mehr Hybridsorten oder genetisch manipulierte Sorten angebaut werden, von denen man jedoch kein Saatgut mehr ziehen kann.
Wie weit ist das auch ein Thema bei ihren Schülern?

Ich sehe meine Aufgabe darin, Informationen weiterzugeben. Wie diese aufgenommen werden, darauf habe ich keinen Einfluss. Meinen Schülern erkläre ich schon den Unterschied zwischen Hybridsorten, die vielleicht eher marktwirtschaftlich interessant sind – für profession-
nelle Gemüseanbauer – und traditionellen Sorten, bei denen man jedes Jahr neues Saatgut ziehen kann und die deshalb erhalten werden sollten.


Wie sieht es denn beim Anbau in den Gewächshäusern der Schule aus, ist dort die viel gepriesene Pflanzenvielfalt anzutreffen, oder stehen dort nur Blockbuster?

Vielfalt zu erhalten, ist für eine Einzelperson oder einen einzelnen Betrieb schwer. Denn so ein Betrieb müsste sehr groß sein, mit vielen Isolationstechniken arbeiten, damit sich die Sorten nicht verkreuzen. Die Idee hinter der Diversität ist auch, dass sich verschiedene Akteure um verschiedene Kulturpflanzen kümmern. Ein Betrieb baut Bohnen und Kohl, ein anderer spezialisiert sich auf Tomaten und Porree, und ein Dritter baut Salate an – so kommt am Ende eine ziemlich große Diversität von Arten heraus. Es geht im Grunde immer um die Arbeit in der Gemeinschaft.
Werden solche Denkansätze in der Ackerbauschule als Zukunftsmodelle vorangetrieben?

Wir sind in den letzten Jahrzehnten immer weiter von der Idee der Diversität abgekommen. Wenn wir jetzt diese Arbeit machen, dann fangen wir damit in einer Situation an, in der diese Arbeit schon seit langem nicht mehr geleistet worden ist. In der Ackerbauschule gibt es eine kleine Keimzelle, den Beginn einer Initiative, genau wie beim SEED-Netzwerk. Auch haben wir für diese Dinge nur eine begrenzte Anbaufläche und wenig Zeit. Für mich jedoch ist der Anfang entscheidend. In der Ackerbauschule vermehre ich gerade sechs Sorten. Dieses Jahr sollen es acht werden, das ist schon eine Steigerung.


Viele Schüler der Ackerbauschule wollen Milchbauen werden. Gibt es Initiativen, dieser Einseitigkeit vorzubeugen?

Die Direktion fördert Bestrebungen, in neue Richtungen zu gehen. Nur muß man auch bedenken, dass, wenn wir an der Ackerbauschule zahlreiche Gemüsegärtner ausbilden – wir haben zwei bis sechs Schüler pro Jahrgang – diese Schulabgänger auch eine Arbeit finden müssen. Die Aussichten dafür sind aber nicht gut. In Luxemburg werden rund 95 Prozent des Gemüses importiert.


Sich als Gemüsegärtner selbständig zu machen, ist das schwierig?

Ein Landwirt macht sich selbständig und übernimmt den elterlichen Betrieb, was bedeutet, daß Einrichtungen und Maschinen und auch das technische Know-how der vorangegangenen Generation vorhanden sind. Im Gemüseanbau hat man diese familiären Strukturen kaum. Der Landwirt denkt in großen Flächen, und der Gemüsebauer faßt im Grunde jede einzelne Pflanze an – das ist von der Mentalität her etwas ganz anderes. Viele Bauern haben in Luxemburg mit Gemüse angefangen, jedoch wieder aufgehört, da der Arbeitsaufwand zu hoch war. Jede einzelne Porreestange muss geerntet, geputzt und in die Kiste gelegt werden. Es braucht große Anlagen, in denen das Gemüse geerntet und gewaschen wird – dafür ist in Luxemburg kaum jemand aus-
gerüstet. Zudem gibt es für den jungen Berufseinsteiger nicht unbedingt eine beratende Struktur, die ihn bei einem solchen Schritt begleitet. Zwar gibt es Subventionshilfen für Betriebe, die sich selbständig machen wollen, trotzdem ist das Risiko oder die Hemmschwelle, diesen Schritt zu wagen, recht hoch.


Wäre es nicht sinnvoll, dass der Staat Landflächen zum Anbau von Gemüse zur Verfügung stellt – denn der Bedarf an Gemüse und Obst ist ja da?

Ich denke, ein heimischer Gemüseanbau wäre auch im Interesse der Gesellschaft, da es ja darum geht, hochwertige Nahrung direkt vor Ort anzubauen. Zudem könnten arbeitslose Jugendliche in Beschäftigung gebracht werden. Wenn hier Strukturen vom Staat angeboten würden, würde ich das durchaus unterstützen.


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