Als Oppositionspolitiker Straßenbauprojekte zu bekämpfen, ist eine Sache, als Minister die „Notwendigkeit“ neuer Straßen zu rechtfertigen, eine andere. Ein grünes Dilemma.
Die gute Nachricht: Die Naturzerstörung durch den Bau der Umgehungsstraße von Bascharage wird – laut Umweltstaatssekretär Camille Gira – mittelfristig durch die umfassenden Kompensationsmaßnahmen mehr als aufgewogen. Die schlechte: Die Regierung hat sich für die zerstörerischste Trasse, die Variante 2, entschieden – „ein Schlag ins Gesicht der nachhaltigen Entwicklung“, so „Déi Lénk Suessem“.
Bei der Vorstellung der Trasse entlang der Eisenbahn (am 29. Juli) führte Gira als Grund für die Wahl an, diese begrenze die Zerschneidung von Lebensräumen auf ein Minimum. Und: Die für Kompensationsmaßnahmen vorgesehenen Grundstücke befänden sich zu großen Teilen in öffentlicher Hand – ein „Riesenvorteil“, wie Transportminister François Bausch hervorhob. Ob allerdings die Kompensationsmaßnahmen wirklich so großartig sind, wird sich erst in Jahrzehnten zeigen, wenn aus den Anpflanzungen ein halbwegs ordentlicher Wald geworden ist. Peinlich, dass Gira erst drei Tage zuvor bei der Vorstellung des Naturschutzgesetzes versichert hatte, man versuche stets, die Zerstörung möglichst gering zu halten, bevor man auf Kompensationsmaßnahmen zurückgreift.
Es sei die Luft- und Lärmbelastung durch den Durchgangsverkehr in Bascharage, welche eine neue Straße notwendig macht, so die beiden grünen Politiker. Zwar soll ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel gefördert werden, doch die vorgesehenen Maßnahmen gehen nicht so weit, wie die vom Mouvement écologique geforderte „Null plus“-Lösung. Der Antwort auf die Frage, ob diese Argumentation nicht eine nachträgliche Rechtfertigung für Projekte abgibt, die von den Grünen bekämpft wurden – zum Beispiel die Nordstraße –, wich Bausch aus: Hier gehe es ja nur um eine zweispurige Straße – die werde man doch wohl noch bauen dürfen. Die Erkenntnis, dass mehr Straßen neuen Verkehr anziehen und zu noch mehr Straßen führen – in diesem Fall die Umgehung von Dippach -, scheint für grüne Regierungsmitglieder nicht mehr zu gelten. Widersprüchlich ist außerdem, dass der Entscheidung ein geschätzter Anstieg des Verkehrsaufkommens bis 2030 zugrunde gelegt wird, der kaum mit den CO2-Reduktionszielen vereinbar ist.
Ausreißen und pflanzen
Wie Bausch zu Recht betonte, ist der Druck, diese Umgehungsstraße zu bauen, eine Folge verfehlter Landesplanung – „Déi Lénk“ sprechen gar von der „wilden Bauten- und Industriepolitik“ einer „gewissen Lobby in Bascharage und bei den Ponts & Chaussées“. Künftig werde man durch Dezentralisierung und konsequentere Entwicklung solche Situationen vermeiden können, so der Transportminister, dessen Ressorts auch Landesplanung und Nachhaltigkeit umfassen. Das Problem Verkehrsbelastung an der Wurzel zu packen, ist sicher die richtige Herangehensweise – sie reicht aber nicht aus, den Imageschaden in Sachen Naturschutz zu kompensieren.