Der letzte linke Kleingärtner, Teil 48: Wasser und die WM

Mit dem Thema Wasser ist unser Kleingärtner nach der vorausgegangenen Kolumne noch nicht fertig. Dieses Mal erklärt er unter anderem, was Talsperren und Kernkraftwerke gemeinsam haben. Und dann ist da noch Katar.

Kaum überdacht, aber durchaus mit Charme: Das Stadion im polnischen Bytom ist für Traditionalisten eine Reise wert. Und der letzte linke Kleingärtner könnte in den Grünflächen der Gegengeraden während dem Fußballgucken sogar Bohnen anbauen. (Foto: pxhere)

Während diese Kolumne entsteht, beginnt in Katar die Fußball-WM und draußen ist es mal wieder richtig fies nasskalt. Es regnet und die Temperatur ist nicht viel über null Grad. In Katar hingegen gibt es nicht viel Wasser, zumindest wenig salzfreies Trinkwasser. Was da ist, wird benötigt, um den Rasen in den Fußballstadien zu wässern, die aus dem Wüstenboden gezaubert wurden.

Wobei der Zauber recht irdischen Ursprungs war und im Wesentlichen aus den Zutaten Fifa, Schweiz, Kapitalismus, Ausbeutung und toten Arbeitern bestand. Man muss ja wahrlich kein muffeliger Traditionalist sein. Keiner, der von Fußball nur dann schwärmt, wenn er in strömendem Regen in nicht überdachten Stadien mit nicht funktionierenden Toiletten stattfindet und man sich deshalb von einer Erkältung zur nächsten durch den Winter hangeln muss. Der moderne Fußball hat durchaus Annehmlichkeiten vorzuweisen. Aber Fußballstadien dorthin zu bauen, wo sich niemand sonderlich für Fußball interessiert, ist ungefähr so geistreich wie demnächst auf der höchsten Sahara-Düne die Eröffnungsabfahrt im Ski-Weltcup zu organisieren. Den Schnee müsste man aus Wasser machen, was aber gar nicht in der nötigen Fülle vorhanden ist.

Während die Welt, zumindest die sich selbst frei glaubende Welt, den iranischen Frauen für ihren unfassbar mutigen Kampf um reale Freiheiten applaudiert, hat die gleiche freie Welt gar kein so großes Problem damit, eine Fußball-WM dort auszurichten, wo eine Regierung sitzt, die weltweit Islamismus protegiert, fördert und finanziert. Zum Beispiel die Hamas und die Muslimbrüder. Bei der Hamas trifft das Geld aus Katar dann wieder auf Waffen und Logistik aus dem Iran. Statt seitens der Hamas das Geld und die Logistik für die Verwandlung von Meerwasser zwar nicht in Wein (wäre aber auch schön!), aber immerhin in Trinkwasser zu verwenden, kauft man von dem Geld aus Katar und Teheran lieber Waffen und ballert damit auf Jüdinnen und Juden. So ist das also in der modernen Welt mit den neuzeitlichen Begegnungsreisen und der Vielfalt. Frauen und die Juden scheinen für viele das hasserfüllte Ziel zu sein.

Die Geschichte des Umgangs mit Wasser ist auch die Geschichte der gescheiterten Experten mit ihren hochtrabenden Plänen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war in Deutschland der Bau von Talsperren der letzte technologische Schrei. Ganze Heerscharen von Architekten und Ingenieuren zogen durch die Lande und propagierten deren Bau.

Die Talsperren sollten gleich fünf existenzielle Probleme auf einen Schlag lösen. Durch das Aufstauen des Wassers gebe es kein Hochwasser mehr, es sei Wasser vorhanden für die privaten Haushalte ebenso wie für die Industrie und die Landwirtschaft. Dank Turbinen lasse sich mit dem Wasser zugleich Strom im Überfluss produzieren. Sozusagen ein perfektes Wassermanagement, bei dem es nur Gewinner gibt. Das Paradies ist keine Utopie mehr. Nun ja, die paar Fische, deren Weg durch den Staudammbau erstmal blockiert wird, kann die Menschheit wegstecken.

… ungefähr so geistreich wie demnächst auf der höchsten Sahara-Düne 
die Eröffnungsabfahrt im 
Ski-Weltcup zu organisieren.

Soweit der Lobpreis. Dumm nur, dass damals sehr einfältige Freunde der technischen Machbarkeit die Meinungsführerschaft hatten. Die können zwar heute wie damals schicke Evaluationslisten erstellen und mit ständig steigenden Erfolgskurven prahlen. Die Zusammenhänge verstehen sie aber meistens nicht. Und die sehen in unserem Falle so aus: Ist der Teich, also die Talsperre, voll, laufen zwar die Turbinen gut, aber die Talsperre nützt nichts, um gegen Hochwasser zu schützen. Lässt man sie dagegen leerlaufen, schützt sie in der Tat gegen Hochwasser, aber die Stromproduktion liegt darnieder und es steht kein Wasser zur Verfügung. Landwirtschaft, Industrie und Haushalte sitzen im Trockenen. Entnimmt man Wasser für die Industrie, leitet die es verdreckt wieder in den Fluss zurück und es ist wertlos für die Landwirtschaft und den Haushalt. Die allzeit passende Vokabel dafür ist „Teufelskreislauf“. Da gehe ich nicht ran, den Teufel hat sogar Jesus, von dem ich mir viel abgeschaut habe, nicht besiegt. Das lassen≈wir.

Die blumigen Versprechen, dank der Talsperren paradiesische Zustände mit glücklich strahlenden Menschen zu kreieren, wiederholte sich 70 Jahre später beim Bau von Atomkraftwerken. Das Scheitern der Utopie auch.

Praxistipps spezial: Wie hilft mir Wasser, die Katar-WM 
erfolgreich zu boykottieren?

1. Lese eine Gartenkolumne und trinke Wasser, also Bier oder Wein. Das ist ein Segen für die Menschheit.
2. Putze deine Wohnung und verwende sanftes Bio-Putzmittel. Das ist gut für die Ökologie und gut für den Fußball.
3. Trinke Mineralwasser und gehe spazieren. Das ist gut für deinen Körper und den Fußball.


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