Digitales Bookfest: Feministische und politische Höhepunkte

Was haben Margaret Atwood, Francis Kirps, Edward Snowden und internationale Aktivist*innen gemeinsam? Sie alle kommen am Wochenende zu Literaturbegeisterten nach Hause und feiern mit ihnen das digitale „Bookfest“.

Copyrigth: Frankfurter Buchmesse

Es ist für gewöhnlich schwer, der Literatur-Prominenz bei der Frankfurter Buchmesse ungestört zu lauschen oder mehrere Veranstaltungen unter einen Hut zu bringen. Das Messegelände ist überfüllt und vor den Lesebühnen formen sich schnell Menschentrauben. Dieses Jahr fällt dieser Stress wegen Corona flach. Die Veranstalter*innen haben das „Bookfest“ zum Großteil ins Internet verlegt. Am Samstag, dem 17. Oktober 2020, werden Lesungen, Diskussionsrunden und Performances per Livestream auf YouTube und auf buchmesse.de übertragen. Was anfangs nach einer Katastrophe klang, entuppt sich als Chance. Wer kann sich sonst schon ein Gespräch mit Margaret Atwood, internationalen Aktivist*innen oder Whistleblower Edward Snowden in den eigenen vier Wänden leisten?

Es dauert eine Weile, bis man sich durch das vielseitige Programm geklickt hat. Die Mühe lohnt sich jedoch, denn es stehen viele interessante Persönlichkeiten auf der Gästeliste. Zwei davon sind die New York Times-Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey, die Harvey Weinsteins sexualisierte Gewalttaten an Schauspielerinnen aufdeckten und damit die #MeToo Bewegung auslösten. Weltweit meldeten sich damals Opfer sexualisierter Gewalt öffentlich zu Wort und brachen mit dem Tabu, über den Machtmissbrauch von Männern zu diskutieren. Kantors und Twoheys Reportage wurde 2018 mit dem Pulitzer Prize for Public Service ausgezeichnet. Unter dem Titel „#MeToo. Von der ersten Enthüllung zur globalen Bewegung.“ sprechen die Journalistinnen um 11 Uhr über ihre monatelangen investigativen Recherchearbeiten.

Zur Mittagspause um 12 Uhr gibt es einen Vortrag zur Klimakrise. Susanne Götze und Annika Joeres, Autorinnen des Buches Die Klimaschmutzlobby – Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen“, setzen sich mit Sebastian Puschner von der Wochenzeitung „der Freitag“ zusammen. Gesprächsthema sind die Strategien und Netzwerke der Klimaschutz-Gegner*innen.

Später am Tag sind Alicia Garza, Diana Arce und Mahret Kupka auf dem digitalen Podium zu Besuch. Sie erzählen von einer anderen Form der Unterdrückung einer marginalisierten Menschengruppe – nämlich die von Schwarzen und Black, Indigenous and People of Color. Garza gilt als Mitbegründerin der „Black Lives Matter“-Bewegung, die lange vor dem Mord an Georges Floyd durch einen Polizisten massiv gegen Rassismus mobilisierte. Arce geht mit diversen Projekten gegen Rassismus und die Privilegien weißer Menschen vor. Kupka hingegen ist Kuratorin am Frankfurter Museum Angewandte Kunst und konzentriert sich auf Mode, Körper und Performatives. Sie koordinierte unter anderem die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashion“, über die die woxx letztes Jahr in einem Online-Beitrag berichtete. Die Kuratorin spricht, lehrt und schreibt regelmäßig über Diversität und kulturelle Fragestellungen. Die Gesprächsrunde beginnt um 17:50 Uhr.

Nach den besagten Veranstaltungen betreten zwei Ikonen die digitale Bühne: Edward Snowden und Margaret Atwood. Snowden machte sich als Whistleblower einen Namen. Der Datenspezialist und Geheimnisträger für NSA und CIA legte die Überwachungsstrategien der US-Regierung offen und bezahlte das mit seinem eigenen Privatleben. Am Samstag, um 19 Uhr, liest Snowden aus seiner Biographie „Permanent Record“ vor.

Nur eine Stunde später, um 20 Uhr, präsentiert das diesjährige Gastland Kanada eine seiner bekanntesten Autor*innen, Margaret Atwood, in einem exklusiven Gespräch mit dem Essayisten Charles Foran. Atwood ist besonders bekannt für ihren Roman The Handmaid’s Tale, der von der Entmachtung von Frauen spricht. Das Werk wurde 2017 als Fernsehserie verfilmt. Atwood erhielt darüber hinaus etliche Literaturpreise und gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart.

Luxemburg taucht erst um 22 Uhr auf dem digitalen Kulturfest auf – und zwar mit Francis Kirps. Der Autor nimmt an der Veranstaltung Eine Reise durch europäische Geschichtenteil. Dort treffen die dreizehn Preisträger des EU-Literaturpreis (EUPL) aufeinander, der belletristische Schriftsteller*innen in Europa auszeichnet. Mit dabei sind Stimmen aus Belgien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Zypern, Dänemark, Estland, Deutschland, dem Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen und Spanien.

Sieben luxemburgische Verlagshäuser – Capybarabooks, Editions Guy Binsfeld, Hydre Editions, Kremart Edition, Kiwi E.L.G., PersPektiv Editions und Schortgen Editions – waren übrigens als digitale Aussteller bei der Buchmesse dabei.

Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Mehr Informationen zum Programm der Frankfurter Buchmesse 2020 gibt es hier.


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