DNA-Tests (2/2): Nutzen und Grenzen

DNA-Tests sind Datenschleudern, wie wir in einem ersten Beitrag („Günstig und gefährlich“) erläutert haben. Interessant für Endnutzer*innen sind sie trotzdem – falls man sie sinnvoll einsetzt.

Screenshot der Seite www. MyHeritage.de

Hat Elizabeth Warren Native-American-Vorfahren? Der Stammbaum der demokratischen Bewerberin für die Präsidentschaftswahlen hat die US-Politik beschäftigt. Sie hat schließlich einen DNA-Test veröffentlicht – was ihr aber nicht unbedingt genutzt hat. Solche Tests werden mittlerweile weltweit für unter 100 Euro im Internet angeboten – ein Geschäft mit der Gutgläubigkeit der Kund*innen, könnte man vermuten. Die ct, ein Magazin für digitale Themen, ist Mitte Februar der Sache auf den Grund gegangen. Das Magazin weist zwar auf eine Reihe von Risiken hin, die Tests an sich werden aber, so scheint es, korrekt durchgeführt und ausgewertet.

Da die ct bei ihrem Versuch die gleiche Speichelprobe unter zwei verschiedenen Namen eingeschickt hatte, bekamen beide die Existenz eines eineiigen Zwillings zurückgemeldet – ein Zeichen, dass die Identifikation der Gendaten funktioniert. Der heise-online-Beitrag „DNA-Test im Selbstversuch“ (eine Zusammenfassung des längeren Beitrags in der Papier-Ausgabe), weist auf eine weitere Nutzungsmöglichkeit hin: „[Man] erhält so einen extrem preisgünstigen Vaterschaftstest – theoretisch sogar ohne Wissen der Beteiligten.“

Genealogie für Faule

Die Tests, ursprünglich vor allem bei Hobby-Ahnen-Forscher*innen beliebt, erlauben eine Art „Genealogie für Faule“, theoretisch kann man seinen Stammbaum erstellen, ohne sich durch alte Taufregistern zu kämpfen. Auch sollte man auf das Auftauchen überraschender Verwandtschaftsbeziehungen vorbereitet sein. Beides gilt allerdings vor allem in den USA, wo die meisten der bereits erfassten Individuen leben. Ob man eventuelle Erkenntnisse über Erbkrankheiten und genetisch bedingte Gesundheitsrisiken als Gewinn ansieht, sollte man sich ebenfalls vorher überlegen.

Die Aussagen über die „genetische Herkunft“, die für viele Nutzer*innen den Reiz der Tests ausmacht, sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren. Hier gibt es keine fest definierte, „wissenschaftliche“ Auswertungsmethode und die ct bekam für die gleiche Probe mehrere verschiedene Ergebnisse. Das Magazin erläutert: „Das Problem ist, dass die Anbieter für Ethnizitätsschätzungen ganz unterschiedliche Regionen abgrenzen. MyHeritage zwischen 40 und 50, Ancestry nach eigener Aussage sogar hunderte.“ Mit statistischen Methoden und unter Einbeziehung ihres Datenpools, wird dann jede neue Probe zugeordnet – „die Ergebnisse überschneiden sich anscheinend, sind aber offenbar nicht gleich“, stellt die ct aufgrund ihres Versuchs fest.

Elizabeth Warren: Pocahontas gegen Donald

Elizabeth Warrens Geschichte ist noch komplizierter. Die vom äußeren Erscheinungsbild her „weiße“ US-Politikerin hatte sich selbst als „Native American“ kategorisiert, ihre Wurzeln bei den Cherokee und Delaware-Nationen herausgestellt und dies als wichtiges Element ihrer Familiengeschichte bezeichnet. Dafür wurde sie von Präsident Donald Trump als „Pocahontas“ verspottet und provokant aufgefordert, einen DNA-Test vorzulegen.

Teil des ct-Dossiers: ein Hintergrundartikel zu den bei DNA-Tests angewendeten Techniken.

Wohl um die Angriffe zu beenden unterzog sie sich einer Untersuchung, die auf eine oder einen „Native American“ in ihrer 6. bis 10. Ahnengeneration hinwies. Warren nahm das als Bestätigung für ihre Identität als Ureinwohnerin – eine vielleicht etwas großzügige Interpretation des Ergebnisses, für die sie sich mittlerweile entschuldigt hat. Trump dagegen behauptete, damit habe sie „weniger indianische Vorfahren als durchschnittliche US-Bürger“ – eine Aussage, die laut einer Untersuchung von Factcheck.org wenig Sinn ergibt.

Das Ergebnis des Tests erschien auch Mitgliedern der Cherokee-Nation wenig sinnvoll. Aus der Zusammensetzung ihrer DNA könne sie keinen Anspruch auf eine Identität als Cherokee ableiten, so die Kritik. Die Ureinwohner*innen-Organisationen sehen sich als politisch und sozial definierte Gemeinschaften und betrachten die genetisch-biologische Mainstream-Diskussion als Bedrohung ihrer Identität und ihrer Rechte. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die „Ethnizitätsschätzungen“ auf Basis von DNA-Tests mit Vorsicht zu genießen sind.

 

Mehr über die Probleme von DNA-Tests unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes in unserem ersten woxx-online-Beitrag „Günstig und gefährlich“.

Link zum ct-Dossier (nur der erste Artikel ist frei zugänglich).

 


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