Finanzindustrie: Milliarden gegen das Klima

256 Milliarden Euro haben europäische Banken seit Ende 2015 an Unternehmen vergeben, die Ökosysteme zerstören. Das besagt zumindest eine Studie, die von Umwelt-NGOs in Auftrag gegeben wurde.

(Foto: Jami Dwyer)

Am vergangenen Dienstag veröffentlichten die Umweltorganisationen Greenpeace, Milieudefensie und Harvest einen Bericht über klima- und umweltschädliche Kredite europäischer Banken. Die Daten wurden von der Forschungsorganisation Profundo zusammengestellt und von den NGOs analysiert. Die Analyse konzentrierte sich dabei auf die Finanzierung von Unternehmen, deren Aktivitäten ein hohes Risiko bergen, Ökosysteme zu zerstören. Es handelt sich um Firmen, die Soja, Rinder, Palmöl, Kautschuk und Holz produzieren, verarbeiten oder handeln. Ihre Aktivitäten führen oft zu Rodungen, Entwaldung und Zerstörung von Ökosystemen, dies insbesondere im globalen Süden.

22 Prozent der Kredite, die diese Firmen erhalten, stammten zwischen 2016 und Anfang 2023 von Banken aus der Europäischen Union, wie etwa BNP Paribas, Santander, Deutsche Bank oder ING Group. An erster Stelle liegen die USA, mit 22,7 Prozent. Die Mehrheit der europäischen Kredite kam von Banken mit Sitz in Frankreich, den Niederlanden, Deutschland und Spanien. Doch auch Luxemburg spielte eine Rolle: Laut der Analyse von Profundo zeichneten Finanzinstitute mit Hauptsitz in Luxemburg im Untersuchungszeitraum für schätzungsweise 276 Millionen Euro Kredite und 753 Millionen Euro Investitionen in große Unternehmen verantwortlich, deren Tätigkeiten ein Risiko für die Ökosysteme darstellen.

Luxemburg ist beteiligt

Greenpeace Luxemburg betont jedoch, dass es sich nicht um „eine umfassende Analyse des gesamten luxemburgischen Finanzsektors“ handele. „Vier der fünf Finanzinstitute, die die höchsten Kreditbeträge an Unternehmen in Ökosystem-Risikosektoren vergeben haben, sind auch in Luxemburg vertreten. Solange es Lücken in der Gesetzgebung gibt, sind diese Finanzakteure nicht davor gefeit, in die Finanzierung von Entwaldung verwickelt zu werden”, so Martina Holbach, Campaignerin bei Greenpeace Luxemburg. An der Bank BNP Paribas, die fünf der sechs untersuchten Unternehmensgruppen finanziert hat und die größte Kreditgeberin für diese Firmen in der EU ist, hält der luxemburgische Staat übrigens eine kleine Beteiligung.

Bereits 2017 ergab eine Studie des WWF, dass der Konsum innerhalb der EU für 16 Prozent der Entwaldung in tropischen Gebieten verantwortlich ist, was vor allem auf Exporte von Soja (für Tierfutter), Palmöl und Rindfleisch zurückzuführen ist. Die NGO AidEnvironment konnte Verbindungen zwischen der Entwaldung in Brasilien und den Lieferketten von vier der sechs Unternehmensgruppen, die in der aktuellen Studie untersucht wurden, feststellen. Abgeholzt wurden über 270.000 Hektar – eine Fläche, die größer als Luxemburg ist. Doch sollte die im Mai verabschiedete EU-Verordnung gegen die Abholzung von Wäldern solche Praktiken nicht stoppen?

Anti-Entwaldungsgesetz auch für Banken?

Grundsätzlich sollen Unternehmen dadurch verpflichtet werden, nur solche Produkte in der EU zu verkaufen, die ohne Entwaldung produziert wurden. Allerdings beziehen sich die aktuellen EU-Regeln lediglich auf physische Produkte, nicht auf Finanzdienstleistungen. Aktuell können die Banken also ohne Problem jene Firmen finanzieren, die den Regenwald abholzen oder mit gigantischen Monokulturen die Umwelt gefährden. Allerdings will die Europäische Kommission bis 2025 die Rolle der Finanzindustrie bei der Entwaldung prüfen und eventuell auch einen entsprechenden Gesetzesvorschlag einbringen. Ob und mit welcher Härte dieses Vorhaben umgesetzt wird, hängt auch vom Ausgang der EU-Wahlen ab.

Im Bericht der NGOs finden sich auch Forderungen an die EU. So soll die Union „spezifische Verpflichtungen für Finanzinstitute einführen, um sicherzustellen, dass ihre Finanzströme weder direkt noch indirekt zur Umwandlung und Verschlechterung von Ökosystemen und damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen beitragen“. Diese Verpflichtungen sollen laut Wunsch der NGOs auch für Versicherungen gelten. Die Umweltorganisationen wünschen sich, dass alle Unternehmensgruppen, bei denen ein Risiko besteht, dass sie zur Zerstörung von Ökosystemen beitragen, von Finanzierungen durch europäische Banken ausgeschlossen werden.


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