Hate Speech: Noch Mitte oder schon rechts?

von | 14.03.2024

Mit seiner Kritik an Simone Beissel wollte das CET Aufklärungsarbeit leisten. Was es jedoch erreicht, ist das genaue Gegenteil.

Quelle: CET

Von allen Reaktionen, die in den vergangenen Wochen auf die antiziganistischen Äußerungen von Simone Beissel (DP) erfolgten, stach die vom Centre pour l’égalité de traitement (CET) wohl am meisten hervor. Wie das CET der woxx auf Nachfrage hin bestätigt, ist es das erste Mal seit seiner Gründung im Jahr 2006, dass das Zentrum sich zu den Aussagen einer Einzelperson äußert.

Man habe die Öffentlichkeit darüber aufklären wollen, dass Aussagen wie jene von Simone Beissel auf Apart TV „diskriminierend und deshalb strafbar“ seien. Beissel habe mit ihren Aussagen „die Gemeinsschaft der Roma (also eine ethnische Herkunft) pauschal kriminalisiert“, was für das Zentrum unter Hate Speech falle. „Dëst ass zwar streng geholl keng „direkt Diskriminatioun“ mee eisem Gesetz vum 28. Novemver 2006 no (Art. 1 Abschnitt 3) ensprëcht ët dem Schaafe vun enger feindlecher Ëmgéigend, also engem Harcèlement!“, geht die Erklärung des CET weiter.

Wieso aber diese Anprangerung gerade jetzt? Anlässe für solche Presseschreiben gab es in den vergangenen 17 Jahren immerhin mehr als genug. Für das Gleichstellungszentrum liegt in diesem Fall eine Besonderheit vor: Die diskriminierenden Aussagen stammten nämlich von einer „politisch gewählten Persönlichkeit, die sich in der Mitte des Spektrums sieht“. Der aktuelle Fall sei zudem deshalb so bedenklich, weil die problematische Aussagen über einen Fernsehsender verbreitet wurden. Abschließend fügt das CET noch hinzu: „Bei aaneren Aussoën an dem Genre (sprëch ADR) hu mir nët reagéiert, well ët jo quasi zu hirem Styl / Programm gehéiert mat esou Polemiken ze provozéieren.“

Mit ihrem Schreiben wollte das CET Sensibilisierungsarbeit leisten, doch tut es das genaue Gegenteil: Es trägt zum einen zur Verharmlosung der Positionen rechtsextremer Politiker*innen bei – das sei halt deren Stil –, zum anderen verharmlost es diskriminierende Positionen von Politiker*innen aus der sogenannten politischen Mitte. Die Erklärungen des CET bedeuten nämlich im Umkehrschluss: Gehörte Simone Beissel der ADR an, hätte es ihre Aussagen unkommentiert gelassen. Daran wird deutlich, dass nicht die Aussage an sich zum Anlass der Kritik genommen wird, sondern die Selbstbezeichnung ihrer Autorin. Damit handelt das CET der Neutralität, zu der es gesetzlich verpflichtet ist, eindeutig zuwider.

Das CET handelt der Neutralität, zu der es gesetzlich verpflichtet ist, eindeutig zuwider.

Doch auch über den gesetzlich definierten Rahmen, in dem das des Zentrum agieren darf, hinaus, wirft das Presseschreiben Fragen auf. Wie definiert man die politische Mitte? Gehören Politiker*innen dieser auch dann noch an, wenn sie rechte Ansichten vertreten? Und wer definiert, ob bestimmte Aussagen zum „Stil“ einer Person gehören oder nicht? Die Antwort des CET auf diese drei Fragen: Man habe keine weiteren Ergänzungen. Auch die Frage, wieso man, der beschriebenen Logik des CET folgend, nicht auch den xenophoben Facebook-Kommentar des Hesperinger Bürgermeisters Marc Lies (CSV) mittels öffentlichem Schreiben kritisiert habe, lässt das Zentrum unbeantwortet.

Das Statement des CET ist paradox: Simone Beissel wird gleichzeitig kritisiert und in Schutz genommen. Das Zentrum hätte zur Feststellung kommen können, dass sie aufgrund ihrer Haltung gerade nicht der politischen Mitte zugeordnet werden kann. Die Kritik müsste in dem Moment in erster Linie der DP gelten: Wieso werden innerhalb der Partei rechte Positionen geduldet? Trägt man dadurch nicht zur Erosion der politischen Mitte und dem schleichenden Rechtsruck innerhalb des Landes bei? Die mangelnde innerparteiliche Kritik scheint jedenfalls darauf hinzudeuten, dass Beissels Positionen bei DP-Mitgliedern auf fruchtbaren Boden fallen. Nur kam das CET offenbar zu einer anderen Schlussfolgerung.

Eine Kritik an der Nicht-Reaktion innerhalb der DP übersteigt den Zuständigkeitsbereich des CET. Genau das tut aber auch sein Presseschreiben vom 23. Februar. Es ist zu hoffen, dass das Zentrum sich fortan wieder auf seine gesetzlich vorgegebene Neutralität besinnt.

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